Kälteeinbruch in den USA: Warum der Schnee in Florida zur Erderwärmung passt
Das Höhenwindband um die Polarregion wird schwächer. Das könnte den USA den aktuellen Kälteeinbruch gebracht haben.
Eigentlich unlogisch: Auf der Erde wird es immer wärmer, 2017 war nach Berechnungen der Universitäten von Oxford und Leeds das zweitheißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Aber in den USA gibt es nun schon die zweite extreme Kältewelle innerhalb von vier Jahren. Sogar in Florida liegt Schnee und in Duluth/Minnesota, der Heimat von Bob Dylan, steigt Sea Smoke vom Lake Superior auf. Das hübsch anzuschauende Phänomen entsteht, wenn kalte Luft auf wärmeres Wasser trifft.
Nun treibt auch noch ein starker Sturm die Ostküste der USA entlang. In Teilen Georgias wurde der Notstand ausgerufen. In New York forderte Bürgermeister Bill de Blasio die Bürger auf, Schutz zu suchen. Für Freitagabend werden dort minus 28 Grad erwartet „Alle müssen das sehr, sehr ernst nehmen“, sagte de Blasio.
„Wir können ein bisschen globale Erwärmung gebrauchen“, höhnte Präsident Trump dagegen schon vor Silvester auf Twitter, denn eigentlich bezweifelt seine Regierung die Existenz des Klimawandels.
Es gibt jedoch Anzeichen, dass auch der Kälteeinbruch in den USA durch den Klimawandel beeinflusst wird. „Trotz des globalen Erwärmungstrends haben wir in den vergangenen 25 Jahren relativ kalte Winter in den USA und im zentralen nördlichen Asien gesehen“, sagt die Klimaphysikerin Marlene Kretschmer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Wie alle Klimaexperten ist sie sehr vorsichtig, was die Zuordnung eines einzelnen Wetterereignisses zum Klimawandel angeht. Schließlich ist Klima per Definition das Wetter über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren.
Jetstream wird schwächer
Doch messen lässt sich bereits heute eine Verlangsamung des Jetstreams, des Höhenwindbandes um die Polarregion. „Er hatte häufiger schwache Phasen“, sagt Kretschmer. Das ist nicht verwunderlich, denn der Jetstream wird von den Temperaturunterschieden zwischen der Polarregion und dem Äquator angetrieben. Und die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest der Erde. „Das liegt unter anderem daran, dass das Meereis schmilzt und weniger Energie zurückstrahlt. Dadurch erwärmt sich das Wasser noch mehr – ein sich selbst verstärkender Effekt“, sagt Kretschmer.
Durch den gesunkenen Temperaturunterschied zwischen Pol und Äquator fließt der Jetstream nun oft weniger schnell, mäandert und bildet Schlaufen. An ihren Flanken kann kalte Polarluft tief in den Süden strömen – so wie jetzt in den USA. Schon im Winter 2013/2014 hielt der Frost den Osten des Landes wochenlang fest im Griff. Denn trotz Rekorderwärmung im Sommer ist es am Nordpol während der polaren Nacht natürlich immer noch sehr kalt.
„Es ist möglich, dass der Klimawandel Kälteeinbrüche wie in den USA wahrscheinlicher macht“, sagt Kretschmer. Aber die Datengrundlage sei noch zu gering. Schließlich sei ein Polarlufteinbruch grundsätzlich ein natürliches Phänomen. Außerdem schwanke der Jetstream an sich schon sehr stark. „Und es gibt konkurrierende Effekte wie eine Erwärmung des Pazifik, die ihn wieder pushen könnten“, sagt die Expertin.
„Was mit der Dynamik der Atmosphäre passiert, ist schwierig abzuschätzen“, meint sie abschließend. „Aber die Frage zu klären, ist wichtig, denn diese Dynamik ist maßgeblich verantwortlich für Extremwetter.“