Rechtliche Anerkennung für Mit-Mutter gefordert: Lesbische Mütter ziehen vor Gericht
Die Initiative "Nodoption" klagt, um lesbische Mütter im Familienrecht gleichzustellen. Auf einen Gesetzentwurf der Justizministerin wollen sie sich nicht verlassen.
Marianne und Jane Greenwell betreten die Treppen zum Amtsgericht Temeplhof-Kreuzberg, posieren kurz vorm Briefkasten für ein Foto und werfen dann die Klage ein, die ihnen nach Monaten der Diskriminierung ein Gefühl von Handlungsmacht zurückgibt: Gemeinsam mit drei anderen Familien klagen sie dafür, dass verheiratete queere Mütter als solche anerkannt werden – so wie es in heterosexuellen Ehen üblich ist.
Bislang müssen Ehefrauen von Müttern die Kinder adoptieren – obwohl sie die Kinder von Geburt an mit erziehen. In den vergangenen Monaten vernetzten sich queere Mütter, die dagegen klagen. Mit dem Einwurf der fünf Anträge am vorvergangenen Freitag gründete sich die deutschlandweite Initiative „nodoption“. Sie folgen damit zwei Familien aus Hildesheim und Frankfurt. Weitere Klagen sind in Vorbereitung.
Die Klägerinnen sind entschlossen bis in die letzte Instanz zu gehen
Gemeinsam mit der Rechtsanwältin Lucy Chebout folgen diese Familien einer strategischen Prozessführung. Die Kläger:innen haben eine gemeinsamen Strategie. Die Familien aus Hildesheim und Frankfurt sind entschlossen bis in die letzte Instanz zu gehen. Bei einem Erfolg hätte das Konsequenzen für alle queeren Mütter in Deutschland, weil dadurch das Abstammungsrecht verändert würde.
Hintergrund ist der Paragraph 1591 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), der die Mutterschaft definiert: „Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.“ Der nächste Paragraph regelt die zweite Elternstelle. Dort heißt es: Vater eines Kindes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist. Andere Geschlechter werden nicht erwähnt.
Vergessen bei der Ehe für alle
Als die Ehe 2017 geöffnet wurde, wurden diese Paragraphen nicht reformiert. Damit hat ein Kind von zwei verheirateten Frauen nur einen rechtlichen Elternteil.
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Bereits 2018 klagte eine Familie vor dem Bundesgerichtshof - allerdings erfolglos. Die Initiative „nodoption“ hat keinen Kontakt zu dieser Familie. Warum diese Familie nicht bis zum Bundesverfassungsgericht ging, weiß die Initiative nicht. Mit der Initiative „nodoption“ haben alle Familien die Möglichkeit, sich über ihre Klagen auszutauschen. Dazu zeigt es den Richter:innen, dass das Gefühl der Diskriminierung bei den Antragsteller:innen kein Einzelfall ist. Rechtsanwältin Chebout sagt: „Das geltende Abstammungsrecht verletzt die Grundrechte der Kinder und der Ehefrauen.“
Bei der Adoption werden je nach Gericht gesundheitliche Atteste wie Diabetes- oder HIV-Test oder ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Zu dieser strukturellen Diskriminierung kommen Rechten und Pflichten, die für Kinder nicht greifen, wenn sie von der Frau ihrer rechtlichen Mutter nicht adoptiert wurden. Marianne Greenwell adoptiert deshalb parallel zur Klage ihr Kind Robin.
Diskriminierung bei der Stiefkindadoption
Andere, wie die Initiatorin Christina Klitzsch-Eulenburg, wollen diese Diskriminierung vorerst nicht hinnehmen. „Ich möchte nicht meine privatesten Dinge ausweisen müssen. Warum fordert man einen HIV-Test an? Das ist ein massiver Eingriff, Gesundheitsdaten sind das höchste Gut, das man hat.“ Sie sagt aber auch: „Ich weiß nicht, wie lange ich es aushalte, mein eigenes Kind nicht zu adoptieren.“
Ein geplanter Gesetzesentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) könnte die Klage überflüssig machen. Er würde den Paragraphen 1591 erweitern: „Mutter eines Kindes ist neben der Mutter nach Absatz 1 auch die Frau, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter nach Absatz 1 verheiratet ist oder die die Mutterschaft anerkannt hat.“ Damit könnten zwei Frauen Eltern sein – unabhängig davon, ob sie mit einander verheiratet sind oder nicht.
Auf den Gesetzesentwurf wollen sich die Kläger:innen von „nodoption“ nicht verlassen. Initiatorin Klitzsch-Eulenburg, die selbst Juristin ist, sagt dazu: „Seit Jahren gibt es immer wieder Gesetzesentwürfe zu dieser Thematik, die dann doch nicht in Kraft treten.“ Rechtsanwältin Chebout bestätigt diesen Eindruck: „Im Moment ist überhaupt nicht absehbar, ob aus der Ankündigung wirklich ein Gesetz wird. Den betroffenen Familien ist es nicht zumutbar, die diskriminierende Rechtslage noch länger hinzunehmen.“
Nicole Opitz
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