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© imago images/imagebroker
Update

Einbruch, Drogenhandel, Kindesmissbrauch: Was die Ermittler bisher über Maddies mutmaßlichen Mörder wissen

Der 43-jährige Christian B. wird verdächtigt, Maddie McCann getötet zu haben. Seine Vorstrafen: Drogendelikte, Vergewaltigung und mehrfacher Kindesmissbrauch.

Seit 13 Jahren beschäftigt die Entführung der damals dreijährigen Maddie McCann die Weltöffentlichkeit. 2007 war sie während eines Portugal-Urlaubs spurlos verschwunden.

Der Fall gab den Ermittlern lange Zeit Rätsel auf. Nun scheint sich eine Spur erhärtet zu haben: der 43-jährige Christian B. ist ins Visier der Polizei gerückt. Er soll sich mehrmals in der Nähe der Ferienanlage, aus der Maddie verschwand, aufgehalten haben.

Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“, des "Spiegel" sowie der „Bild“-Zeitung ist der Mann der Justiz schon lange bekannt – unter anderem wegen mehrfachen Kindesmissbrauchs. Vieles an dem Fall ist noch verwirrend, es geht um Dutzende Delikte, die Lücken sind entsprechend groß.

Aber nach und nach fügt sich ein Bild des Verdächtigen zusammen. Es gibt viele belastende Indizien, aber noch keine Beweise.

Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf das Bundeskriminalamt berichtet, sei B. bereits als Jugendlicher straffällig geworden. Anfang der 90er soll er wegen „besonders schwerem Diebstahl“ festgenommen worden sein.

Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) am 3. Juni 2020 zur Verfügung gestellte Handout-Foto der Inneneinrichtung eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) am 3. Juni 2020 zur Verfügung gestellte Handout-Foto der Inneneinrichtung eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
© dpa/BKA

1994 folgte die erste Verurteilung wegen sexueller Nötigung und Missbrauch von Minderjährigen. Auch Körperverletzung, Drogenhandel sowie die Verbreitung von kinderpornographischem Material tauchen laut „Bild“ in seiner Akte auf.

2005 vergewaltigt B. eine 72-Jährige in Portugal

1995 enden die Straftaten in Deutschland – unter anderem deshalb, da B. laut BKA ab diesem Zeitpunkt vorwiegend in Portugal gelebt hat. Auch hier soll B. mit Einbrüchen und Diebstählen straffällig geworden sein und saß ganze 285 Tage in Haft.

Ins Visier der portugiesischen Polizei im Zusammenhang mit dem Fall Maddie kam B. allerdings, trotz einschlägiger Vorstrafen, nicht.

Nun eröffnet sich eine weitere Spur. Im Jahr 2005 brach ein Deutscher aus Braunschweig mit einem Säbel bewaffnet laut der „Braunschweiger Zeitung“ (BZ) im portugiesischen Ort Praia da Luz in das Haus einer 72-jährigen Amerikanerin ein, vergewaltigte sie und zwang sie, ihre Wertsachen sowie die Haushaltskasse auszuhändigen.

Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) am 3. Juni 2020 zur Verfügung gestellte Handout-Foto der Inneneinrichtung eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) am 3. Juni 2020 zur Verfügung gestellte Handout-Foto der Inneneinrichtung eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
© dpa

Es ist derselbe Ort, an dem zwei Jahre später Maddie McCann verschwinden sollte. Der Verdächtige: Christian B. Die Tat wurde erst im August 2019 vor dem Braunschweiger Landgericht verhandelt. Überführt wird der Täter letztendlich durch eine Haarprobe. Auch die „Westfälische Rundschau“ berichtete über den Fall.

Das Urteil: Sieben Jahre Gefängnis. Laut "BZ" klagte sein Verteidiger über ein „reines Willkürurteil“ und ging in Revision. Aktuell sitzt B. in Kiel in Haft. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig macht derzeit keine Angaben zu dem Fall.

