Mafia: Sohn von Camorra-Boss geht italienischer Polizei ins Netz
Nach 15 Jahren auf der Flucht wurde der 38-jährige Marco Di Lauro in Neapel festgenommen. Er soll für mindestens vier Morde verantwortlich sein.
Nach mehr als 14 Jahren auf der Flucht ist der italienischen Polizei nun auch der vierte und letzte Sohn des inhaftierten Camorra-Bosses Paolo Di Lauro ins Netz gegangen. Der 38-jährige Marco Di Lauro wurde nach Polizeiangaben in einer bescheidenen Wohnung in Neapel verhaftet, wo er sich mit seiner Frau aufhielt. Die Nummer zwei auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher Italiens war seit 2004 untergetaucht.
Nun ist keiner von Paolo Di Lauros Söhnen mehr auf freiem Fuß. Die Familienbande kontrolliert den Drogenhandel in Neapels Armenvierteln Scampia und Secondigliano. Abspaltungsversuche einiger ihrer Mitglieder führten 2004 und 2005 zu blutigen Kämpfen, denen 130 Menschen zum Opfer fielen. Nach Angaben eines Informanten soll Marco Di Lauro für mindestens vier Morde verantwortlich sein.
Gegen ihn lag seit 2006 ein internationaler Haftbefehl vor. Am Einsatz zu seiner Festnahme waren etwa 150 Beamte beteiligt. Neapels Polizeichef Antonio De Iesu sagte auf einer Pressekonferenz, die Polizei sei durch "unübliche Aktivitäten" auf Di Lauro aufmerksam geworden. Dieser ließ sich widerstandslos festnehmen.
In Medienberichten hieß es, die Polizei habe Di Lauro, der gerade Pasta aß, gestattet sich umzuziehen. Der hochrangige neapolitanische Mafiosi habe sich besorgt über das weitere Schicksal seiner beiden Katzen geäußert. Die Polizei fand in der Wohnung keine Waffen und nur eine kleine Geldsumme.
Bilder in den Medien zeigten, wie Di Lauro in einem langärmeligen T-Shirt mit dem Auto zur Polizeiwache gebracht wurde. Darüber schwebte ein Polizeihubschrauber. Vor der Wache waren etwa hundert Menschen, darunter Polizisten, versammelt, die in Sprechchören riefen: "Gut gemacht". Laut Medien galt Di Lauro als zweitgefährlichster Mann Italiens, nach dem sizilianischen Mafiaboss Matteo Messina Denaro.
Regierungschef Giuseppe Conte gratulierte der Polizei per Kurzbotschaftendienst Twitter zu Di Lauros Festnahme. Glückwünsche kamen auch von Contes Stellvertreter und Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega-Partei.
Die Festnahme stand möglicherweise im Zusammenhang mit der Erschießung der Frau des 40-jährigen Di Lauro-Mitarbeiters Salvatore Tamburrino. Dieser hatte sich kurz vor Di Lauros Festnahme der Polizei gestellt und sich selber bezichtigt, die 33-jährige Morina Mattuozzo erschossen zu haben.
Deren Leiche wurde im Haus ihrer Eltern gefunden, wo sie seit der Verschlechterung ihrer Beziehung zu Tamburrino lebte, wie Medien berichteten. Der Polizeichef wollte einen Zusammenhang zwischen der Tat und der Festnahme weder bestätigen noch dementieren.
Paolo Di Lauro ist seit 2005 inhaftiert. Sein Sohn Marco soll später die Leitung der Camorra übernommen haben. Er hatte neun Brüder und eine Schwester. Wie italienische Zeitungen berichteten, sind mittlerweile alle Brüder entweder im Gefängnis oder tot. (AFP)