Roberto Saviano auf der Berlinale: Allein gegen die Mafia
Auf der Pressekonferenz zum Mafia-Film „La paranza dei bambini“ wird Autor Saviano gut bewacht, auch beim Palavern mit Journalisten.
Menschen, die in der Obhut eines Bodyguards stehen, verhalten sich nicht immer so vorsichtig, wie von diesem gewünscht. Man kennt das aus dem Kino, in der Realität ist es nicht anders. Die Pressekonferenz zu „La paranza dei bambini“, der auf der Berlinale läuft, ist zu Ende, die in Jugendgang-Größe aufgebotene Filmcrew schon raus aus dem Saal, bis auf den Autor des zugrundeliegenden Romans, Roberto Saviano, ein von der Mafia nicht gerade geschätzter Mann.
Ein Journalist hatte zuvor von eigenen neapolitanischen Erfahrungen erzählt. Nun stehen sie da und palavern. Fernsehreporter ergreifen die Gelegenheit und stellen sich dazu – und nun auch der Herr in dunkelblauem Anzug und weißem Hemd, der die ganze Zeit mit scheinbar teilnahmsloser Miene neben der Tür ausgeharrt hatte. Nun tritt er heran, weicht Saviano nicht von der Seite – sicher ist sicher.
Personenschutz "kein Privileg, ein Drama"
Personenschutz? Für Saviano „kein Privileg, ein Drama“, das hatte der „Gomorrha“-Autor schon auf der Pressekonferenz bekannt. Europa, das sei kein sicherer Raum mehr für Leute, die darüber schreiben, die Morde an Journalisten auf Malta und in Prag hätten dies gezeigt. Doch er selbst bleibe da ruhig, lasse sich auch nicht von der Aufhebung des Schutzes einschüchtern, wie es der italienische Innenminister Matteo Salvini angedroht habe – übrigens der einzige westliche Politiker, der in Polizeiuniform auftrete. Das sei ein „Angriff auf die Demokratie“.
Beifall brandet wieder einmal auf. Erst für die Schauspieler, den Hauptakteur Francesco di Napoli besonders, aber auch für die jungen Laiendarsteller, unterhalb des Podium platziert, das sonst überfüllt wäre. Koch ist der eine, Friseur der andere – den Versuchungen, der besonders in Süditalien grassierenden Hoffnungslosigkeit über die – wie Saviano es nennt –„Abkürzung mit der Pistole“ zu entfliehen, sind sie nicht erlegen.
Die Möglichkeit, sich etwa auf die Politik zu berufen, von dort Hilfe zu erwarten, gebe es nicht mehr, sagt der Autor. Viele wählten den Weg auszuwandern. Dadurch verliere Italien jedes Jahr so viele Bürger, wie Verona Einwohner habe.
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