Geschlechtseintrag divers: FDP fordert "Schikane trans- und intergeschlechtlicher Menschen" zu beenden
Der Innenminister verbietet trans Menschen die dritte Geschlechtsoption. Das hält die FDP für verfassungswidrig.
Die Bundesregierung soll "die Schikane trans- und intergeschlechtlicher Menschen beenden" - das fordert der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg. Die Änderung des Geschlechtseintrags müsse endlich "ohne gängelnde Gutachten, Atteste und Gerichtsverfahren möglich sein". Das gelte umso mehr, als sich die Bundesregierung beim Personenstand aktuell nicht einmal auf die einheitliche Auslegung ihres eigenes Gesetzes einigen könne.
"Das ist eine Zumutung für alle Beteiligten", kritisiert Brandenburg, Sprecher für LSBTI seiner Fraktion.
Er bezieht sich dabei auf ein Gutachten im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zum neuen Personenstand "divers". Das widerspricht fundamental der Rechtspraxis, die Innenminister Horst Seehofer (CSU) vor einiger Zeit angeordnet hatte. Brandenburg wirft Seehofer daher "Falschinformationen" vor.
Dürfen trans Menschen die dritte Geschlechtsoption nutzen?
Im Kern geht es dabei um die Frage, ob auch trans Menschen das neue Personenstandsrecht für die dritte Geschlechtsoption "divers" nutzen dürfen. Nein, sagt das Bundesinnenministerium bisher: Dieses gelte ausschließlich für intergeschlechtliche Menschen. Als im Frühjahr bekannt wurde, dass dennoch einige trans Menschen diesen Weg gehen, schrieb das Innenministerium sogar Anweisungen an die Standesämter um das zu untersagen.
Hintergrund ist, dass das Verfahren für die dritte Geschlechtsoption deutlich einfacher ist als der bisherige Weg, den Personenstand zu ändern. Für den Antrag zur Dritten Geschlechtsoption reicht eine Bescheinigung eines Arztes aus, der eine "Variante der Geschlechtsentwicklung" attestiert - ohne weitere Begründung. Das regelt der neue Paragraf 45b des Personenstandsrechtes. Manche nutzten diesen Paragrafen nicht für den Eintrag "divers", sondern auch, um ihren Personenstand von "männlich" in "weiblich" oder umgekehrt zu ändern - was das Innenministerium besonders erzürnte.
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Eigentlich müssen trans Menschen nämlich den viel langwierigeren und entwürdigenden Weg über das viel kritisierte Transsexuellengesetz nehmen. Der dauert bis zu zwei Jahre und kann mehrere Tausend Euro kosten. Das Amtsgericht ist involviert, und es müssen mehrere psychologische Gutachten beigebracht werden. Das Innenministerium besteht vereinfacht gesagt darauf, dass für trans Menschen die Hürden auch weiterhin so hoch bleiben.
Ein Gutachten aus dem Hause Giffey widerspricht Seehofer
Doch Mitte Dezember wurde besagtes Gutachten des Familienministeriums bekannt, das der Auffassung des Innenministeriums eindeutig widerspricht. Demnach sind Transgeschlechtlichkeit und auch eine nicht-binäre Geschlechtsidentität von dem Begriff "Varianten der Geschlechtsentwicklung" sehr wohl umfasst, der die Grundlage des neuen Personenstandsrecht bildet.
Die selbstempfundene Geschlechtsidentität müsse bei der Auslegung des Gesetzes nämlich stets Rechnung getragen werden, "weil andernfalls die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht eingehalten würden", heißt es in dem Gutachten.
Der Bundesregierung sei es aber offenbar egal, dass ihr durch ein eigenes Gutachten selbst widersprochen wird, kritisiert Brandenburg.
Er bezieht sich dabei auf eine Antwort des Familienministeriums auf eine Frage Brandenburgs, wie die Bundesregierung denn das neue Gutachten bewerte. Das Ministerium von Franziska Giffey (SPD) verweist in seiner Antwort lediglich darauf, dass das Gutachten "die Auffassung der Autorinnen" wiedergeben würde. Auslegungsschwierigkeiten "entscheiden verbindlich die zuständigen Gerichte", schließt die Antwort.
"Die Bundesregierung duckt sich weg"
"Das eigene Rechtsgutachten wirft der Bundesregierung Grundrechtsverletzungen vor und sie duckt sich einfach weg", erklärt Brandenburg. Seehofer müsse sein verfassungswidriges Rundschreiben "schleunigst korrigieren": "Ein guter Innenminister bricht Grundrechte nicht, er verteidigt sie."
Brandenburg bekräftigt die Forderung der FDP, das Transsexuellengesetz komplett abzuschaffen - eine Forderung, die auch trans Verbände, die Grünen und die Linken seit langem erheben. "Eine einfache Selbstauskunft beim Standesamt muss ausreichen", sagt Brandenburg; und zwar müsse das für alle Menschen gelten.
Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die FDP bereits vorgelegt, er soll demnächst im Bundestag eingebracht werden. Eine von der großen Koalition geplante Reform des Transsexuellengesetz liegt seit langem auf Eis, ein erster Referentenentwurf war heftig kritisiert worden.
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