Im September 2019 bringen die Ermittler B. erstmals in Verbindung mit dem Fall Maddie. Wie der „Spiegel“ berichtet will die Staatsanwaltschaft Stendal einen Zusammenhang zwischen dem Fall Maddie und dem Verschwinden der fünfjährigen Inga im Jahr 2015 entdeckt haben. Die Ermittler stützen sich auf ein Phantombild, welches Ähnlichkeiten aufweisen soll. Auch mehrere Chatverläufe des Verdächtigen Christian B. weisen Hinweise auf eine mögliche Entführung von Inga hin.

So soll er zwei Jahre vor Ingas Verschwinden einem Freund geschrieben haben, er wolle „etwas Kleines einfangen und tagelang benutzen“. Die Ermittlungen im Fall Inga dauern zurzeit noch an.

Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) zur Verfügung gestellte Foto eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
Dieses vom Bundeskriminalamt (BKA) zur Verfügung gestellte Foto eines Hauses in Portugal wurde im Zusammenhang mit dem Fall der dreijährigen Britin Madeleine McCann veröffentlicht, die vor 13 Jahren während eines Urlaubs in Portugal verschwand. Wie die britische Polizei am Mittwoch mitteilte, wurde ein deutscher Mann als Verdächtiger in dem Fall identifiziert. Die britische, deutsche und portugiesische Polizei haben am Mittwoch einen neuen gemeinsamen Aufruf zu Informationen in diesem Fall gestartet.
© dpa/BKA

Sicher dagegen ist laut Recherchen von SZ, WDR und NDR, dass B. im Jahr 2011 in Niebüll, Schleswig-Holstein wegen Drogenhandels zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt wird. 2013 wird der Fall Maddie in der Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“ erneut präsentiert. Es gehen mehrere hundert Hinweise ein - unter anderem auch zu Christian B. Eine Nachverfolgung des BKA kommt, zum Ärger der Braunschweiger Ermittler, nicht zu Stande.

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Im Jahr 2017 - B. befindet sich zu diesem Zeitpunkt wieder in Portugal - stellt die Staatsanwaltschaft Flensburg einen Antrag auf Auslieferung von B., allerdings aufgrund eines anderen, noch schwerer wiegenden Delikts. Ihm wird vorgeworfen, eine Minderjährige missbraucht zu haben. Dem Antrag wird im Juli 2017 stattgegeben und B. zu einer Haftstrafe von über einem Jahr verurteilt.

Staatsanwaltschaft Braunschweig versäumt 2018 eine dauerhafte Inhaftierung des Verdächtigen

Das Bestreben der Flensburger Staatsanwaltschaft, B. wegen seines Drogendelikts von 2011 länger ins Gefängnis zu bringen, kommt allerdings zu spät. Im August 2018 wird B. aus der Haft entlassen - auch, weil die Staatsanwaltschaft es versäumt, rechtzeitig einen Antrag an die portugiesische Strafverfolgung zu stellen und somit eine Verlängerung der Haftstrafe zu erwirken.

Die Eltern des verschwundenen britischen Mädchen Madeleine « Maddie» McCann, Kate und Gerry McCann, geben der BBC in der Prestwold Hall ein Interview.
Die Eltern des verschwundenen britischen Mädchen Madeleine « Maddie» McCann, Kate und Gerry McCann, geben der BBC in der Prestwold Hall ein Interview.
© Joe Giddens/PA Wire/dpa

Am 18. September 2018 reist B. in die Niederlande ein und später nach Italien weiter. Neun Tage später wird er von der italienischen Polizei verhaftet. Für die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls benötigte die Flensburger Staatsanwaltschaft vier Wochen.

Mit den Ermittlungen im Fall Maddie ist inzwischen die Staatsanwaltschaft Braunschweig betraut.

Nicht nur seine eindeutigen Vorstrafen deuten auf Christian B. als Täter hin. Laut BKA soll er „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ einen Anruf mit seinem Handy in der Nähe des Tatortes getätigt haben - genau in der Zeitspanne, in der Maddie spurlos verschwand. Auch sein Auto wurde einen Tag später abgemeldet.

Die Ermittler gehen inzwischen von Maddies Tod aus. Die Polizei hofft nun auf weitere Zeugenaussagen, um die Lücken des Tathergangs schließen zu können. „Für einen Haftbefehl oder eine Anklage reicht es noch nicht aus“, hieß es am Freitag von der zuständigen Staatsanwaltschaft Braunschweig.

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