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Auf Halbmast. Die nordrheinwestfälische Stadt Haltern steht unter Schock.
© AFP

Nach dem Flugzeugabsturz: Haltern hält den Atem an

Der Tag danach. In Haltern regieren Schock und Entsetzen. Impressionen aus einer Stadt unter Schock.

Mittwochmittag. Das Wetter in der Stadt hat sich an die Stimmung angepasst. Wolken stehen tief über den Häusern, ein paar Tropfen Regen fallen vom Himmel. Einige Geschäfte im mittelalterlichen Stadtkern zeigen ihre Trauer. Zettel kleben an Schaufenstern, „Es ist so schwer Worte zu finden“, ist auf einem zu lesen. Vor einem Modegeschäft steht eine weiße Kerze, auf einem Trauerflor ist die Nummer des Unglücksflugs zu lesen.

Notfallseelsorger sind in der Stadt unterwegs, in zwei Teams laufen Sie durch die Straßen. Josef Schlierkamp ist einer von ihnen. Der Rentner kommt aus Waltrop, das wie Haltern im Kreis Recklinghausen liegt. Er und über 50 weitere Notfallseelsorger sind im ehrenamtlichen Einsatz. Schlierkamp ist eine Laie, wurde aber mehrere Monate psychologisch und theologisch geschult. „Für die Bibel ist es zu früh“, sagt er. Im Moment sei es wichtig den Schülern beizustehen. „Ich versuche die Leute zum Sprechen zu bekommen, das ist wichtig für die Verarbeitung“ ist sich Schlierkamp sicher. Der Rentner ist der Meinung, dass in Haltern gut mit der Katastrophe umgegangen werde: „Es ist viel Solidarität in der Stadt zu spüren, die Menschen rücken zusammen.“

Solidarität ist nicht nur in der Stadt zu spüren, sondern auch darüber hinaus. Die Notfallseelsorger kommen aus weiten Teilen Nordrhein-Westfalens, und auch die Stadt wird auf vielen Ebenen unterstützt. Wolfgang Kissky ist technischer Beigeordneter der Stadt Haltern. Er erzählt, dass Mitarbeiter aus anderen Städten des Kreises in Haltern aushelfen. Für die Betreuung von Presseanfragen habe man Unterstützung aus Dülmen und Recklinghausen bekommen.

Kirchen als Ort der Trauer

Im Stadtzentrum vor der Sixtus Kirche sitzen Grundschüler auf einem Brunnen, sie balgen miteinander und essen trotz des trüben Wetters Eis. Die Kinder scheinen noch zu jung, um zu begreifen, was gerade mit ihrer Stadt passiert ist. In der Sixtus Kirche ist das Bild auch ein ganz anderes, um eine Christus-Statue stehen Kerzen und Blumen. In zwei Kondolenzbüchern schreiben die Halterner ihre Trauer auf. Die Kirche ist an diesem Tag nicht leer, immer wieder kommen Bürger in kleinen Gruppen an, sitzen in der Stille oder entzünden eine Kerze.

Am Vormittag hat auch die evangelische Erlöserkirche ihre Türen geöffnet. Auch hier ein ähnliches Bild wie in der Sixtus Kirche. Kerzen stehen vor dem Altar, ein Kondolenzbuch liegt bereit. Pfarrer Bastian Basse steht vor der Tür und empfängt die Trauernden. Basse ist ein groß gewachsener Mann, knapp über 30. Er spricht sehr leise und zögerlich, kämpft mit den Tränen. Seit eineinhalb Jahren ist er Pfarrer in Haltern. „Meine beiden Kollegen sind in der Schule“, sagt der junge Geistliche. „Wir versuchen hier auch einen Ort der Trauer anzubieten, zu helfen das Geschehene zu verarbeiten.“ Pfarrer Basse ist sichtlich unwohl, auf eine Katastrophe wie diese konnte ihn seine Ausbildung nicht vorbereiten.

Sebastian Weiermann

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