Anklage wegen Mord: Polizist erschoss unbewaffneten Schwarzen
Nach einem Streit bei einer Verkehrskontrolle soll ein Polizist einem unbewaffneten schwarzen Mann mehrmals in den Rücken geschossen haben. Ein Augenzeuge hat von dem Vorfall ein Video gemacht.
Im US-Bundesstaat South Carolina ist ein Polizist wegen Mordes angeklagt worden, der nach einem Streit bei einer Verkehrskontrolle einen fliehenden unbewaffneten Schwarzen erschossen haben soll. Wie aus am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Gerichtsdokumenten hervorgeht, wird dem 33-jährigen weißen Beamten vorgeworfen, dem 50-Jährigen "nach einem Streit mehrmals in den Rücken geschossen" zu haben. Beweismittel dafür seien ein von einem Augenzeuge des Vorfalls gedrehtes Video sowie Ermittlungen der Bundesstaatsbehörden.
Der Vorfall ereignete sich am Samstag in der Stadt North Charleston. Die Videoaufnahmen wurden anschließend zuerst von der "New York Times" veröffentlicht, nachdem der Anwalt der Familie des Toten diese der Zeitung zur Verfügung gestellt hatte. Darauf ist zu sehen, wie der Polizist und der Schwarze offenbar eine Auseinandersetzung haben. Anschließend zieht der Beamte seine Waffe und feuert mehrmals auf den weglaufenden Mann. Dann eilt er zu dem am Boden Liegenden, fordert ihn auf, die Hände auf den Rücken zu nehmen und legt ihm Handschellen an. Der Schwarze starb wenig später vor Ort.
Medienberichten zufolge war der Schwarze angehalten worden, weil eines seiner Rücklichter nicht funktionierte. Die Familie des Opfers äußerte sich nach der Festnahme des Polizisten auf einer Pressekonferenz und lobte den "Helden", der das Video angefertigt hatte. "Wenn es kein Video gäbe, würden wir dann je die Wahrheit erfahren?", sagte der Bruder des Toten, Anthony, wie der TV-Sender MSNBC berichtete. "Aber nun kennen wir die Wahrheit." Die Polizei von South Carolina wollte sich offiziell nicht zu dem Vorfall äußern und verwies auf die laufenden Ermittlungen.
Der Bürgermeister von North Charleston, Keith Summey, sprach in der Lokalzeitung "The Post and Courier" von einer "falschen Entscheidung" des Polizisten. Damit müsse der Beschuldigte nun leben. Dem Schützen droht bei einer Verurteilung wegen Mordes die Todesstrafe. Der Vorfall könnte die angespannte Lage in den USA vor dem Hintergrund mehrerer tödlicher Polizeischüsse auf Schwarze nun noch verschärfen.
In den vergangenen Monaten hatten mehrere Fälle von tödlichen Schüssen auf Schwarze durch weiße Beamte eine Debatte über Rassismus und Polizeigewalt in den USA ausgelöst. Im August war in der Kleinstadt Ferguson der unbewaffnete schwarze Jugendliche Michael Brown von einem weißen Polizisten getötet worden. Eine Grand Jury aus überwiegend weißen Laienrichtern kam aber im November zu dem Schluss, dass sich der Polizist nichts zuschulden kommen ließ. Der Fall führte in Ferguson und zahlreichen anderen Städten zu teils gewaltsamen Protesten.
Im vergangenen Sommer war der Afroamerikaner Eric Garner in New York an den Folgen einer Festnahme durch mehrere Polizisten auf offener Straße gestorben. Garner war im Stadtteil Staten Island von den Beamten niedergerungen worden, die ihn des illegalen Zigarettenverkaufs verdächtigten. In einem anschließenden Handgemenge verlor Garner durch den illegalen Würgegriff eines Polizisten das Bewusstsein und starb kurze Zeit später. Auch in diesem Fall verzichtete die Grand Jury darauf, die Polizisten wegen unsachgemäßen Vorgehens anzuzeigen. Die Mordanklage gegen den Polizisten Michael Slager in South Carolina ist gerade vor dem Hintergrund dieser Vorfälle bemerkenswert. Zudem droht ihm in South Carolina die Todesstrafe, sollte er wegen Mordes verurteilt werden. (AFP)