Alten-WG: Zweite Chance für das Lesbenwohnprojekt in Mitte
Die Lesbeninitative RuT und die Wohungsbaugesellschaft Berlin-Mitte wollen bis 2022 ein inklusives Wohnprojekt mit rund 70 Wohnungen für ältere Lesben realisieren. Jetzt wurde der Plan vorgestellt.
Das bundesweit erste Wohnprojekt für ältere lesbische Frauen könnte doch noch Realität werden. Auf einem Grundstück westlich des Bezirksamtes Mitte soll in Kooperation zwischen der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) und der Lesbeninitiative Rad und Tat FrauenKultur & Wohnen (RuT) ein inklusives Wohnprojekt mit rund 70 Wohnungen entstehen. „Nach allem was passiert ist, ist das auf jeden Fall ein Erfolg“, befindet RuT-Geschäftsführerin Jutta Brambach bei der Projektvorstellung in Neukölln.
Für einen Lacher im voll gepackten Veranstaltungsraum sorgt gleich zu Beginn ein Zahlendreher in ihrer Präsentation: Dort prangt das Datum „7. Mai 2919“. „Bitte nicht“, fleht Brambach schmunzelnd. 900 Jahre möchte niemand der anwesenden Frauen auf die Realisierung des Projektes warten, auf das die Lesbeninitiative schon seit rund zehn Jahren hinarbeitet: 2022 soll der Bau fertig gestellt werden. Die zweite Chance für RuT wurde auf eine Initiative der Stadt hin möglich. Sie stellte der WBM die Auflage, mit RuT zusammen das Grundstück in der Berolinastraße 9-11 zu bebauen. Wo sich derzeit noch ein Parkplatz und eine Grünfläche befindet, soll künftig ein achtgeschossiges Wohngebäude mit einem Kiezcafe und Veranstaltungsräumen stehen. „Das ist zwar unser Plan B, aber ohne ihn müssten wir unser Projekt ganz aufgeben“, erklärt Brambach.
Es ist nur Plan B, doch er hat auch Vorteile
Ende letzten Jahres wurde RuT bei einer Grundstücksvergabe auf der Schöneberger Linse im letzten Moment ausgerechnet von der Schwulenberatung ausgebootet. Ein Paukenschlag, der über die schwul-lesbische Community hinaus hohe Wellen schlug. Die Erleichterung über den Plan B in der Berolinastraße ist den Anwesenden anzumerken. Auch wenn sie mit einigen Wermutstropfen einhergeht.
Besonders, dass RuT schlussendlich nicht die Eigentümerin des Gebäudes wäre, wurmt viele. Grundstück und Haus würden der WBM gehören, während RuT im Rahmen eines Generalmietvertrages als Vermieterin über seine Nutzung entscheiden würde. „Das ist schade“, so Brambach. Doch die Kooperation mit der WBM hätte auch Vorteile, findet sie. So müsste RuT nicht das gesamte Kapital für Grundstückskauf und –bau aufbringen. Auch, dass bis zu 50 Prozent der Wohnungen Frauen mit Wohnberechtigungsschein zur Verfügung stehen könnten, findet die Zustimmung des Plenums. Bezahlbarer Wohnraum für von Altersarmut bedrohte lesbische Frauen ist ein zentrales Anliegen des Projektes. Ende gut, alles RuT?
Ein Wintergarten für alle Bewohnerinnen soll entstehen
„In trockenen Tüchern ist das Ganze noch nicht“, erklärt Brambach. Dass das Gebäude kein Standardmiethaus, sondern ein Gemeinschaftswohnprojekt sein soll, verkompliziert das Bauvorhaben. So plant RuT im Dachgeschoss eine große Loggia, die alle Frauen als gemeinsamen Wintergarten ganzjährig nutzen können. Und auch die baulichen Anforderungen der Pflege-WG, in der acht Lesben betreut werden sollen, übersteigt das Budget der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Für diese Kosten muss RuT aufkommen. Brambach hofft dafür auf einen Kredit seitens der Lottostiftung. Über die Vergabe entscheiden die Parteivertreter im Stiftungsrat wohl noch im Juni. Das Bangen geht also weiter.
RuT-FrauenKultur&Wohnen informiert mit einem Stand beim Nachbarschaftsfest zum Tag der Städtebauförderung entlang der Schillingstraße in Berlin-Mitte am 11. Mai von 12 bis 18 Uhr über das Wohnprojekt.
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