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In der Rolle. Über seine Homosexualität sprach Hudson (hier 1954 in Hollywood) auch nicht, nachdem seine Aids-Erkrankung bekannt wurde.
© Sammlung Björn Klimek

Ausstellung im Schwulen Museum in Berlin: Wie Rock Hudson Aids ein Gesicht gab

Hollywood-Star Rock Hudson war 1985 der erste prominente Aids-Kranke. Wie das die öffentliche Wahrnehmung der Epidemie änderte, zeigt eine Ausstellung im Schwulen Museum.

Er war der Inbegriff des Frauenhelden, ein Herzensbrecher des klassischen Hollywood-Kinos: Rock Hudson, in den fünfziger und sechziger Jahren berühmt geworden durch romantische Komödien wie „Bettgeflüster“ und „Schick mir keine Blumen“. Lange wurde von seinem Management sein Image als Frauenschwarm gepflegt, selbst als seine Filmrollen seltener wurden. Umso größer war die Aufregung, als Hudson im Juli 1985 öffentlich machte, dass er an Aids erkrankt ist.  

Es folgten hysterische Debatten und Reaktionen. Hudson war zu dem Zeitpunkt bereits schwer krank und hatte sich zu einer – vergeblichen – Behandlung in ein Pariser Krankenhaus begeben. Nachdem seine Erkrankung öffentlich wurde, forderten ihn die Ärzte auf, doch endlich zu gehen. Man hatte Angst, andere Patienten würden die Klinik meiden, solange er dort ist; einige waren bereits regelrecht von Station geflüchtet. Alle Fluggesellschaften weigerten sich jedoch, einen Aids-Kranken mitzunehmen. Schließlich rettete ihn Elizabeth Taylor: Sie chartert einen Jumbo Jet, um ihn nach Los Angeles fliegen zu lassen.

Rock Hudson im September 1984, ein Jahr vor seinem Tod.
Rock Hudson im September 1984, ein Jahr vor seinem Tod.
© AFP

Die Episode lässt sich derzeit im Schwulen Museum nachvollziehen, das Rock Hudson und seiner Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung der HIV-Epidemie in den Achtzigern eine kleine, aber sehr aufschlussreiche Ausstellung gewidmet hat. Sie ist noch bis März zu sehen. Der Schauspieler war der erste Prominente mit Aids, von dem die Öffentlichkeit erfuhr.  "Rock Hudson hat der Aids-Krise ein Gesicht gegeben, mit ihm kam die Krankheit in den US-Wohnzimmern an", sagt Kevin Clarke, Vorstandsmitglied des Schwulen Museums.

Aids grenzte eine Minderheit noch mehr aus

Bis dahin war Aids eben keine Epidemie, die alle etwas anging, sondern eine Krankheit, die eine Minderheit noch mehr ausgrenzte. Der „Spiegel“ sprach in einer inzwischen berüchtigten Titelgeschichte von der „Schwulenpest“. In Europa wie in den USA wurde Stimmung gegen homosexuelle Männer gemacht, die besonders von der Infektion bedroht waren. Oder, noch schlimmer, die Krankheit wurde von der Politik ignoriert, was Erforschung und Aufklärung massiv behinderte. Der damalige US-Präsident Ronald Reagan brauchte bis zum September 1985, um überhaupt erstmals das Wort „Aids“ öffentlich auszusprechen.

Wie (wenig) weit es mit der Aufklärung her war, zeigt die Reaktion von Hudsons Kollegin Linda Evans. Sie spielte mit ihm zusammen im "Denver-Clan", es war 1984/85 sein letzter Auftritt als Schauspieler. Weil sie ihn in mehreren Folgen küsste und Wasser aus demselben Glas getrunken hatte, ließ sie in kurzer Folge drei (!) HIV-Tests machen. „Kein Arzt kann ihr garantieren, dass sie sich nicht doch angesteckt hat“, schreibt eine Illustrierte gleichsam panisch wie sensationslüstern. Aus heutiger Sicht eine absurde Einschätzung. Und auch damals hätte man es zumindest etwas besser wissen können: Erste Kenntnisse zu den Übertragungswegen lagen schon 1984 vor.

Hudson sprach bis zu seinem Tod nicht von seiner Homosexualität

Dass mit Rock Hudson nun ausgerechnet jemand an Aids erkrankt war, den sich viele als idealen  Ehemann und Schwiegersohn imaginiert hatten (als heterosexuellen, wohlgemerkt), änderte das öffentliche Bewusstsein. Wie auch die Courage einiger Freundinnen Hudsons: Elizabeth Taylor und Doris Day, seine Filmpartnerin aus „Bettgeflüster“, organisierten die erste Aids-Benefizgala. Taylor ließ die rote Schleife als Symbol der Solidarität entwerfen. Das trug mit dazu bei, HIV und Aids langsam zu enttabuisieren. Für Hudson kam das alles viel zu spät: Er starb schon bald darauf, im Oktober 1985, an den Folgen seiner Erkrankung.

Hudson selber sprach übrigens bis zu seinem Tod öffentlich nicht über sein Schwulsein. Medial diskutiert wurde seine Homosexualität gleichwohl, auch davon zeugt die Ausstellung. „Wie kommt es, dass alle Frauen für den homosexuellen Rock Hudson schwärmten“, fragte etwa die „Bild“-Zeitung. Illustrierte berichteten von einer Hochzeit Hudsons mit einem früheren Lebenspartner (auch wenn das rechtlich gar nicht möglich sein konnte). „Erstmals zeigte sich: Die gängigen Klischees ziehen nicht, um Schwule zu erkennen“, sagt Clarke.

Die Sammlung über Hudson umfasst fast 15 000 Objekte

Die Stücke, die im Schwulen Museum zu sehen sind, stammen vom Kölner Sammler Björn Klimek. Fast 15 000 Objekte umfasst seine Kollektion, eine größere Schau plant das Schwule Museum in den kommenden Jahren. Es war die Erschütterung der eigenen Mutter über den Tod des Schauspielers, die Klimek einst zum Sammeln animierte. Und so macht die Ausstellung klar, wie sehr sich Hollywood angestrengt hatte, Rock Hudson als Ikone des romantischen Liebesfilms zu inszenieren - Scheingattin inbegriffen.

Die Hudson-Erinnerung ist eine von mehreren kleineren, temporären Schauen, mit der das Schwule Museum die Zeit bis zu einer neuen Dauerausstellung überbrückt. „Tapetenwechsel“ nennt das Museum sein Konzept dieser Rotationen. Bisher schaffen diese kleineren Ausstellungen es ganz ausgezeichnet, die Diversität der queeren Geschichte und Kultur abzubilden. Und manchmal wird so auch das Zuschauerspektrum des Museums erweitert. Rock Hudson zumindest zieht auch viele ältere Besucherinnen an – die selber einst den Schauspieler anhimmelten.

"Rock Hudson und die Aids-Krise": Noch bis zum 27. März im Schwulen Museum*, Lützowstraße 73. So, Mo, Mi, Fr 14 bis 18 Uhr, Do 14 bis 20 Uhr, Sa 14 bis 19 Uhr. Dienstags ist das Museum geschlossen.

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Tilmann Warnecke

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