„Lucky Luke - Ein Cowboy in Paris“: Ein Cowboy im Kulturschock
Erstmals in seiner mehr als 70-jährigen Geschichte reist Lucky Luke nach Europa. Der Gegenspieler im neuen Abenteuer erinnert an einen bekannten Politiker.
Er will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, schimpft auf die Lügenpresse und kämpft mit illegalen Tricks gegen Konkurrenten: Im neuen Lucky-Luke-Album trifft der Comic-Cowboy auf einen Gegenspieler, der einem bekannt vorkommt. Auch wenn der Bösewicht in diesem Fall Abraham Locker heißt, Gefängnisdirektor ist und mit seinem Schnäuzer und der schwarzen Haarlocke zumindest äußerlich keine Ähnlichkeiten mit einem gewissen US-Präsidenten aufweist.
„Lucky Luke ist immer in der Gegenwart verankert“, sagt der Autor des neuen Albums, der französische Schriftsteller Julien Lucien Berjeaut (44) alias Jul, der vor ein paar Tagen in Berlin zu Besuch war. Gemeinsam mit Hervé Darmenton (57) alias Achdé, der seit 18Jahren die Lucky–Luke-Alben zeichnet, warb er für ihr zeitgleich in Frankreich veröffentlichtes Werk „ Ein Cowboy in Paris“.
Die Anspielung auf Donald Trump solle man aber nicht überbewerten, sagt Achdé: „Es ging uns eher darum, den ewigen Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit zu thematisieren.“
Klischees wie aus der Kolonialzeit
So ist das eben bei dem französischen Zeichner-Autoren-Duo, das die inzwischen 72-jährige Western-Persiflage des Belgiers Morris fortschreibt und behutsam modernisiert: Es gibt ungezählte Anspielungen auf die reale Welt, aber die meisten sind so spielerisch und mehrdeutig, dass man die Geschichte auf vielen Ebenen lesen kann: Als aktuellen politischen Kommentar, als zeitlose Ode an die Freiheit, als historische Abenteuergeschichte, oder einfach als großen Spaß, der zeigt, wie man einen Comic-Klassiker behutsam modernisiert, ohne ihn grundlegend zu verändern.
Wobei die Modernisierung in diesem Fall mit der Übernahme einiger antiquierter Elemente einhergeht, die im 21. Jahrhundert unangenehm deplatziert wirken. So reduzieren Jul und Achdé die Ureinwohner Nordamerikas, von denen einige Lucky Luke auf seinem Abenteuer begegnen, auf das Stereotyp der wilden Marterpfahltänzer und Skalpjäger. Und ein in den USA lebender Chinese wird mit langem Zopf, Kegelhut und gelber Haut so klischeehaft dargestellt, wie man es aus den rassistischen Karikaturen der Kolonialzeit kennt.
Das wäre nicht nötig gewesen, zumal Achdé, der die Serie seit dem Tod des Lucky-Luke-Erfinders Morris 2001 im klassischen Stil weiterzeichnet, und Jul, der zum zweiten Mal als Autor dabei ist, ansonsten viel Fingerspitzengefühl dafür beweisen, wie man Tradition und Moderne zusammenbringt.
Das fängt schon bei der Themenwahl an. Denn in „Ein Cowboy in Paris“ verschlägt es Lucky Luke erstmals nach Europa, was Achdé ausführliche Gelegenheit gibt, das Paris des späten 19. Jahrhunderts lebendig werden zu lassen. „Paris ist die dritte Hauptfigur unseres Albums“, sagt Jul. „Es war damals ein sehr romantischer Ort, ein Ort der Literatur und der Kunst.“ Es habe ihn gereizt, den „Kulturschock“ zu beschreiben, den der Besuch eines Cowboys aus der fernen Prärie in so einer Stadt bedeute.
„Zeichnerisch war das eine sehr große Herausforderung“, ergänzt Achdé. „Das Problem war, dass es aus jener Zeit nur wenige Fotos gibt, die die Stadt so zeigten, wie wir sie für unsere Erzählung brauchten – vor allem aber gab es keine Zeichnungen von Morris, die als Vorbild dienen könnten.“
„Die Leiden des jungen Wärters“
Wieso der schlaksige Cowboy sich überhaupt auf die beschwerliche Seefahrt nach Europa begibt? Lucky Luke hat sich zuvor im Wilden Westen als Beschützer von Auguste Bartholdi bewährt, dem aus Frankreich angereisten Konstrukteur der Freiheitsstatue. Nach dessen erfolgreicher Werbetour durch Nordamerika wird der schlagfertige Cowboy engagiert, um die Fertigstellung der Freiheitsstatue – ein Geschenk Frankreichs an die Bevölkerung Amerikas – in Europa abzusichern. Denn der anfangs erwähnte Gefängnisdirektor will das geplante Denkmal für die Freiheit in Manhattan mit allen Mitteln verhindern und stattdessen an derselben Stelle ein riesiges Gefängnis errichten.
Mit viel Liebe zum Detail verbinden Jul und Achdé historische Fakten, reale Figuren und freidrehende Phantasie zu einer humorvollen Mischung. Da tauchen neben bekannten Lucky-Luke-Weggefährten wie den Daltons auch Gustave Eiffel und Victor Hugo auf, man entdeckt Flauberts Madame Bovary, Hitchcock- und Tim-und-Struppi-Zitate, Anspielungen auf kulturelle, politische und wissenschaftliche Diskurse.
In der deutschen Übersetzung, die von dem auch für Asterix zuständigen Übersetzer Klaus Jöken geleistet wird, finden sich weitere Anspielungen fürs deutsche Publikum, von Marius Müller-Westernhagen bis Goethe. Bei dem hat sich Jöken bedient, um die Memoiren des Gefängnisdirektors zu betiteln: „Die Leiden des jungen Wärters“.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität