Mindestens fünf Jahre geschlossen: Die Zukunft von Notre-Dame zeichnet sich ab
Fast eine Milliarde Euro Spenden sind für den Wiederaufbau versprochen. Doch der wird eine Herausforderung - nicht nur wegen der langen Schließzeit.
Ein über 850 Jahre altes Bauwerk wieder aufzubauen, braucht Zeit. Die Kathedrale Notre-Dame bleibt nach dem Großbrand voraussichtlich für fünf bis sechs Jahre geschlossen. Bischof Patrick Chauvet erklärte in Paris, dass die weltberühmte Kathedrale in dieser Zeit nicht zugänglich sein werde. Das berichten mehrere Medien. Grund dafür sei, dass bei dem schweren Brand am Montag ein Teil des Gewölbes zerstört wurde.
Bereits kurz nach dem Ausbruch des Feuers hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron versprochen, das Jahrhunderte alte Bauwerk wieder aufzubauen. In einer Fernsehansprache am Dienstag kündigte er an, dass dies binnen fünf Jahren passieren solle. Er nannte die Franzosen ein „Volk von Baumeistern“. Macron fügte hinzu: „Im Laufe unserer Geschichte haben wir Städte, Häfen und Kirchen gebaut. Viele sind verbrannt oder zerstört worden (...). Jedes Mal haben wir sie wieder aufgebaut.“
Schnell kam in Frankreich die Frage nach den Kosten für dieses gewaltige Projekt auf – und wer diese trägt. Die Kathedrale sei im staatlichen Besitz und somit nicht im herkömmlichen Sinne versichert, berichtete die Zeitung „Le Monde“ unter Berufung auf den französischen Versicherungsverband. Der Staat sei in diesem Falle sein eigener Versicherer. Zwar, so schrieb die Zeitung weiter unter Berufung auf einen Experten, seien viele Gebäude wie etwa der Eiffelturm auf Teilschäden versichert. Die Schadensdeckung liege aber deutlich unter den maximalen Kosten, die ein Schaden verursachen könne. Außerdem wären die zu zahlenden Versicherungsprämien für derartige Kulturdenkmäler exorbitant hoch.
Mittlerweile sind schon mehr als 800 Millionen Euro an Spenden für den Wiederaufbau zusammengekommen. Nach den Worten von Premier Edouard Philippe sollen vier Organisationen mit der nationalen Spendenaktion betraut werden, unter anderem die Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine. Bei ihr gingen nach Angaben auf ihrer Facebook-Seite bereits mehr als 130.000 Euro ein, darunter allein 100.000 Euro durch den Ölkonzern Total. Der Großteil der Spenden kam aber von französischen Milliardären und Großunternehmen.
Nach Kritik an den Großspenden will die Regierung die Absetzbarkeit von der Steuer neu regeln: Nach den Worten Philippes sollen Spenden bis 1000 Euro zu 75 Prozent absetzbar sein, höhere jedoch nur zu 66 Prozent.
Damit Notre-Dame in einigen Jahren wieder strahlen kann, sollen Architekten aus aller Welt am Wiederaufbau beteiligt werden: Die französische Regierung kündigte am Mittwoch einen internationalen Wettbewerb für den Spitzturm an. Der mehr als 90 Meter hohe Turm war bei dem Brand am Montagabend eingestürzt. Der neue Turm solle "den Techniken und Herausforderungen unserer Epoche angemessen" sein, sagte Edouard Philippe nach einer Kabinettssitzung, die ausschließlich dem Wiederaufbau der Kathedrale gewidmet war.
Die Struktur des Gebäudes ist trotz Schwachstellen weiterhin stabil. Dem französischen Innenstaatssekretär Laurent Nuñez zufolge ist die Kathedrale nur knapp einer vollständigen Zerstörung entgangen. "Unter Einsatz ihres Lebens haben die Feuerwehrleute das Feuer in den Türmen von Notre-Dame bekämpft. "15 Minuten länger und der Bau wäre verloren gewesen", schrieb Nuñez auf Twitter.
Präsident Macron berief für Mittwochnachmittag um 16 Uhr eine Sondersitzung mit Kulturexperten und Politikern zum Wiederaufbau von Notre-Dame ein. Daran nehmen unter anderem die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo teil sowie die Chefin der internationalen Kulturorganisation Unesco, Audrey Azoulay. (Tsp, dpa, AFP)