zum Hauptinhalt
Kate und Gerry McCann zeigen am 06.06.2007 in Berlin während einer Pressekonferenz ein Bild ihrer verschwundenen Tochter Madeleine.
© dpa

Verschwundene Madeleine McCann: 10 Jahre Suche nach Maddie: "Langsam muss Schluss sein mit dem Zirkus"

Im Mai 2007 verschwindet die kleine Maddie in Portugal spurlos. Nach zehn Jahren verursacht der Fall weiter große Aufregung. Viele Fragen zum Schicksal des Mädchens sind noch offen.

Ana rollt mit den Augen, als sie den Namen „Maddie“ hört. „Es reicht! Langsam muss ja Schluss sein mit dem Zirkus“, fordert die Frau, die auf der Strandpromenade von Praia da Luz im Süden Portugals seit Jahren selbstgebastelten Schmuck verkauft. Der nahende zehnte Jahrestag des Verschwindens des britischen Mädchens Madeleine McCann am 3. Mai treibt dieser Tage wieder zahlreiche Reporter in das schmucke Badedörfchen mit rund 3500 Einwohnern. So mancher will von dem Fall lieber nichts mehr hören, einige sorgen sich um das Geschäft mit den Touristen.

Die Eltern von Maddie, Kate und Gerry McCann, werden nicht in Portugal erwartet. Sie haben den Unmut mancher Einheimischer schon zu spüren bekommen: Bei Besuchen wurde das Paar ausgebuht. Die McCanns bezeichneten den nahenden Jahrestag als eine „furchtbare Erinnerung an geraubte Zeit“. Die Familie rüste sich für die kommenden Wochen.

An Jahrestagen und Geburtstagen sei es am schwersten, die Ungewissheit über Maddies Schicksal zu ertragen, doch sie hätten inzwischen ein „volles Leben“, sagten sie in einem BBC-Interview. Die Hoffnung, ihre Tochter lebend zu finden, haben sie nicht aufgegeben. Kate McCann sagte, sie kaufe noch immer Geschenke für ihre Tochter an Weihnachten und zum Geburtstag. Es ist ruhiger geworden um Maddies Eltern.

Malerischer Strand in Praia da Luz an der Algarve.
Malerischer Strand in Praia da Luz an der Algarve.
© AFP

Ranghohe Politiker und der damalige Papst Benedikt hatten die McCanns damals empfangen, Bestsellerautorin Joanne K. Rowling und der Unternehmer Richard Branson unterstützten das Paar finanziell. Die Bemühungen sind bislang vergeblich gewesen - Maddies Schicksal ist nach wie vor ungeklärt. Was geschah mit dem kleinen Mädchen, das im Mai 2007 kurz vor seinem vierten Geburtstag aus einer Ferienanlage an der Algarve-Küste verschwand?

Die vorerst letzte große Suche nach Maddie starteten die britischen und portugiesischen Behörden im Juni 2014 - just zu Beginn der Feriensaison. Etwa 40 Beamte rückten mit Spürhunden, Bodenradar, Baggern und Schaufeln an. Bürgermeister Victor Mata schimpfte, Einwohner protestierten. Die Aktion blieb erfolglos: Die Cocker-Spaniel-Spürhunde Tito und Muzzy fanden nur Tierknochen.

Die britische Polizei gibt nicht auf

Die britische Polizei gibt die Hoffnung auf eine Lösung des Falls dennoch nicht auf. „Echte Fortschritte“ bei den Ermittlungen der britischen Polizei hätten ihnen wieder Hoffnung gegeben, sagte Kate McCann. Scotland Yard teilte mit, es gebe „entscheidende Ermittlungsstränge“, die zu einer Lösung des Falls führen könnten. Die britischen Ermittlungen im Fall Maddie sollen mehr als 13 Millionen Euro gekostet haben. Im März bewilligte das Innenministerium in London Geld für weitere sechs Monate.

Der Tourismus in Praia da Luz hat sich mittlerweile erholt. Ende April sind trotz relativ kühlen Wetters der Strand, die Kneipen und die Restaurants voll. „Ja, klar erinnere ich mich an Maddie. Wir haben damals mitgefiebert und gehofft, dass sie lebend gefunden wird“, erzählt Mutter Megan, die mit ihren Kindern Daniel und Lucy schon zum dritten Mal hier ist und wie die McCanns aus der Grafschaft Leicestershire kommt. Besondere Sorge um ihre Kinder mache sie sich nicht, sagt Megan weiter. „Das wurde damals in dieser Hinsicht übertrieben, überall verschwinden jedes Jahr ja Hunderte Kinder, auch bei uns in Großbritannien.“

Der frühe portugiesische Chefermittler Gonçalo Amaral sieht sich als Opfer. Der nach wenigen Monaten vom Fall abgezogene Kommissar hatte in seinem Buch „Die Wahrheit über die Lüge“ geschrieben, Maddie sei tot und die Eltern hätten dies vertuscht. Nach einem langjährigen Rechtsstreit gab ihm der Oberste Gerichtshof Portugals im Februar endgültig Recht. Amaral muss entgegen einem früheren Urteil die McCanns nicht entschädigen und darf seine Behauptungen weiter aufstellen. So vertritt er auch in einem Interview in der jüngsten Ausgabe des Wochenmagazins „Sábado“ bei seiner Überzeugung: Es habe bei den Ermittlungen „zu viel Diplomatie“ gegeben, weil die Portugiesen gegenüber den Briten „unterwürfig“ seien.

Auf der Anlage des Ocean Clubs in der Nähe des Strandes herrscht dieser Tage trotz des hektischen Treibens in Praia da Luz Ruhe. Am Pool und in der Tapas-Bar sind nur wenige Gäste. Maddies Eltern waren in einem nahegelegenen Restaurant essen, als ihre Tochter aus dem Ferienappartement 5A des Clubs verschwand. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie entführt wurde. Von einer Beteiligung der Eltern geht die Polizei nicht mehr aus. „Es gibt absolut keinen Grund, das wieder aufzumachen“, sagte der Chef der britischen Sonderermittler Mark Rowley.

Schmuckverkäuferin Ana empfindet auch Mitleid für die Eltern. „Ich hoffe, dass Maddie gefunden wird.“ (dpa)

Zur Startseite