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Ein Screenshot aus einem von der Polizei Sachsen veröffentlichten Überwachungsvideo zeigt den Einbruch im Grünen Gewölbe.
© dpa/Polizei Sachsen
Update

Grünes Gewölbe in Dresden: Die Täter kamen mit der Axt

Zwei Unbekannte brechen ins Grüne Gewölbe in Dresden ein und rauben wertvolle Kunstschätze. Es geht um „Sachsens Staatsschatz des 18. Jahrhunderts“.

Bei dem Einbruch am Montagmorgen in Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe sind drei Diamantengarnituren aus dem historischen Teil der wertvollen Sammlung entwendet worden. Nach Angaben der Polizei drangen zwei Täter durch ein Fenster ein, durchtrennten ein Gitter und schlugen das Fenster ein. Auf Videoaufnahmen ist demnach zu sehen, wie beide dann zielsicher auf eine Vitrine zugehen und deren Scheibe zertrümmern.

Die Polizei Sachsen veröffentlichte auf Twitter einige der gestohlenen Exponate.
Die Polizei Sachsen veröffentlichte auf Twitter einige der gestohlenen Exponate.
© Polizei Sachsen

Es seien eine Brillantengarnitur und zwei Diamantengarnituren aus einer Vitrine gestohlen worden, sagte die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen, Marion Ackermann, am Montagmittag bei einer ersten Pressekonferenz vor Journalisten.

Es handelt sich bei den Garnituren um den „sächsischen Staatsschatz des 18. Jahrhunderts“, so Ackermann. Die Schadenshöhe blieb zunächst unklar. Für die Schäden haftet der Freistaat, eine eigene Versicherung gibt es nicht. Am Abend wurde bekannt, dass nicht alle Teile der betroffenen Garnituren entwendet wurden. Nachdem der Tatort nochmal untersucht worden sei, sei klar, „dass zum Glück doch eine ganze Menge Objekte noch da sind“, sagte Ackermann im rbb-Interview von radioeins.

Einige der Sicherheitsvorkehrungen erfüllten offenbar ihren Zweck. „Aus der einen Vitrine mit drei Garnituren sind noch relativ viele Werke verblieben“, sagte Ackermann, am Montagabend im ZDF. „Die Täter konnten nicht alles mitnehmen, weil alle Objekte auch einzeln befestigt waren, sie waren mit Stichen vernäht mit dem Untergrund.“

Ackermann sprach von einem „sehr komplexen“ Sicherheitssystem im Residenzschloss. „Es sind mehrere Alarme ausgelöst worden, beim Einbruch selbst, durch die Bewegungsmelder im Raum, beim Aufbrechen der Vitrine und die Polizei ist beim ersten Alarm informiert worden“, sagte die Museumschefin. Das Sicherheitskonzept werde nun erneut gecheckt. „Es muss sicher geprüft werden, wie die Sicherheit noch gesteigert werden kann.“

Die Kriminalpolizei ist vor Ort, zu dem spektakulären Einbruch ist eine Sonderkommission mit zehn Ermittlern gegründet worden. Der "Einbruchsdiebstahl ist etwas ganz besonderes für uns", sagte Jörg Kubiessa, Leiter der Polizeidirektion Dresden, bei einer Pressekonferenz am Montagmittag. Die Sonderkommission unter dem Titel „Epaulette“ wurde am Nachmittag auf 20 Beamte verdoppelt.

Zudem hat Kubiessa erste Angaben zum zeitlichen Vorgehen der Polizei gemacht. Demnach ist vom Sicherheitsdienst um 4:59 Uhr am Montagmorgen ein erster Notruf im Führungs- und Lagezentrum der Polizei Dresden eingegangen, dass es zu einer Einbruchshandlung gekommen ist. Zum Zeitpunkt des Diebstahls seien zwei Sicherheitsbeamte im Museum vor Ort gewesen.

