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Ganzjährig Rummel. Am Pier 39, Teil von Fisherman’s Wharf im Norden San Franciscos, taumelt der Besucher von einem (Ess-)Vergnügen ins nächste.
© imago/Manngold

USA: Schöner spielen am Dock

San Franciscos Fisherman’s Wharf wird aufgehübscht und verkehrsberuhigt. Künftig soll das Hafenviertel auch mehr Einheimische anziehen.

Zuerst die schlechte Nachricht: Es gibt kaum einen Ort in San Francisco, an dem mehr Reisende und weniger Einheimische anzutreffen sind als in Fisherman’s Wharf. Das alte Hafenviertel an der San Francisco Bay, wo eine Cable-Car-Linie endet und die alten Piers an die goldenen Zeiten des Seehandels erinnern, ist der Touristenmagnet der Stadt.

Eine Zählung will kürzlich herausgefunden haben, dass mehr Menschen die Pieranlagen als den Times Square in New York besuchen. Ein Bummel entlang den alten Landungsbrücken ist deshalb immer eine sinnliche Überforderung: bunte Windjacken, unterschiedliche Sprachen, überall Hotdoggerüche und Straßenmusik.

Jetzt kommt die gute Nachricht: Es wird besser. Die Stadt hat sich bereits vor zwei Jahren dazu entschlossen, das Viertel zwischen den vertäuten Museumsschiffen am Aquatic Park und dem Aquarium am Pier 39 fußgängerfreundlicher zu gestalten. Zwei Blocks sind bereits fertiggestellt.

Ein breiterer Fußgängerweg führt nun an der Uferpromenade entlang, die Straßen wurden für Autos verengt, und das Parken an den Straßen hat die Stadt nun verboten. So erfolgreich war die erste Planungsphase, dass San Francisco nun das Konzept auf mehr Bereiche am Fisherman’s Wharf ausdehnen möchte.

Trümmer des Erdbebens wurden am Kai recycelt

Die ehemaligen Hafenanlagen sind ein wichtiges Zeugnis der Geschichte der Westküstenmetropole. Seit dem 19. Jahrhundert zogen von hier aus chinesische und italienische Fischer auf die Bucht hinaus, um mit den Fängen ihr Einkommen zu sichern. Hier landeten auch viele Immigranten aus dem asiatischen oder lateinamerikanischen Raum.

Nach dem großen Erdbeben von 1906 wurden die Trümmer der Stadt dazu verwendet, Land an den Kaimauern aufzuschütten.

Als der maritime Handel nachließ, wurde das Viertel als touristisches Zentrum erschlossen. Viele Hotels sind in die Straßen hinter der Promenade gezogen, dazu Souvenirläden und Frühstückscafés. Wer nach Pfannkuchenbergen mit Ahornsirup und Blaubeeren sucht, ist hier genau richtig. Die gesundheitsbewussten Einwohner der Stadt, die viel Wert auf glutenfreie, vegane oder ökologisch korrekte Gerichte legen, schreckt dieser Portionsirrsinn allerdings eher ab.

Bei Madame Tussauds steht Mark Zuckerberg neben Harvey Milk

Die Stadt versucht jedoch mit neuen Attraktionen auch Einheimische zum Besuch des Viertels zu gewinnen.

Gegenüber dem Pier 41 hat vor Kurzem der San Francisco Dungeon eröffnet – ein Gruselkabinett, das Horror mit örtlicher Geschichte inszeniert. Schauspieler spielen die Kriminalgeschichten aus den Zeiten des Goldrausches von 1848 nach, es gibt ein Schauermärchenstück aus der großen Ära der Gangster um die Jahrhundertwende, eine düstere Bootsfahrt auf einem künstlichen Kanal unter der Erde und ein nachgebautes Minenlabyrinth.

Wem partout nicht der Sinn nach Grusel steht, der darf nebenan bei Madame Tussauds Wachsfiguren mit Bezügen zu lokalen Größen erleben. Hier stehen etwa Apple-Gründer Steve Jobs, der 1978 ermordete schwule Bürgerrechtler Harvey Milk und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

Links "Hotel California", rechts Breakdance

Seelöwen sind die Attraktion am Pier.
Seelöwen sind die Attraktion am Pier.
© imago/McPhoto/Baumann

Gegenüber dem Wachsfigurenkabinett duftet es nach frischem Brot. Die Traditionsbäckerei Boudin bereitet an Ort und Stelle ihre Sauerteigbrötchen zu. In der ganzen Stadt sind die mit Krabben gefüllten Backwaren ein Begriff. In der Schaubäckerei dürfen Touristen zusehen, wie die Angestellten hinter Fensterglas den Teig kneten, ausrollen und über Headsets ihre Vorgesetzten zum Fortschritt des Knuspergrads auf dem Laufenden halten.

