Umbau bei der Bahn: Bahnchef Grube unter Druck
Die Bahn verspricht seit Jahrzehnten mehr Pünktlichkeit und Komfort. Um das endlich einzulösen, will Rüdiger Grube jetzt den Konzern umbauen. Ein Kommentar.
Als die Deutsche Bahn noch eine Bundesbahn war, 1991, gab das „Unternehmen Zukunft“ seinen Kunden in der Werbung ein Versprechen: Mit den neuen ICE-Zügen werde der Schienenkonzern das Reisen künftig komfortabler, schneller, pünktlicher machen. 25 Jahre später – die vierte ICE-Generation ist unterwegs – wirbt das „Unternehmen Zukunft“ von einst mit dem Slogan „Zukunft Bahn“ noch immer um die Gunst seiner Kunden. Mehr Pünktlichkeit, mehr Qualität, mehr Zufriedenheit, verspricht Bahn-Chef Rüdiger Grube. Aufräumen will er, angreifen. Nur die Kunden, die glauben dem Vorstandsvorsitzenden nicht mehr. Zu viel hat die Bahn schon versprochen, auch Grube, der seit 2009 im Amt ist, hat das.
Die Versprechen der Bahn sind 25 Jahre alt
Es ging zu oft um die Zukunft des Staatsunternehmens, das in den Problemen seiner Gegenwart feststeckt. Man mag es kaum noch sagen, und wer Bahn fährt, kann es nicht mehr hören: Jeder vierte Zug ist unpünktlich, Bahnfahren ist (meist) teuer, das Preissystem intransparent, Qualität und Service lassen zu wünschen übrig, die Infrastruktur ist mancherorts von vorgestern. Für ein kundenorientiertes Unternehmen, das sich rühmt, mehr als vier Milliarden Passagiere pro Jahr zu transportieren, ist das ein Armutszeugnis.
So weit, so bekannt. Aber es soll ja bald alles besser werden. Mit neuer Bescheidenheit bei den Zahlen und neuer Entschiedenheit bei den Zielen geht Grube ans Werk. Der erste Konzernverlust seit zehn Jahren hat den Handlungsdruck erhöht und Wachstumspläne durchkreuzt. Verantwortlich für das Minus sind beileibe nicht nur Grubes Managementfehler. Billiges Benzin macht das Autofahren und den Lkw-Güterverkehr preiswerter. Fernbusse locken Bahnreisende von der Schiene auf die Straße.
Grubes Versprechen sind auch schon sieben Jahre alt
Ein Alibi für Grube ist all das freilich nicht. Zwar sägt offiziell niemand am Stuhl des ehemaligen Daimler-Managers, weil keine Alternative sichtbar ist. Aber der Bahn-Chef braucht messbare Erfolge, sonst droht ihm ein Abschied – wegen Verspätung. Denn erkannt hat man die Probleme bei der Bahn schon lange. Nur gehandelt wurde nicht konsequent genug.
So arbeitet sich Grube an den neuralgischen Punkten der Bahn ab: Pünktlichkeit soll, ach was!, in Zukunft „Kern des Kundenversprechens“ sein. Die Idee, die Höhe der Vorstandsbezüge an die Erfüllung dieses Versprechens zu koppeln, ist nett. Allerdings wüsste man am Ende des Jahres auch gerne, wie viele Euro es pro Kopf genau waren. Bahnreisende sollen zudem lückenlose Anschlüsse, Informationen und Kommunikationsmöglichkeiten bekommen. Die Bahn buchstabiert dabei „W-Lan“ für eine Kundschaft, die außerhalb der – immerhin spürbar modernisierten – Züge längst „always online“ ist.
Jetzt gilt's: Die Bahn will pünktlicher werden - und transparenter, freundlicher, komfortabler
Aus Sicht der Bahn notwendig, für die Kunden zunächst nebensächlich: der Umbau des Konzerns. Weniger Bürokratie und Zentralismus, Aufräumarbeiten und Abschreibungen im Güterverkehr, eine schlankere Organisation – auf dem Bahnsteig wird davon wenig zu bemerken sein. Im Erfolgsfall wird der Umbau die Bahn aber effizienter machen und ihr Spielräume geben – zum Beispiel bei der Preispolitik. Das muss nicht bedeuten, dass Tickets billiger werden. Fluggesellschaften zeigen, dass Reisende durchaus bereit sind, für besondere Leistungen höhere und verständlich kalkulierte Preise zu bezahlen. Bei der Bahn ist das auch im Jahr 2015 noch Zukunftsmusik.