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Um ein Drittel würden Eisberge beim Transport schmelzen, schätzen Experten.
© picture-alliance/ dpa

Plan eines südafrikanischen Experten: Eisberge aus Antarktis sollen Wasserkrise in Kapstadt lösen

Kapstadt droht das Wasser auszugehen. Ein renommierter Schifffahrtexperte sieht die Lösung 3000 Kilometer von Südafrika entfernt – in der Antarktis.

Die Landwirtschaft leidet, die Bewohner sparen jeden möglichen Tropfen Wasser. Die Region um Kapstadt kämpft mit einer Jahrhundertdürre. Jetzt könnte die außergewöhnlich lange Trockenperiode mit ebenso außergewöhnlichen Mitteln bekämpft werden: Mithilfe von Eisbergen aus der Antarktis.

Diese könnten die südafrikanische Tourismusmetropole kostensparend mit Frischwasser versorgen, ist der renommierte südafrikanische Schifffahrtexperte Nicholas Sloane überzeugt. „Die Leute denken immer noch, die Idee sei verrückt. Aber in letzter Zeit wird diese Lösung immer öfter diskutiert und es setzt langsam ein Umdenken ein“, sagte Sloane.

Nicholas Sloane leitete die Bergung der Costa Concordia

Er gilt als Pionier auf dem Gebiet der Schifffahrtlogistik und -bergung. 2013 sorgte der Südafrikaner international für Schlagzeilen, als er die Bergung der Costa Concordia leitete. Das Kreuzfahrtschiff war im Jahr zuvor im Mittelmeer auf Grund gelaufen.

Experten gaben Sloane nun Recht, dass die Überfahrt von Eisbergen von südpolaren Inseln nach Südafrika nicht nur machbar, sondern auch kostensparender wäre als derzeitige Methoden der Dürrebekämpfung. Aktuell investiert die Stadt in Entsalzungsanlagen an den Küsten. Sie gelten als eine der kostspieligsten Methoden der Trinkwassergewinnung.

Sloan will einen Eisberg von 200 bis 250 Meter Durchmesser mit einem Netz eingefangen und anschließend mithilfe eines Tankerschiffs knapp 3000 Kilometer an Südafrikas Westküste überführt. Experten, die an dem Projekt beteiligt sind, schätzen, dass bei der Überfahrt nur ein Drittel des Eisbrockens schmelzen würde.

Der Eisbrocken soll geplant auf Grund laufen

Sloane zufolge arbeiteten neben Gletscherforschern auch Ozeanografen, Satellitentechniker und Marineingenieure an dem Projekt. Sie wären dafür verantwortlich, den Tanker, der eineinhalb Kilometer hinter sich den Eisberg schleppt, nach Cape Columbine zu navigieren.

Das Naturschutzreservat zwei Stunden nördlich von Kapstadt hält genau den richtigen Küstenboden für den Eisberg bereit: 40 Kilometer vor dem Festland würde der gefrorene Brocken auf Grund laufen und sich mit seinem tiefen Rumpf selbst verankern, soweit der Plan.

Der südafrikanische Bergungsspezialist Nicholas Sloane ist von seiner Idee überzeugt.
Der südafrikanische Bergungsspezialist Nicholas Sloane ist von seiner Idee überzeugt.
© Carsten Rehder/picture alliance /dpa

Wie melkt man nun einen Eisberg? Darüber sind sich die Wissenschaftler uneinig. Denkbar wäre eine Technik, die auch beim Tagbau in Bergwerken eingesetzt wird. Die Eisoberfläche würde dabei von Maschinen aufgebrochen oder abgekratzt und das Schmelzwasser anschließend an Land gepumpt.

„Wir sind an einem Punkt, an dem wir das Projekt Mitte Mai in Angriff nehmen könnten“, bestätigte Sloane. Allerdings müsse er noch Überzeugungsarbeit leisten bei den Politikern in Kapstadt. Die Millionenmetropole erlebt derzeit die schlimmste Dürre seit mehr als 100 Jahren. Die Landwirtschaft rechnet mit großen Einbußen. Mehrmals drohte die Stadtverwaltung dieses Jahr, die Trinkwasserversorgung abzustellen.

Längst sind Autowaschen, Gartengießen und das Nachfüllen von Pools verboten. Im Bestreben, „Day Zero“ zu verhindern, den Tag, an dem die Leitungen zugedreht werden, sind Touristen und Kapstädter dazu aufgerufen, nicht mehr als 50 Liter am Tag zu verbrauchen. In Deutschland liegt der tägliche Wasserverbrauch pro Kopf bei 121 Litern.

Mehrfach wurde der Day Zero verschoben

Vielerorts hat eine Bewusstseinsänderung eingesetzt über eine Ressource, die früher endlos schien. Das liegt neben Aufklärungskampagnen auch an teils hohen Strafen für Wassersünder und höheren Wasserpreisen. „Wenn du für etwas keinen Cent zahlen musst, nutzt du es schamlos aus“, sagt Patricia Peters, Bewohnerin des Townships Manenberg. Doch die Krise habe an dieser Denkweise gerüttelt. Sie hat drei Viertel ihres Wasserkonsums eingespart.

Anwohner stehen in Kapstadt mit Gallonen für Wasser an.
Anwohner stehen in Kapstadt mit Gallonen für Wasser an.
© picture alliance / -/kyodo/dpa

Mehrmals wurde Day Zero dieses Jahr bereits verschoben. Einige Kapstädter witterten daraufhin Betrug: Day Zero sei ein perfider Schwindel der Regierung, um an Steuergeld heranzukommen.

Doch Klimaforscher der Universität Kapstadt warnten diese Woche, dass die Metropole zumindest vier Monate überdurchschnittlichen Regens brauche, um die Staudämme ausreichend für den nächsten Sommer aufzufüllen. Die Chance dafür schätzen sie allerdings auf fünf Prozent. Ihnen zufolge droht tatsächlich, 2019 der letzte Tropfen durch die Rohre zu fließen.

Investoren warten auf Genehmigung der Verwaltung

Die Stadtregierung hat begonnen, Brunnen an strategisch wichtigen Punkten wie Krankenhäusern zu graben und Quellen um den Tafelberg anzuzapfen. Doch auch mit zusätzlichem Wasser aus den Entsalzungsanlagen würden all die Notlösungen noch 100 Millionen Liter weniger liefern, als die Einwohner und Touristen in Kapstadt täglich verbrauchen. Hier will Sloane mit seinem Eisberg einspringen: „Er könnte 130 bis 150 Millionen Liter pro Tag liefern – und das über ein ganzes Jahr.“

Ihm zufolge würden durch das Eisberg-Projekt keine Mehrkosten für die dürregeplagten Kapstädter entstehen. Im Gegenteil: Sie würden teure Entsalzungsanlagen überflüssig machen und könnten so den geplanten Erhöhungen der Wasserkosten entgegenwirken. „Wir wollen nicht, dass die Stadtregierung unser Projekt finanziert, sie müsste einzig die Transportkosten für das Wasser zahlen“, sagt der Marineexperte. „Vielmehr geht es uns darum, dass die Stadtverwaltung grünes Licht gibt. Investoren benötigen nur diese Zusage, um aufzuspringen.“

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