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Die SPD stellt die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl. Die Parteiführung ignoriert ihre Meinung zu den Drohnen.
© Axel Heimken/dpa

Das Gift der deutschen Sondermoral: Mit ihrem Nein zu bewaffneten Drohnen verrennt sich die SPD

Ihre Selbstüberhöhung als „Friedenspartei“ erklärt die SPD Andersdenkende zu Kriegsbefürwortern und isoliert sich in Europa. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Es tut weh, den Niedergang einer großen Partei mitzuerleben. Auf der verzweifelt anmutenden Suche nach mehr Zustimmung verrennt sich die SPD in Haltungen, die sektiererisch wirken und Wähler erst recht vergraulen. Dabei spielen Sachargumente zwar auch eine Rolle. Und über die könnte man wenigstens streiten.

Viel schlimmer aber sind die bombastischen Begründungen, mit denen die linke Parteiführung die ganze SPD als Partner unmöglich macht – in Deutschland und Europa. Wie sollen Demokraten in den Niederlanden, Frankreich, Italien, Polen und anderen EU-Staaten, die eine gemeinsame Sicherheitspolitik anstreben, die SPD noch als Partner betrachten?

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Sie überhöht ihr Nein zu bewaffneten Drohnen mit der Behauptung, als „Friedenspartei“ könne sie nicht anders. Das heißt ja im Umkehrschluss, dass alle, die diese Waffe nicht ebenso kategorisch ablehnen, Kriegsbefürworter sind.

Die Sicherheitspolitiker der Partei warnen vor diesem Weg ins Abseits. Der verteidigungspolitische Sprecher, Fritz Felgentreu, tritt zurück. Die Wehrbeauftragte Eva Högl macht ihrem Unmut Luft. Fraktionschef Rolf Mützenich ignoriert ihren fachlichen Rat, wieder einmal. Ebenso die Vorsitzenden.

Nachbarn nutzen die Waffe bereits oder stehen kurz davor

Der skeptische Reflex, ob man technische Neuerungen mitmachen muss, weil andere es tun, ist berechtigt, zumal in militärischen Fragen. Ebenso die Skepsis, ob Deutschland bei einer „Koalition der Willigen“ dabei sein muss. Das Nein zum Irakkrieg war richtig.

Doch vor Zweierlei müssen sich Deutsche hüten: vor Alleingängen und vor moralischer Selbstüberhöhung. Das Für und Wider bewaffneter Drohnen darf und muss man diskutieren, aber nüchtern und mit validen Argumenten. Nur wenige Staaten Europas haben heute bewaffnete Drohnen. Aber welche andere Regierungspartei erklärt sie zum Übel? Frankreich und Großbritannien nutzen sie bereits. Italien hat Drohnen gekauft mit der Option, sie zu bewaffnen. Ähnlich die Niederlande.

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Die Einwände der SPD sind nicht überzeugend. Es habe kaum Debatten gegeben? Seit einem Jahrzehnt wird intensiv diskutiert. Und: Der Krieg um Berg-Karabach schaffe eine neue Lage? Wenn zutrifft, dass bewaffnete Drohnen ihn entschieden haben, ist das Nein noch fataler. Warum möchte die SPD deutschen Soldaten die Waffe vorenthalten, die angeblich über Sieg oder Niederlage entscheidet? Welcher verantwortliche Dienstherr würde das tun?

Pervers: Wenn Deutsche Anderen erklären, wie man Frieden sichert

In der moralischen Selbstüberhöhung zur „Friedenspartei“ zeigt sich erneut, welches Gift von deutscher Sondermoral ausgeht. Die Nachbarn haben nicht vergessen: Die Deutschen haben zwei Weltkriege begonnen. Es ist pervers, wenn Deutsche anderen Europäern erklären, gerade weil ihre Vorfahren verbrecherisch handelten, wüssten sie besser, was richtig und was falsch sei. Logischer wäre es, sich auf das Urteilsvermögen von Nachbarn zu verlassen, die in Fragen von Recht und Unrecht, Krieg und Frieden nicht so schrecklich geirrt haben wie die Deutschen.

Eine Lehre aus der deutschen Katastrophe lautet: Nie wieder allein! Wenn eine Partei in Deutschland eine Position bezieht, die von den meisten EU-Partnern nicht geteilt wird, liegt die Vermutung nahe, dass sie irrt und nicht die anderen.

Die Neigung, eigenes Unvermögen zu höherer Einsicht umzudeuten

Gewiss ist es denkbar, dass Deutschland auch mal Avantgarde ist und andere früher oder später folgen. Nur: Wo sind die Beispiele dafür, gerade in der Sicherheitspolitik? In der Regel war es schlecht verpackte Arroganz, wenn die Beschränkung deutscher Handlungsfreiheit, die Folge der Niederlage war, zu höherer Einsicht umgedeutet wurde, die anderen Europäern noch versperrt sei.

Nach und nach hat Deutschland unhaltbare Positionen – keine Teilnahme an bewaffneten Einsätzen oder keine Waffenlieferung an die Opfer brutaler Aggression, mit der Folge, dass die sich nicht selbst verteidigen können – korrigiert. Niederländer, Franzosen, Italiener, Polen wollen Frieden nicht weniger als die SPD. Wie man ihn sichert, darüber können Deutsche im Zweifel mehr von ihnen lernen als umgekehrt.

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