Ewige Sommerzeit in der EU?: Juncker will Zeitumstellung abschaffen
In einer EU-Umfrage mit Millionen Teilnehmern stimmte eine Mehrheit für ein Ende der Zeitumstellung. Jetzt will die EU-Kommission die Abschaffung beschließen. Auch Merkel begrüßt das.
Nach dem deutlichen Ergebnis der Umfrage zur Zeitumstellung will die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zur Abschaffung des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit vorlegen. Das teilte die Brüsseler Behörde am Freitag mit. „Millionen Europäer haben die öffentliche Konsultation genutzt, um sich Gehör zu verschaffen. Die Botschaft ist sehr deutlich“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Violeta Bulc.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte zuvor angekündigt, die Zeitumstellung in der EU zwischen Winter- und Sommerzeit zu kippen. Nachdem die übergroße Mehrheit der Bürger in der Union sich dafür ausgesprochen habe, die Umstellung wieder abzuschaffen, werde das nun auch gemacht, kündigte Juncker am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin" an: „Die Menschen wollen das, wir machen das.“
Er werde in der Kommission für die Abschaffung werben, sagte Juncker. "Das werden wir heute beschließen", erklärte er mit Blick auf die laufende Kommissionsklausur. Es wäre sinnlos, die Menschen erst zu einem Thema zu befragen, und dann, wenn es einem nicht passe, dem nicht zu folgen. Bei einer EU-weiten Online-Umfrage hatten sich nach offiziellen Angaben 84 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer für eine Abschaffung ausgesprochen. In Deutschland lag der Anteil genauso hoch wie im EU-Durchschnitt.
Merkel befürwortet Abschaffung
Einen Termin für den Gesetzesvorschlag nannte Bulc am Freitag nicht. Sie sagte jedoch, wenn Europaparlament und EU-Staaten dem zustimmten, könnte die Entscheidung schon im kommenden Jahr fallen - und die Zeitumstellung 2020 oder 2021 passé sein. Anschließend könnten die einzelnen Länder selbst entscheiden, ob sie dauerhaft die Winter- oder die Sommerzeit einführen wollen.
Nach der EU-Kommission hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für eine Abschaffung des halbjährlichen Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit ausgesprochen. „Ich persönlich hätte jedenfalls dafür eine sehr hohe Priorität“, sagte Merkel am Freitag zum Abschluss ihrer dreitägigen Westafrikareise nach einem Treffen mit dem nigerianischen Präsidenten Muhammadu Buhari in der Hauptstadt Abuja.
Es hätten sich in Europa noch nie so viele Menschen an einer Online-Abstimmung beteiligt, begründete Merkel ihre Haltung. Dabei habe die überwältigende Mehrheit dafür plädiert, die Sommerzeit zu behalten. Wenn es ein solches Umfrageergebnis gebe, „sollte vielleicht auch etwas daraus folgen“, sagte die Kanzlerin und ergänzte: „Ich freue mich, wenn die Kommission dieses Votum ernst nimmt.“
Sommerzeit 1980 eingeführt
Die EU-Kommission hatte im Juli die Online-Umfrage von Bürgern, Unternehmen und Verbänden gestartet, um sich ein Bild zur Unterstützung oder Ablehnung der Regelung zu verschaffen. Das Europaparlament hatte im Februar eine Überprüfung durch die Kommission gefordert. Dabei wurde auch auf Studien verwiesen, wonach die Sommerzeit "negative Folgen für die Gesundheit der Menschen" haben könne.
Die Sommerzeit wurde aus Gründen der Energieeinsparung in Deutschland 1980 eingeführt, in anderen Mitgliedstaaten schon deutlich früher. Seit 2002 ist die Umstellung EU-weit einheitlich geregelt, um Probleme durch unterschiedliche Uhrzeiten im Gütertransport oder bei Flug- oder Bahnverbindungen zu vermeiden. Die Uhren werden dabei immer am letzten Sonntag im März vor und am letzten Sonntag im Oktober wieder zurückgestellt. (Reuters, AFP, dpa)