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Polizeibeamte betreten am Bahnhof in Bad Aibling (Bayern) das Fahrdienstleiter-Stellwerk.
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Update

Zugunglück in Bad Aibling: Polizei dementiert dringenden Verdacht gegen Fahrdienstleiter

Nach dem Zugunglück von Bad Aibling gehen die Bergungsarbeiten weiter - und die Ursachensuche wird intensiviert. Eine 50-köpfige Sonderkommission ermittelt.

Nach ersten Vernehmungen der Polizei ergibt sich im Zusammenhang mit dem Zugunglück von Bad Aibling kein dringender Verdacht gegen den Fahrdienstleiter. „Wir wehren uns vehement gegen dieses Gerücht“, sagte Polizeisprecher Jürgen Thalmeier am Mittwoch am Unglücksort im Hinblick auf entsprechende Berichte.

Zwar könne ein Fehler oder Vergehen des Diensthabenden auch nicht ausgeschlossen werden; die Ermittlungen stünden noch am Anfang. Doch sei der Fahrdienstleiter bereits unmittelbar nach dem Zusammenstoß zweier Regionalzüge am Dienstag befragt worden. Daraus ergebe sich „noch kein dringender Tatverdacht“, betonte Thalmeier.

Die Deutsche Presse-Agentur hatte aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass die Tragödie auf der Strecke Holzkirchen-Rosenheim durch menschliches Versagen ausgelöst worden war. Derzeit ermitteln die Beamten auch im Stellwerk von Bad Aibling. Wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bekanntgab, arbeitet inzwischen eine 50-köpfige Sonderkommission der Kriminalpolizei an dem Fall. Inzwischen steht auch die Identität von neun der zehn Opfer fest. Dabei handelt es sich ausschließlich um Männer im Alter von 24 bis 60 Jahre, wie Thalmeier sagte. Sie alle stammten aus der Region.

Zwei von drei Blackboxen sind bereits geborgen worden

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) rechnet damit, dass die dritte sogenannte Blackbox aus den bei Bad Aibling verunglückten Zügen noch am Mittwochnachmittag geborgen werden könnte. Ohne eine Analyse der Daten dieses Fahrtenschreibers, der ähnlich wie in Flugzeugen Informationen über das Fahrzeug sammelt, sei eine Klärung des Hergangs schwierig. Zwei dieser Boxen seien bereits geborgen worden. Nach der bisherigen Auswertung gebe es keine Hinweise auf einen technischen Fehler oder Fehler bei der Signalbedienung durch einen der Lokführer, sagte Dobrindt am Mittwoch in Bad Aibling im Sender n-tv vor einer Pressekonferenz. „Das sagt aber noch nichts darüber aus, was am Ende der Untersuchung stehen wird“, sagte Dobrindt. Bisher sei die Ursache noch unklar.

Die Bergungsarbeiten werden voraussichtlich noch zwei Tage dauern.
Die Bergungsarbeiten werden voraussichtlich noch zwei Tage dauern.
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Am Dienstagmorgen waren zwei Nahverkehrszüge auf der eingleisigen Strecke zwischen Holzkirchen und Rosenheim bei hohem Tempo frontal ineinander gekracht. Zehn Menschen starben, 17 wurden schwer und 63 leicht verletzt. Die Bergungsarbeiten hatten sich als extrem schwierig erwiesen, weil die Unglücksstelle in einem Waldstück an einer Hangkante neben dem Flüsschen Mangfall liegt.

Am Unfallort haben inzwischen die Bergungsarbeiten begonnen. Ein erster Spezialkran der Deutschen Bahn sei am Mittwochvormittag am Unfallort eingetroffen, wie das Unternehmen mitteilte. Der Kran aus Fulda habe eine Tragkraft von 160 Tonnen. Zudem gehörten fünf Module inklusive Werkstatt und Aufenthaltsmöglichkeiten für die Einsatzkräfte zu dem Gerät. Ein weiterer Kran aus Leipzig mit einer Tragkraft von 75 Tonnen steht auf Abruf bereit. Die Bergung der Unglückszüge wird nach Einschätzung der Rettungskräfte mindestens zwei Tage dauern.

Die Polizei rechnet nicht mit weiteren Todesopfern

Die Polizei nicht mit weiteren Todesopfern. „Es wird niemand mehr vermisst“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd am Mittwochvormittag. Nachdem alle Personalien abgeglichen worden seien, dürfte sich kein Opfer mehr in den beiden Zügen befinden. Nachdem ein Opfer am Dienstagabend im Krankenhaus gestorben war, liegt die Zahl der Schwerverletzten nun bei 17. Der Polizeisprecher zeigte sich zuversichtlich, dass sie überleben werden. „Wir dürfen optimistisch sein.“ Es ist das schwerste Bahnunglück in Bayern seit mehr als 40 Jahren.

Seehofer und Grube besuchen Unfallort

Am späten Vormittag besuchten Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bahnchef Rüdiger Grube den Unfallort und legten Kränze nieder. Bei einer anschließenden Pressekonferenz bezeichnete Seehofer das Zugunglück als „furchtbare Tragödie für ganz Bayern“. Und: „Bayern trauert.“ Er sprach den Angehörigen der Opfer und der Bevölkerung in der Region seine Anteilnahme und Verbundenheit aus. Er habe am Unfallort gebetet. „Wir beten und hoffen, dass die Verletzten ihre Verletzungen überwinden“, sagte Seehofer, der sich nach dem Besuch der Unfallstelle tief betroffen zeigte. „Man ist ganz verstört, wenn man diese Bilder noch mal sieht, diese Knäuel.“ Die Ermittlungen müssten nun zeigen, welche Konsequenzen gezogen werden müssen, „um solche Tragödien noch ein Stück unwahrscheinlicher zu machen“. (dpa)

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