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Gläubig. Sein Engagement sei das Ergebnis seiner Midlife-Krise, sagt der 57-jährige Tom Steyer.
© AFP

USA: Tom Steyer - der grüne Milliardär

Er war US-Investmentbanker und Hedgefonds-Manager. Jetzt unterstützt Tom Steyer Umweltpolitiker. Und das will er auch im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2016 tun.

Tom Steyers Geschichte ist die eines Mannes, der auf den Gipfel des Berges stieg und bekehrt wieder herabkam. Im Sommer 2012, so geht das moderne Märchen, wanderte der kalifornische Milliardär zusammen mit dem missionarischen Umweltaktivisten Bill McKibben auf die Spitzen der Adirondacks. Der heute 57-jährige Investmentbanker Steyer war mit einem schlechten Gewissen beladen zu dem Gebirgszug im US-Bundesstaat New York losgezogen. In seinem profitablen Portfolio lagerten Anteile, deren Gewinn aus fossilen Brennstoffen stammte. Selbst der höchst umweltschädliche Ölsand aus Kanada brachte ihm Profite ein. Aus den Bergen zurück kam Steyer als Mahner gegen die globale Erwärmung. Fortan sollten seine Millionen im Dienste der Umwelt stehen.

Heute nennen sie ihn wahlweise einen „außer Kontrolle geratenen, elitären Umweltaktivisten“ (Fürsprecher der kanadischen Ölgewinnung) oder die „liberale Antwort auf die Koch-Brüder“ (US-Demokraten). Je nach Standpunkt. Denn Steyer ist inzwischen einer, vielleicht auch der wichtigste Spendensammler und Spender für die Demokraten. Im anlaufenden Wahlkampf für den Kongress hat er sich zum Gegenspieler von David und Charles Koch entwickelt. Wo die erzkonservativen Koch-Brüder ihre Millionen in republikanische Wahlkämpfe stecken, öffnet Steyer seine Kassen für die Demokraten. Während die Kochs ihr Vermögen gegen Obamas Gesundheitsreform und in die Leugnung des Klimawandels investieren, finanziert Steyer Demokraten dann, wenn diese ihre Politik dem Kampf gegen den Klimawandel widmen. Die Wahlen im November sind dafür nur ein Auftakt. Mit seinem Vermögen plant Steyer auch, den Präsidentschaftswahlkampf 2016 auf Klima zu trimmen.

Tom Steyer spricht nur selten in der Öffentlichkeit

Steyer spricht sehr selten in der Öffentlichkeit. In einem seiner raren Gespräche hat er allerdings Ryan Lizza vom „New Yorker“ seine Weltsicht ausgebreitet. „In jeder Generation“, philosophiert er, „gibt es ein überwölbendes Thema, das viele Leute zu der Zeit nicht erkennen.“ Dieses Thema aber werde im Rückblick der Maßstab des gesellschaftlichen Handelns. Was die Bürgerrechtsbewegung in den 50er und 60er Jahren in den USA gewesen sei, ist Steyer zufolge heute die Umweltpolitik. „Klimawechsel ist, woran wir als Land wie als Generation später gemessen werden.“

Allein für die Wahlen im November hat Steyer bis zu 100 Millionen Dollar (73,5 Millionen Euro) in Aussicht gestellt. 50 Millionen Dollar aus der eigenen Tasche und 50 Millionen, die er an Spenden einsammeln will. Für Steyer kein Problem. Der Sohn eines Wall-Street-Anwalts und einer Lehrerin aus der Upper East Side in Manhattan fing seine Karriere gleich an der Wall Street an. Nachdem er später nach San Francisco umgezogen war, gründete er den Hedgefonds „Farallon Capital“ und arbeitete für die Investment-Gesellschaft „Hellmann & Friedman“. Das renommierte Wirtschaftsmagazin „Forbes“ taxiert Steyers persönliches Vermögen auf aktuell 1,6 Milliarden Dollar. Aber Steyer und seine Frau Kat Taylor gehören auch zur Pledge-Gemeinde. Wie Warren Buffett und Bill und Melinda Gates haben sie sich 2010 mit der Initiative „Giving-Pledge“ verpflichtet, die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. In den Adirondacks musste Bill McKibben also keinen gewissenlosen Finanzspekulanten bekehren.

Steyer sitzt im Vorstand des „Center for American Progress“, einer Organisation liberaler Demokraten. Mit seiner Frau hat er die „One Pacific Coast Bank and Foundation“ gegründet, ein Finanzinstitut, das Kredite an kleine Unternehmen, Leute und Gemeinden in Kalifornien vergibt. Seit den 1980er Jahren hat Steyer zudem Spendengelder für demokratische Präsidentschaftskandidaten eingesammelt und 2008 Hillary Clinton unterstützt. Jetzt profitiert Barack Obama von Steyers finanziellem Geschick. Zuletzt ließ sich Obama im April bei einer Cocktailparty in Steyers Haus mit Blick über die Golden Gate Bridge blicken.

Tom Steyer ist ein Angriffsziel für die Republikaner

Nach dem Ausflug in die Adirondacks hat sich Steyer von seinen Anteilen an „Farallon Capital“ getrennt. Er gründete die Initiative „Next Generation“, die für Umweltziele und die Unterstützung von Kindern eintritt. Steyers zweite Gründung, die Super Pac „NextGen Climate Action“, soll mit den gesammelten Geldern Politik in den USA steuern. Das Ganze sei das Ergebnis seiner Midlife-Krise, sagt Steyer. Er habe über den Sinn des Lebens nachgedacht und festgestellt, dass er an Gott glaube. Alles was er tue, betrachte er „unter religiöser Perspektive“. Missionarisch kämpft er auch gegen die Keystone-Pipeline, die das Produkt aus kanadischem Ölsand durch die USA leiten soll.

Steyer gibt ein ausgezeichnetes Angriffsziel für die Republikaner ab. Seit Monaten führt der Chef der Demokraten im US-Senat, Harry Reid, einen Feldzug gegen die Koch-Brüder. Dass jetzt das große Geld von links kommt, passt nicht allen Demokraten. Erst recht nicht, weil auch Steyers Bruder Bruder Jim Steyer im Hintergrund wirkt. Gefragt, ob es ihm gefalle, mit Jim quasi die linken Koch-Brüder darzustellen, wiegelte Steyer gegenüber Ryan Lizza ab. „Ich stimme dem absolut nicht zu.“ Der Umweltaktivist und Autor Bill McKibben sieht das anders: „Nach Jahren, in denen man zusehen musste, wie reiche Leute unser politisches System zu ihrem eigenen Nutzen manipuliert und ruiniert haben, ist es großartig, einen reichen Mann zu beobachten, der sein Geld und sein Talent im öffentlichen Interesse einsetzt.“

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