Polizei "unverzüglich vor Ort eingetroffen"

Kurz darauf wurde um 5:04 Uhr der erste Streifenwagen des Reviers Dresden Mitte beauftragt, der "unverzüglich vor Ort eingetroffen" sei und das Lagezentrum informiert habe. Eine Minute später, um 5:05 Uhr, habe es einen ersten Hinweis auf ein mögliches Fluchtfahrzeug vom Sicherheitsdienst gegeben.

Als Reaktion wurden laut Kubiessa um 5:09 Uhr 16 Einsatzfahrzeuge der Polizei mit einem Fahndungsauftrag für das Stadtgebiet Dresden beauftragt worden. Kurz darauf, um 5:22 Uhr sei auch die Bundespolizei miteinbezogen und die Fahndungsinformationen auch im Bereich der Grenze zur Verfügung gestellt worden. Gegen 7 Uhr sei die Tatortgruppe des Landeskriminalamts zur Spurensicherung vor Ort gewesen.

Zwei Täter auf Video

Volker Lange, Leiter der Kriminalpolizei, teilte mit, dass die Polizei bislang von zwei Tatverdächtigten ausgehe. Auf der Kamera im Juwelenzimmer seien zwei Einbrecher zu sehen gewesen, sagte Lange. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Tatverdächtigte beteiligt waren, die nicht in das Juwelenzimmer eingestiegen sind. „In Gänze dauerte die Tat nur wenige Minuten“, hieß es am Abend im Polizeibericht. Die Täter seien im Pretiosensaal eingestiegen und durch das Wappenzimmer zum Tatort gegangen. „Sie müssen sich ausgekannt haben“, sagte Museumsdirektor Dirk Syndram.

Inzwischen veröffentlichte die Polizei Sachsen auf ihrem YouTube-Kanal ein 30-sekündiges Video, auf dem beide Täter zu sehen sind.

Erste Fahndungshinweise hätten laut Lange ergeben, dass ein PKW vor Ort stand. Kurz nach dem Einbruch habe es zudem einen Fahrzeugbrand in Dresden gegeben. Es werde laut den Ermittlern noch überprüft, ob es sich um einen Fluchtwagen handeln könnte.

Fotos der gestohlenen Exponate veröffentlicht

Da die Täter durch ein kleines Loch in das Juwelenzimmer eingestiegen sind wurde in Medienberichten gemutmaßt, dass es sich um „auffällige kleine Täter“ handele. Laut Kubiessa habe die Polizei hierzu noch keine Erkenntnisse, bisher gibt es offiziell keine Spur.

Inzwischen wurden Fotos von einigen der gestohlenen Exponate von der Polizei Sachsen bei Twitter veröffentlicht. Unter den gestohlenen Stücken sind nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) einige der kostbarsten Stücke der Juwelensammlung aus dem 18. Jahrhundert. Dabei handelt es sich um prominente Kunstwerke der Diamantrosen- und Brillantgarnitur sowie des Brillantschmucks der Königinnen wie Kleinod und Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens, die Große Brustschleife, eine Kette aus sächsischen Perlen, eine Epaulette (Schulterstück) und ein mit über 770 Diamanten besetzter Degen.

Polizisten sichern Spuren vor dem Gebäude der Schinkelwache. In Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe ist am frühen Morgen eingebrochen worden.
Polizisten sichern Spuren vor dem Gebäude der Schinkelwache. In Dresdens Schatzkammer Grünes Gewölbe ist am frühen Morgen eingebrochen worden.
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Die Ereignisse der Pressekonferenz zusammengefasst:

