Vogelgrippe: Sperrbezirk in Berlin wird ausgeweitet
Zwischen Alt-Tempelhof und Oranienburger Straße dürfen Hunde und Katzen nicht mehr frei laufen. Tausende Gänse wurden in Schleswig-Holstein getötet.
Wie gut, dass Michael Chickowsky schon geheiratet hat. Denn die Partyscheune, in der der Bio-Landwirt in der Vergangenheit große Feiern, darunter seine eigene Hochzeit, ausgerichtet hat, ist belegt. 800 Gänse leben jetzt dort. Sie sind von der Weide in den Stall umgezogen und verbringen ihre letzten Tage dort – abgeschirmt von Wildvögeln, deren Kot sie mit der Vogelgrippe infizieren könnte. Die Gänse haben Hausarrest, genauso wie die 50 Hühner und 150 Enten, die Chickowsky ebenfalls hält.
„Eine Vorsichtsmaßnahme“, sagt der Öko-Bauer. Denn sein Hof zwischen Strausberg und Fürstenwalde liegt nicht im Sperrgebiet. Der Bannkreis, in dem die Behörden Stallpflicht angeordnet haben, verläuft zwei Kilometer entfernt. Doch sicher ist sicher. „Bevor Keime zu uns kommen, bringe ich meine Tiere lieber in den Stall“, erzählt Chickowsky. „Für mich ist das kein Problem“.
Die Preise sind unter Druck
Für andere Geflügelhalter könnte die Vogelgrippe aber durchaus zu einem Problem werden. 15 Länder, darunter Israel, Japan und Südkorea, importieren derzeit kein deutsches Geflügel. Auch in Deutschland machen immer mehr Verbraucher einen Bogen um Gänse, Puten, Hühner und Enten. Für die Geflügelbauern heißt das: Sie bekommen weniger für ihre Tiere, die Preise sind unter Druck.
Der Weihnachtsbraten dürfte daher keinesfalls teurer werden, eher billiger. Und niemand muss Angst haben, dass das Angebot knapp wird, betont die Deutsche Geflügelwirtschaft. „Die deutsche Weihnachtsgans für das Festtagsessen ist nach derzeitiger Einschätzung gesichert“, sagte Verbandssprecher Florian Anthes dem Tagesspiegel am Montag. Zwei Drittel der deutschen Weihnachtsgänse sind nämlich bereits geschlachtet und eingefroren. Die Gänse, die frisch vermarktet werden, werden normalerweise noch bis kurz vor Weihnachten aufgezogen. Sollten weitere Vogelgrippefälle auftreten, würden die Gänse möglicherweise früher geschlachtet als sonst. Damit würde sich der Anteil zwischen Frost- und Frischware leicht verschieben. „Das Gesamtangebot an deutschen Gänsen wird sich aber aller Voraussicht nach dadurch nicht verändern“, sagt Anthes. Für Hähnchen, Puten, Enten und Legehennen gebe es dagegen genug Ställe, frühzeitige Schlachtungen seien nicht nötig.
Es sei denn, die Bestände sind von dem Virus befallen. Dann müssen alle Tiere getötet werden. Am Dienstag hat dieses Schicksal 2000 Gänse im Kreis Dithmarschen getroffen, weitere 1800 Tiere sollen voraussichtlich am Mittwoch im zehn Kilometer entfernten Eddelak gekeult werden, teilte der Kreis mit. Beide Ställe gehören zu einem Betrieb. Bereits vor einer Woche waren in Schleswig-Holstein 30.000 Hühner getötet worden, weil auf dem Hof das Virus gefunden worden war.
Sperrbezirk in Berlin reicht jetzt von Tempelhof bis zur Oranienburger Straße
Auch Berlin ist betroffen. 37 Wildvögel sind in den vergangenen Tagen untersucht worden, bei fünf Tieren wurde das Virus H5N8 gefunden – nach dem bereits bekannten ersten Fall bei vier weiteren Schwänen aus dem Landwehrkanal im Umkreis der Baerwaldbrücke. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz teilte am Dienstag mit, dass der Sperrbezirk ausgedehnt worden ist. Er reicht jetzt über U-Bahnhof Alt-Tempelhof, Schöneberger Str./Manteuffelstr., Kreuz Schöneberg, U-Bahnhof Bayrischer Platz, U-Bahnhof Wittenbergplatz, S-Bahnhof Bellevue, Hauptbahnhof bis zum S-Bahnhof Oranienburger Straße. Hunde und Katzen dürfen in dieser Gegend nicht mehr freilaufen.
Freilandeier trotz Stallhaltung
Dagegen bekommen die Legehennenbetriebe eine Gnadenfrist. Eier dürfen auch dann noch als Freilandeier verkauft werden, wenn die Hühner wegen der Vogelgrippe im Stall bleiben müssen. Das sagte eine Sprecherin des Bundesagrarministeriums dem Tagesspiegel. Das sei „bis zu 12 Wochen nach Anordnung einer veterinärbehördlichen Aufstallung“ möglich. Für Eier aus Ökohaltungen gelten andere Rahmenbedingungen. So müssen Legehennen nach der Öko-Verordnung ein Drittel ihres Lebens draußen verbringen. Sollten sie jetzt auf Anordnung der Behörden im Stall bleiben, könnte ihnen diese Vorschrift ein längeres Leben bescheren.
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