Queer weiß das (6): Verachten Schwule Frauen?
Unsere Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Dieses Mal geht es um die Frage, ob schwule Männer Frauen hassen.
Ich höre häufiger aus dem Mund von schwulen Männern explizit Abwertendes über Frauen. Daher die Frage: Verachten Schwule Frauen? - Marie, Schöneberg
Beim Verhältnis zu Frauen gilt für schwule Männer dasselbe wie für alle Männer – es gibt solche und solche. Zunächst einmal die innige Seite der Beziehung: Viele Schwule vergöttern Frauen. Unsere größten Ikonen sind nicht etwa andere schwule Männer, sondern Madonna, Barbra Streisand oder Lady Gaga, um einige zu nennen. Wir pilgern zu ihren Konzerten oder ihre Filmen und widmen ihnen eigene Partys.
Die Verehrung hat nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, dass sich diese Künstlerinnen für Homo-Rechte einsetzen. Vielmehr faszinieren an ihnen die Größe des Auftritts, Flamboyanz, das Spielen mit Geschlechterrollen und Sexualität. Sie sind die Diven, die viele von uns gerne wären.
Viele Schwule dürften mehr Frauen im Freundeskreis haben als Hetero-Männer
Manch schwuler Mann ist als Transe unterwegs, andere Schwule betätigen sich als Schöpfer von Mode für Frauen. Im weniger schillernden Alltag dürfte es viele geben, die deutlich mehr Frauen als Hetero-Männer in ihrem Freund_innenkreis haben. Und nein, diese Freundschaften beruhen nicht zwangsläufig auf einem gemeinsamen Interesse für Klamotten und dem Austauschen von Beziehungstipps, wie es das Klischee will. Eine Grundlage ist womöglich auch, dass die Buddy-Welt der Hetero-Männer beiden, Frauen wie Schwulen, fremd und verschlossen scheint.
Für Frauen, die fast nur schwule Freunde haben, haben Homos indes auch Begriffe wie „Schwulenmutti“ oder „Gabi“ erfunden. Die sind nicht nur ironisch gemeint, sondern haben einen beleidigenden Unterton – ein erstes Anzeichen für die Ambivalenzen in der Beziehung von schwulen Männern zu Frauen.
Andere schwule Männer stellen auch Lesben ins Abseits
So sind anderen schwulen Männern Frauen völlig egal. Sie haben zwar nichts gegen sie, interessieren sich aber auch nicht für sie – und stellen auch Lesben ins Abseits, deren Belange sie ignorieren. Schließlich gibt es diejenigen Schwulen, die sich tatsächlich dezidiert von Frauen abgrenzen, bei denen man durchaus von Frauenhass sprechen kann. Ein Grund dafür: Sie fürchten, von der Mehrheitsgesellschaft wegen ihres Schwulseins nicht als ganzer Kerl gesehen zu werden und daher ihre Privilegien als Mann zu verlieren. Sie werten Frauen ab, um ihre Männlichkeit zu unterstreichen und ihre eigenen Privilegien zu retten.
Schlau ist das nicht. Den vermeintlichen Makel des „weiblichen Schwulen“ wird man nicht los, indem man Frauen abwertet. Schwule Männer sollten sich mit Frauen besser solidarisieren. Nur dort, wo es Frauen gutgeht, wird es auch ihnen gut gehen.
Folge 5: Freuen sich Homos, wenn Heteros auf ihre Partys gehen?
Folge 4: Wie weise ich als Hetero schwule Flirts zurück?
Folge 3: Spielt ihr unsere Rollen?
Folge 2: Wer von beiden wird schwanger?
Folge1: Wärt ihr lieber Hetero?
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Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.
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