  • Um 4.59 Uhr hat die Sicherheitszentrale des Grünen Gewölbes die Polizei alarmiert, die fünf Minuten später vor Ort war. Um 5.05 Uhr hab es einen ersten Hinweis auf ein Fluchtfahrzeug. Um 5.09 Uhr nahmen 16 Funkstreifenwagen, alle verfügbaren, die Fahndung im Stadtgebiet auf. 
  • Gegen 5.20 Uhr gab es Kenntnis über den brennenden Stromverteilerkasten. Die Polizei prüft derzeit, ob ein Tatzusammenhang besteht. Fest steht bereits, dass die Straßenlaternen im Bereich des Residenzschlosses am frühen Morgen ausfielen und dort laut Polizei "völlige Dunkelheit" herrschte. 
  • Die Kriminalpolizei war um 5.08 Uhr das erste Mal vor Ort. Seit 7 Uhr und noch immer werden Spuren gesichert.
  • Ein zumindest zeitlicher Zusammenhang besteht laut Polizei zu einem Fahrzeugbrand auf der Kötzschenbroader Straße in Dresden, gleich hinter dem Ballhaus Watzke. Das Fahrzeug war abgemeldet, die Polizei sucht nach dem Halter. Dass es sich um das Fluchtfahrzeug handeln könnte, schließt die Polizei bisher nicht aus.  
  • Die Täter drangen offenbar, trotz Gitterstäben und Sicherheitsglas durch ein Fenster vom Schloßplatz ein, gingen zielgerichtet auf eine Vitrine im Juwelenzimmer zu und zerschlugen sie. Der Alarm wurde erst im Haus, dann bei der Polizei ausgelöst.
  • Ziel der Diebe war eine Vitrine im Juwelenzimmer.  Darin lagerten eine 37-teilige Brillantgarnitur, eine ähnlich vielteilige Diamantrautengarnitur, Diamantschmuck und Perlen der Königin (je ca. 20 Objekte). Dirk Syndram, Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer, hofft, dass nicht der gesamte Inhalt gestohlen wurde. Er nannte die Garnituren „eine Art Weltkulturerbe.“ 
  • Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, erklärte, um die Sicherheit der Kunstschätze zu gewährleisten, wurde gemacht, was menschenmöglich und technisch leistbar war.
  • Einen finanziellen Wert wollten weder Syndram noch Ackermann dem gestohlenen Schmuck zuweisen. Ackermann: "Der Materialwert an sich ist gar nicht so hoch zu bewerten wie der Wert, der in der Vollständigkeit des Ensembles liegt. Das ist der Staatsschatz des 18. Jahrhunderts." Die BILD-Zeitung hatte behauptet, der Wert läge bei bis zu einer Milliarde Euro.
  • Drei von zehn Garnituren sollen nach bisheriger Erkenntnis betroffen sein, weil die Tatortgruppe noch vor Ort ist, lässt sich momentan noch nicht sagen, welche Stücke tatsächlich entwendet wurden. 
  • Aufgrund der internationalen Bekanntheit  des Diebesgutes hoffen die Kunstsammlungen, dass das Diebesgut dadurch dem Markt entzogen ist. 
  • Die einzelnen Stücke waren mit vielen Stichen auf den Samtkissen festgenäht. Ackermann sagt, dass die Räuber "mit einiger Brutalität" vorgegangen sein müssen. Sie geht davon aus, dass die Tat lange geplant war und die Täter mit einigem Kalkül vorgingen. Deshalb werden im Laufe der polizeilichen Ermittlungen jetzt auch Personen befragt, die Kenntnisse über die Sicherheitssituation vor Ort hatten - also auch SKD-Mitarbeiter.

"Schätze von unvorstellbarem immateriellen Wert"

Sachsens Innenminister Roland Wöller sagte am Montagmittag „ganz Sachsen ist bestohlen worden“. Der CDU-Politiker sprach von einem "unschätzbaren immateriellem Wert" der entwendeten Kunstschätze. Man werde alles daran setzen, um die Kulturgüter für den Freistaat zurückzuerlangen sowie die Täter zu fassen.

