zum Hauptinhalt
Hochzeitstorten-Bäcker*innen haben sich schon längst auf gleichgeschlechtliche Paare eingestellt.
© Wolfgang Kumm/dpa

Ehe für alle in Berlin: Am Sonntag heiraten die ersten lesbischen und schwulen Paare

Es ist soweit: Ab Sonntag dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. In Berlin öffnen extra die Standesämter in Schöneberg und Kreuzberg - elf Paare sollen getraut werden.

So schnell wie möglich die Ehe zu schließen – das war Bodo Mende und seinem Mann Karl Kreile sehr wichtig. Lange sei die Ehe Schwulen und Lesben schließlich verwehrt gewesen. Dass sie nun nach jahrzehntelangem Kampf für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird, der Staat ihre Partnerschaft endlich als gleichwertig akzeptiert, „ist eine ganz wichtige Botschaft in die Gesellschaft hinein“, sagt Mende. „Da will man schon zu den ersten gehören.“ Jetzt am Sonntag sind der 60-Jährige und sein Mann sogar das allererste gleichgeschlechtliche Paar, das sich in Berlin das Ja-Wort geben wird.

Ab dem 1. Oktober dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland heiraten. Es war ein Meilenstein für die homosexuelle Emanzipationsbewegung, als der Bundestag kurz vor der Sommerpause Ende Juni beschloss, die Ehe zu öffnen. Schon vor einem Vierteljahrhundert stürmten Lesben und Schwule an einem Aktionstag erstmals die Standesämter, um ein Ende der Diskriminierung zu fordern – doch lange waren alle Proteste vergebens. Vor allem die Union wehrte sich zuletzt vehement gegen die „Ehe für alle“, die große Koalition blockierte entsprechende Anträge von Grünen und Linken zur Gleichstellung. Deutschland ist nun das 23. Land weltweit, in dem homosexuelle wie heterosexuelle Paare heiraten dürfen. Die Niederlande waren das erste – und zwar bereits im Jahr 2001.

Der Stichtag für die ersten Hochzeiten fällt zwar auf einen Sonntag. Dennoch werden einige Städte für den historischen Anlass ihre Standesämter öffnen: Hamburg und Hannover etwa. In Berlin werden das Standesamt im Rathaus Schöneberg und das in Friedrichshain-Kreuzberg Paare trauen.

Vor 15 Jahren gingen sie bereits eine Lebenspartnerschaft ein

Für Mende und Kreile wird es morgens um halb zehn in Schöneberg so weit sein. Die Abläufe auf dem Standesamt dürften Mende und Kreile kennen – schließlich schlossen sie bereits vor 15 Jahren eine eingetragene Lebenspartnerschaft, wandeln diese jetzt also in eine Ehe um. Die Lebenspartnerschaft, in Deutschland eingeführt 2001, sei damals natürlich wichtig gewesen, sagt Mende: „Aber es war eben trotzdem eine Partnerschaft zweiter Klasse.“ Umso symbolträchtiger sei nun die Eheöffnung.

Insgesamt werden es elf Frauen- beziehungsweise Männer-Paare sein, die sich am Sonntag in Berlin das Ja-Wort geben, sagt Jörg Steinert von Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Ein Empfang für die Paare beim Berliner Senat ist nicht geplant – anders als in Hamburg, wo die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am Sonntag mit 15 frisch vermählten Paaren und deren Angehörigen feiern will.

Insbesondere allen, die heute heiraten, aber auch allen nach ihnen alles Gute.

schreibt NutzerIn EvaK

In Schöneberg gibt es 50 Anmeldungen von lesbischen und schwulen Paaren

Zumindest in Tempelhof-Schöneberg – dem Bezirk mit den bisher meisten Lebenspartnerschaften in Berlin – ist das Interesse von Lesben und Schwulen an der Ehe groß, heißt es beim Bezirksamt: Schon 50 Anmeldungen liegen vor. Und es gebe es noch freie Termine: Kurzentschlossene könnten noch in der kommenden Woche heiraten – das gilt für Homosexuelle wie für Heterosexuelle. Wie viele gleichgeschlechtliche Paare berlinweit in den kommenden Wochen insgesamt heiraten wollen, ist nicht bekannt. Man erfasse diese Zahlen nicht, erklärt eine Sprecherin der Innenverwaltung. Künftig werde man in der Statistik auch nicht zwischen homosexuellen und heterosexuellen Eheschließungen unterscheiden – das würde dem Geist der Gleichstellung bei der Ehe ja widersprechen.

Ein Unterschied bleibt dennoch: Bis Ende 2018 wird sich bei gleichgeschlechtlichen Partnern je eine/r als „Mann“ und als „Frau“ ins Eheregister eintragen lassen müssen. Die bundesweit eingesetzte Software für die Standesämter und die Personenstandsverordnung, das das vorschreibt, werden erst dann geändert sein.

Bundesweit hält sich laut „dpa“ der akute Andrang von Lesben und Schwulen auf die Standesämter noch in Grenzen. In Stuttgart sicherten sich bisher acht gleichgeschlechtliche Paare einen Termin zur Eheschließung, in Mannheim zehn. In Mainz sind für Oktober drei neue Eheschließungen registriert – und zwanzig Paare wollen ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. Bundesweit gab es im Jahr 2015 rund 43 000 eingetragene Lebenspartnerschaften.

Auch eine erste gemeinsame Adoption wird es geben

Und noch eine Premiere steht in der kommenden Woche an: Der Mahlsdorfer Michael Korok und sein Mann werden das erste gleichgeschlechtliche Paar in Berlin sein, das direkt nach der Hochzeit gemeinsam ein Kind adoptiert. Auch das ist mit der Einführung der Ehe für alle für lesbische und schwule Ehepaare möglich geworden. Der zweieinhalbjährige Pflegesohn lebt seit seiner Geburt bei Korok und seinem Mann. Die beiden hatten bereits alles vorbereitet, um eine Adoption beim Bundesverfassungsgericht einzuklagen. „Jetzt sind wir natürlich sehr froh, dass wir uns diesen Umstand ersparen können“, sagt Korok.

Dieser Text erscheint auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels, den Sie hier finden. Folgen Sie dem Queerspiegel in den sozialen Netzwerken:

Zur Startseite