Queer weiß das (19): "Gays", "homosexuell liebend" - was sollen diese Unterteilungen?
Die Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute: Warum ordnen sich Homosexuelle selber in Schubladen ein?
Neulich hörte ich, wie ein Schwuler andere Schwule in „Gays“, „Schwuchteln“ und „homosexuell liebende Männer“ unterteilte. Was bedeuten diese Abgrenzungen? Sind die freundlich oder abwertend gemeint? - Jens, Kreuzberg
Keine Frage: Schwule Männer sind Großmeister darin, sich und anderen Schilder umzuhängen, um einander besser einordnen zu können. Am deutlichsten wird das auf Datingplattformen: Man kann dort unter unzähligen „Kategorien“ von Männern wählen (so wird das uncharmanterweise tatsächlich genannt). Ein „Twink“ sieht aus wie Leonardo di Caprio als Teenager, ein „Bär“ ist stämmig und behaart, ein „Otter“ weniger stämmig, dafür genauso behaart. Wer aus dem Raster fällt, hat es schwer.
Nun beziehen sich diese Kategorien auf Äußerlichkeiten. Die Bezeichnungen, die Sie nennen, zielen hingegen auf das Selbstverständnis eines schwulen Mannes. Tatsächlich sind sie nicht durchgängig freundlich gemeint. Offensichtlich ist das bei der „Schwuchtel“, was für den vermeintlich effeminierten Mann steht. Selbstironisch nennen sich zwar Schwule manchmal untereinander so. Eigentlich ist es aber ein Schimpfwort. Als solches benutzen es auch Schwule abwertend, um sich von als „weiblich“ wahrgenommenen Schwulen zu distanzieren.
Die "Gays" und die (Sub-)kultur
„Homosexuell liebend“ ist als Ausdruck ungewöhnlich. Es dürften die gemeint sein, die Beziehungen mit Männern haben, aber nichts mit der schwulen Szene zu tun haben wollen. Diese Konnotation schwingt in den USA beim Begriff „Homosexual Men“ mit. Diese Gruppe legt Wert darauf, sich an der heterosexuellen Mehrheitsgesellschaft zu orientieren. Sie wollen sich von den „Gays“ abgrenzen: Diese repräsentieren die schwule (Sub-)Kultur.
Man sollte nicht vergessen, dass „Gay“ im Englischen die Lesben einbezieht. „Gay“ wie „schwul“ und „lesbisch“ signalisiert, dass man selbstbewusst so ist, wie man ist. Schließlich hat es lange gedauert, bis sich Homosexuelle die ursprünglich negativ gebrauchten Wörter aneigneten und positiv umgedeutet haben.
Insbesondere Jüngere lehnen allerdings jedes Label für sich ab: weil sie sich mit keinem identifizieren können oder Labels generell als einengend empfinden. Natürlich ist es jedem überlassen, wie man sich bezeichnen möchte. Der völlige Verzicht auf Begriffe ist allerdings gefährlich, denn politische Kommunikation ist ohne sie kaum denkbar. Nur wenn Minderheiten sich auch benennen, können sie auf Diskriminierungen aufmerksam machen und Verbesserungen einfordern. Im Englischen haben Lesben und Schwule den Slogan „Proud to be gay“ geprägt: stolz darauf, lesbisch oder schwul zu sein. Den Stolz sollten wir uns nicht nehmen lassen.
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Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.
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