An der Promenade zum Pier 39 geraten Besucher in die Konkurrenz der Straßenmusikanten. Links singt der einsame Mann mit der Gitarre Hits wie „Hotel California“ und „Sitting on the Dock of the Bay“, rechts dröhnt das Getöse von der Breakdance-Gruppe herüber. Zwischendrin hoffen Verkäufer von Gourmethotdogs und Eiscreme auf ein gutes Geschäft.

Morgen um acht Uhr sind Momente der Kontemplation möglich

Das Pier 39 ist der Dreh- und Angelpunkt des Hafenquartiers. Es wurde aufwendig als Shoppingmall renoviert, auf zwei Etagen wird hinter historischen Holzfassaden Mode, Schmuck und – natürlich – Essbares verkauft. Am interessantesten ist sicherlich das Aquarium. Besucher lernen in Schaubecken die heimische Wasserwelt kennen, fluoreszierende Quallen schwimmen wie eine LSD-Fantasie in den Becken, und ein Seeotterpärchen dreht aufgedreht seine Runden vor einer künstlichen Küstenlandschaft.

Und es gibt sie doch: Momente der Kontemplation an diesem wuseligen Ort. Morgens um acht, wenn die Sonne schon am Himmel steht, ziehen kaum Touristen über die Promenade, keine Würstchenbude buhlt um Kundschaft, und die Stadttourbusse fahren nur vereinzelt um den alten Hafen.

Dann erleben Besucher den Zauber der Bucht, bei gutem Wetter erkennen sie die rote Golden Gate Bridge links am Horizont, sehen, wie sich ein Wolkenband über die Brücke schiebt und langsam ins nördliche Marin County abzieht. Gleich gegenüber den Schiffsablegern liegt die einstige Gefangeneninsel Alcatraz, ruhig, majestätisch, uneinnehmbar.

Die Natur ist die eigentliche Attraktion von Fisherman’s Wharf

Parallel zum Pier 39 führen Holzplanken zu Forbes Island mit dem kleinen Leuchtturm und der wohnzimmergroßen Terrasse. Abends können Besucher auf dem Inselchen essen, morgens können sie das Möwenpaar mit ihren Küken beobachten.

Die Natur ist die eigentliche Attraktion von Fisherman’s Wharf. An welchem Ort der Stadt haben Menschen die Möglichkeit, Kormorane und Meerespelikane so nahe zu beobachten – und natürlich die Seelöwenkolonie am Ende des Pier 39?

Kurz vor dem jüngsten großen Erdbeben 1989 siedelten sich die Robben hier an. Wenn sie morgens ihre rhythmischen Erkennungslaute heulen, sich ermattet von der Jagd auf den Planken sonnen, dann klicken hunderte Smartphones und Kameras mit. Sie sind die unangefochtenen Lieblinge von San Francisco. Seelöwen auf New Yorks Times Square – das wäre die größte Bedrohung für den Touristentreffpunkt Fisherman’s Wharf.

Tipps für San Francisco

Die Insel Alcatraz ist gut zwei Kilometer vom Festland entfernt. Das Gefängnis wurde 1963 geschlossen.
Die Insel Alcatraz ist gut zwei Kilometer vom Festland entfernt. Das Gefängnis wurde 1963 geschlossen.
© dpa/JOHN G. MABANGLO

ANREISE

Trotz eines relativ milden Klimas beginnt die Reisezeit nach San Francisco erst Mitte März. Ein Beispielflug mit British Airways über London kostet 780 Euro, mit der Lufthansa über München 840 Euro (beide Economy Class). Vor dem Flug muss jeder Tourist aus Deutschland das Reisegenehmigungssystem Esta durchlaufen.

UNTERKUNFT

Der gestiegene Dollarkurs macht auch die Zimmerpreise in San Francisco (bei den Mieten inzwischen die teuerste Stadt der USA für Euro-Zahler teuer. An Fisherman’s Wharf gibt es Dutzende Hotels. Gerade renoviert wurde das Zephyr (250 Beach Street) mit Balkonen hinaus zur Promenade und einem großen Innenhof mit Spielflächen für Familien. Das Doppelzimmer schlägt mit 280 Euro zu Buche – ohne Frühstück.

Nur einen Stern hat das Haus der Travelodge-Kette (1201 Columbus Avenue). Dafür verlangt das Hotel für ein Doppelzimmer auch „nur“ 139 Euro pro Nacht.

AUSKUNFT

Das Fremdenverkehrsamt hat Informationen zu den Sehenswürdigkeiten zusammengestellt.

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