Queer weiß das (5): Freuen sich Homos, wenn Heteros auf ihre Partys gehen?
Unsere neue Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute mit der Frage: Feiern Homos auf Partys gerne mit Heteros zusammen?
Freuen sich Homos, wenn Heteros auf ihre Partys gehen? - Claudia, Steglitz
Jein! Natürlich ist es wunderbar, wenn am Christopher Street Day Heteros und Homos zu einer großen feiern- den Familie verschmelzen. Rentnerinnen vor dem KaDeWe und die Transen im Zug werfen einander Kusshände zu, Eltern tragen ihre Kinder auf den Schultern, damit sie die Homos gut sehen können. So entspannt ging es längst nicht immer zu. Bei Berlins erster Homo-Demo 1973 gab es noch Passanten, die schrien: „Die Nazis haben vergessen, euch zu vergasen!“ Damals mitdemonstrierende Lehrer_innen hatten sich mit Kapuzen vermummt, weil Schwule und Lesben im Schuldienst undenkbar waren.
Es ist egal, wer was ist - so weit sind wir leider noch nicht
Homofreundliche Heteros, die sich auf dem CSD oder auf einschlägigen Partys wohlfühlen, sind dort also willkommen, den Wirten als zahlende Gäste sowieso. Und sollte so nicht die Zukunft aussehen: Homos und Heteros glücklich vereint – egal, wer was ist?
Aber so weit sind wir leider noch nicht. Denn natürlich spielt es sehr wohl eine Rolle, wer was ist. Viele Homos trauen sich nicht, sich am Arbeitsplatz zu outen. Andere werden bedroht oder geschlagen, wenn sie einander in der S-Bahn umarmen oder wenn sie gegen die heterosexuellen Bekleidungsnormen verstoßen.
Orte aufsuchen, an denen man als normal gelten darf
Darum suchen viele Homos Homo-Partys nicht nur auf, wenn sie auf Partner_innensuche sind. Ihnen geht es auch darum, ihre Batterien unter ihresgleichen aufzuladen. Denn zu einer diskriminierten Minderheit zu gehören, kann einen latenten Dauerstress erzeugen. Man sucht davon Entlastung an Orten, an denen man als normal gelten darf. Nicht nur auf Partys, auch im Schwulenchor, beim lesbischen Kneipenquiz oder im Urlaub: Manche Lesben entspannen sich in dem Dorf Skala Eressos auf Lesbos, wo sie das Bild bestimmen, ähnlich wie in Provincetown in Massachusetts, einer Hochburg der Lesben und Schwulen. Für Heteros ist es selbstverständlich, den ganzen Tag von anderen Heteros umgeben zu sein. Homos hingegen müssen sich freuen, wenn sie im Alltag oder im Urlaub einmal anderen Homos begegnen.
Darum finden manche es auch nicht lustig, wenn eine heterosexuelle Junggesellenabschiedsparty als „Mutprobe“ in die Gay-Bar kommt. Nicht störend, sondern albern ist es, wenn Heteropaare zum schwul-lesbischen Stadtfest gehen, aber ängstlich Händchen halten, damit bloß keine_r was Falsches denkt. Und wegen der vielen Hetero-Touristen hat das Möbel Olfe am Kotti ein großes Tuch ins Fenster gehängt, auf dem „Homo Bar“ steht.
Fazit: Heteros welcome – aber nicht so viele auf einmal und nur solche, die sich gut betragen. Danke dafür!
Folge 1: Wärt ihr lieber hetero?
Folge 2: Wer von beiden wird schwanger?
Folge 3: Spielt ihr unsere Rollen?
Folge 4: Wie weise ich als Hetero schwule Flirts zurück?
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Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.
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