Absturz von Germanwings-Flug 4U9525: Lufthansa wusste seit 2009 von Depression des Co-Piloten
Die Lufthansa wusste bereits seit 2009, dass Andreas Lubitz, der Co-Pilot der abgestürzten Germanwings-Maschine, zuvor unter einer "schweren depressiven Episode" gelitten habe. An der Absturzstelle soll zudem ein Video aus der Unglücksmaschine gefunden worden sein.
- Christian Tretbar
- Lutz Haverkamp
- Stephan Haselberger
Der Co-Pilot der abgestürzten Germanwings-Maschine, Andreas Lubitz, hat die Lufthansa bereits im Jahr 2009 als Flugschüler über eine "abgeklungene schwere depressive Episode" informiert. Das teilte das Unternehmen am Dienstag in einer Erklärung mit. Darin heißt es, dass der Konzern der Staatsanwaltschaft Düsseldorf nach weiteren Recherchen zusätzliche Unterlagen übergeben habe, darunter auch der E-Mail-Austausch des Co-Piloten mit der Verkehrsfliegerschule, in dem von der Erkrankung die Rede gewesen sei.
Auf Fragen des Tagesspiegels hatte die Lufthansa am Nachmittag noch anders geantwortet. Auf die Frage, ob der Ausbilder Informationen über die seelische Verfassung von Lubitz hatte, antwortete die Pressestelle der Lufthansa schriftlich: "Dazu liegen uns keine Erkenntnisse vor." Die gleiche Antwort gab es auf die Frage, ob es Gespräche mit Lubitz wegen seiner Ausbildungsunterbrechung gegeben habe. Auf die Frage, mit welcher Begründung die Ausbildung im Jahr 2009 unterbrochen wurde, antwortete die Lufthansa: "Vor sechs Jahren – in der Ausbildung – gab es eine längere Unterbrechung, was nicht unüblich ist. Über die Gründe dürfen und können wir keine Auskunft geben.
Auf erneute Nachfrage am Dienstagabend erklärte Thomas Jachnow, Sprecher der Lufthansa: "Es ändert sich stündlich etwas, wodurch das vorher Gesagte Makulatur wird." Es sei höchst bedauerlich, dass die Antworten auf die Tagesspiegel-Fragen vom Nachmittag nicht korrigiert worden seien. Man habe am Dienstag alle Unterlagen aus eigenem Antrieb durchgesehen. "Das war ein detektivisches Vorgehen." Dabei sei zutage gekommen, dass Lubitz vor Wiederaufnahme seiner Ausbildung 2009 die Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen per E-Mail über die abgeklungene Depression informiert habe. Ob es eine Antwort der Fliegerschule auf die Mitteilung von Lubitz gegeben habe, wollte der Sprecher nicht kommentieren. Auch die Frage, ob die Lufthansa den kompletten E-Mail-Verkehr von Lubitz überprüft habe, wollte Jachnow nicht beantworten. Für weitere inhaltliche Angaben zum Fall Lubitz verwies Jachnow auf die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft.
Berichte über gefundenes Video
Medienberichten zufolge soll ein Video aus der Germanwings-Unglücksmaschine Bilder aus den letzten Sekunden des Flugs 4U9525 zeigen. "Bild" und das französische Magazin "Paris Match" berichteten am Dienstagabend, Mitarbeiter hätten die Sequenz ansehen können. Das Video sei am Unglücksort von einer Person gefunden worden, die zum Kreis der Ermittler gehöre. Es belege, dass die Passagiere an Bord gewusst hätten, in welch verzweifelter Lage sie sich befanden. In mehreren Sprachen sei der Ausruf "Mein Gott" zu hören. Der Zeitung zufolge ist die Szenerie an Bord chaotisch und völlig verwackelt, einzelne Personen seien nicht identifizierbar. Die Echtheit des Videos sei unzweifelhaft.
Der Marseiller Staatsanwalt Brice Robin sagte auf Anfrage der Deutschen-Presse-Agentur, er wisse nichts von einem solchen Fund. Es seien eine Reihe von Handys gefunden worden, die noch ausgewertet würden. Sie seien aufgrund des Aufpralls aber in einem sehr schlechten Zustand. "Ich weiß nicht, ob sie ausgewertet werden können." Er sei noch zwei Stunden zuvor vor Ort gewesen - da sei von einem solchen Video nichts bekannt gewesen, sagte Robin.
Alle Leichen geborgen
Am Absturzort der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen haben die Ermittler die Bergung der Leichen unterdessen beendet. Es gebe keine Leichen mehr am Absturzort, teilte die Gendarmerie am Dienstagabend in Seyne-les-Alpes mit. Am Mittwoch würden Einsatzkräfte zu dem Ort aufsteigen, um die persönlichen Gegenstände einzusammeln.
In der von dem Absturz besonders betroffenen Stadt Haltern wollen die Menschen am Mittwoch zu einem öffentlichen Gottesdienst zusammenkommen. Die Pfarrer der katholischen und der evangelischen Kirche sowie Bürgermeister Bodo Klimpel haben für 17.00 Uhr in die St.-Sixtus-Kirche eingeladen. Es werden viele Teilnehmer erwartet, deshalb wird der Gottesdienst über Lautsprecher auch nach draußen übertragen. Unter den Opfern der Tragödie sind 16 Schüler und zwei Lehrerinnen eines Halterner Gymnasiums. (mit AFP/dpa)