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Nicht eingeladen: Karoline Linnert darf nicht zum Eiswettfest.
© Carmen Jaspersein/dpa/AFP

Konflikt in Hansestadt: Frauen nicht erwünscht

Weil der Bremer Bürgermeister nicht da war, sollte seine Stellvertreterin bei einer Spendenveranstaltung einspringen. Aber sie wurde nicht eingeladen.

Die Hansestadt Bremen ist reich an Traditionen. Eine der längsten ist das Eiswettfest. Der Ablauf ist seit 190 Jahren unverändert: Jedes Jahr wird gewettet, ob „de Werser geiht or steiht“ – also wann die Weser zufriert. Hunderte Männer kommen in Frack und Fliege für das Fest zusammen, es gibt Kohl und Pinkel, dazu einen eigenen Wein. Es ist ein elitärer Kreis, der Ablauf minutiös durchgeplant. Viele namhafte Vertreter aus Politik und Wirtschaft kommen. So war dieses Jahr FDP-Chef Christian Lindner dabei, der Chef der Deutschen Börse, Theodor Weimer, hielt eine Rede. Ziel ist es, Spenden für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu sammeln.

Einer konnte jedoch nicht kommen: Bremens Regierungschef Carsten Sieling. Der SPD-Politiker war verhindert, weil er an der Trauerfeier für Danzigs Bürgermeister Pawel Adamowicz teilnahm. Laut Protokoll hätte Karoline Linnert (Grüne) als Stellvertreterin nachrücken müssen. Doch sie erhielt keine Einladung – weil sie eine Frau ist und traditionell nur Männer eingeladen werden.

Aus Protest sagte der Innensenator seine Teilnahme ab

Aus Protest sagte der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) daraufhin kurzerhand seine Teilnahme ab. „Richtig so!“, sagte Shantha Chaudhuri von der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF). „Bremen ist eine moderne Stadt. Die Veranstalter hätten ein Zeichen setzen können.“ Laut Chaudhuri gibt es schon länger Gespräche über eine Gegenveranstaltung. „Das wäre ein gutes Signal, ähnlich wie wir es beim Schaffermahl gemacht haben.“ Die Schaffermahlzeit ist eine ähnliche streng reglementierte Veranstaltung wie die Eiswette. Frauen waren auch hier lange Zeit nicht erwünscht. Die ASF rief daher das Schafferinnenmahl ins Leben, ein Forum für frauenpolitische Themen. Zuletzt war Andrea Nahles zu Gast.

SPD-Politikerin Sascha Karolin Aulepp demonstrierte am Samstag vor dem Kongresszentrum, wo das Festessen stattfand. Die Veranstaltung sei „frauenfeindlich und antiquarisch“, sagte sie. Einige Demonstrantinnen hätten „Wir wollen rein“ gerufen, daran habe sie sich aber nicht beteiligt. „Auf so eine Pinguinveranstaltung habe ich wenig Lust.“ Sie wünscht sich, dass die Verantwortlichen endlich im 21. Jahrhundert ankommen. „Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben.“ Angesichts der Äußerungen des Eiswett-Präsidenten Patrick Wendisch sei diese aber nicht groß. Dieser hatte die Debatte als „Gendergaga“ bezeichnet und den „Herrenclub“ verteidigt. „Jeder blamiert sich so wie er kann“, sagte Sascha Karolin Aulepp.

Bremens Grüne will das Thema ins Landesparlament bringen

Mit einem Antrag in der Bremischen Bürgerschaft möchten die Grünen nun erreichen, dass künftig weder der Bremer Regierungschef noch offizielle Vertreter des Bremer Senats und des Magistrats der Stadt Bremerhaven am Eiswettfest teilnehmen. Dem Antrag müsse die SPD noch zustimmen, sagte der Sprecher der Grünen, Matthias Makosch.

Die SPD berät sich noch, sieht sich aber nah beim Koalitionspartner und will das Thema voraussichtlich im Februar ins Parlament bringen. Bei staatlicher Repräsentanz könne die Tür nicht einfach verschlossen bleiben, sagte der Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Koch. Allerdings sei die Frage, ob man dem Eiswettverein vorschreiben könne, wen er auf die Gästeliste setzt. Bereits 2013 verabschiedete das Landesparlament mit deutlicher Mehrheit eine Forderung, künftig auch Frauen zuzulassen.

Patrick Reichelt

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