Mafia legt Feuer: Italien kämpft mit verheerenden Waldbränden
Seit Tagen wüten im Land Großfeuer. Begünstig werden die Flammen durch Hitze und Trockenheit.
An den Abhängen des Vesuvs wüten seit Tagen gleich mehrere große Waldbrände; die Feuerfront war bis zu zwei Kilometer lang. Wegen der hunderte Meter hohen Rauchwolke sah es zeitweise so aus, als wäre der Vulkan, der einst Pompeji zerstört hatte, wieder ausgebrochen. In Sizilien, wo allein am Mittwoch 125 Waldbrände gezählt worden sind, wurde ein Ferienresort am Meer von den Flammen eingeschlossen: 600 Gäste mussten mit Schlauch- und Fischerbooten in Sicherheit gebracht werden.
„Es ist der verheerendste Sommer, den wir je erlebt haben“, sagt Luigi D’Angelo, Chef der Einsatzzentrale beim nationalen Zivilschutz. Seit Mitte Juni habe man schon 430 Einsätze mit Löschflugzeugen und Hubschraubern geflogen, am Montag an einem einzigen Tag 47. Im Jahr 2007, dem bisher schlimmsten Jahr, seien es zwei Drittel weniger gewesen. Die meisten Waldbrände wüten in den südlichen Regionen Sizilien, Kalabrien, Apulien und Kampanien, aber auch die Hauptstadtregion Latium, Sardinien und die Toskana sind stark betroffen.
Begünstigt wird die Ausbreitung der Waldbrände durch hohe Temperaturen und die seit Monaten anhaltende Trockenheit. In einigen Teilen Kampaniens ist im vergangenen Herbst zum letzten Mal Regen gefallen; aber auch in Norditalien ist die Situation weiterhin dramatisch: Der größte Fluss Italiens, der Po, hat einen rekordtiefen Pegelstand erreicht.
Städte und Gemeinden haben das Trinkwasser rationiert
Die Landwirtschaft meldete wegen der extremen Trockenheit schon im Juni Milliardenschäden. Zahlreiche Städte und Gemeinden haben das Trinkwasser rationiert – in der Regel fließt von Mitternacht bis morgens um 5 Uhr kein Wasser mehr aus den Hahnen.
Die Ursache für die Waldbrände ist aber nicht die Trockenheit: Mehr als die Hälfte aller Waldbrände in Italien werden mutwillig gelegt, die übrigen durch grobe Unvorsichtigkeit und Dummheit verursacht, so die offizielle Einschätzung. Vor allem in Sizilien und Kampanien ist es aber auch die Mafia, welche bei den Waldbränden Regie führt. „Alle Waldbrände am Vesuv sind von der Camorra gelegt worden“, sagt der Bestsellerautor und Mafia-Experte Roberto Saviano.
Denn an den Hängen des Vulkans habe die Camorra hunderte von illegalen Mülldeponien angelegt. Wenn sie diese anzünden und das Feuer sich in die Wälder ausbreitet, dann profitierten die Clans gleich doppelt: In den illegalen Deponien sei danach wieder Platz für neuen Müll, und mit den Waldbränden demonstriere sie, dass sie den Staat in Schach halten können, sagt Saviano.