Wissenschaftsministerin Eva Maria Stange (SPD) sprach von einem "sehr großen kulturpolitischen Schaden" für den Freistaat: "Heute ist ein bitterer Tag für das kulturelle Erbe in Sachsen".

Laut Polizei ist die Schadenshöhe noch unklar.

Am Montagmorgen gegen fünf Uhr früh soll demnach ein Stromkasten unter der Augustusbrücke in Brand gesetzt worden sein, um die Stromzufuhr der Kunstsammlungen lahmzulegen.

Das Grüne Gewölbe befindet sich im Dresdner Residenzschloss.
Das Grüne Gewölbe befindet sich im Dresdner Residenzschloss.
© Ralf Hirschberger/lsn/picture alliance / ZB

Die Kunstsammlungen Dresden bestätigten gegenüber dem MDR den Einbruch. Auf deren Webseite heißt es lediglich, das Residenzschloss sei am Montag geschlossen – aus „organisatorischen Gründen“.

Einbruch in Grünes Gewölbe in Dresden: Polizeifahrzeuge stehen vor dem Residenzschloss.
Einbruch in Grünes Gewölbe in Dresden: Polizeifahrzeuge stehen vor dem Residenzschloss.
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Einbruch in Grünes Gewölbe: Kretschmer zeigt sich bestürzt

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zeigt sich bestürzt über den Einbruch. „Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen!“, sagte Kretschmer am Montag.

„Die Werte, die im Grünen Gewölbe und im Residenzschloss zu finden sind, sind von den Menschen im Freistaat Sachsen über viele Jahrhunderte hart erarbeitet worden“, betonte Kretschmer. „Man kann die Geschichte unseres Landes, unseres Freistaates nicht verstehen, ohne das Grüne Gewölbe und die Staatlichen Kunstsammlungen Sachsens.“

Einbruch in Grünes Gewölbe in Dresden: Eine Polizistin geht vor dem Gebäude der Schinkelwache hinter einem Absperrband entlang.
Einbruch in Grünes Gewölbe in Dresden: Eine Polizistin geht vor dem Gebäude der Schinkelwache hinter einem Absperrband entlang.
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Sachsens Kurfürst August der Starke (1670-1733) ließ die Schatzkammer zwischen 1723 und 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räume der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke. Der Raub der Juwelen erinnert viele Dresdner an einen ähnlichen Coup im Jahr 1977. Damals wurde der Sophienschatz aus dem Dresdner Stadtmuseum gestohlen. Teile davon sind bis heute verschollen.

Eines der wertvollsten Stücke des Grünen Gewölbes wird derzeit im Metropolitan Museum of Art in New York ausstellt - der Grüne Diamant. Das Hut-Schmuckstück mit dem einzigartigen Stein von 41 Karat und natürlicher Färbung gilt als spektakulärste Leihgabe der Ausstellung „Making Marvels: Science and Splendor at the Courts of Europe“ des Metropolitan Museum of Art.

Ein Polizist steht vor dem Gebäude der Schinkelwache hinter einem Absperrband. Zahlreiche Markierungen sind auf dem Boden zu sehen.
Ein Polizist steht vor dem Gebäude der Schinkelwache hinter einem Absperrband. Zahlreiche Markierungen sind auf dem Boden zu sehen.
© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Weitere spektakuläre Einbrüche

100-Kilo-Goldmünze aus Bodemuseum gestohlen

In der Nacht vom 26. zum 27. März 2017 brachen Unbekannte ins Bodemuseum ein und stahlen die 100 Kilogramm schwere Münze „Big Maple Leaf“ aus reinem Gold. Deren Nennwert beträgt eine Million Dollar, das Material war beim damaligen Goldpreis rund 3,7 Millionen Euro wert.

Die Einbrecher kamen über einen kleinen Weg an der Bahntrasse, stiegen auf den Brückensockel und kletterten mit einer Leiter durch ein dort befindliches Fenster.

Wie Polizeisprecher Winfrid Wenzel bei einer Pressekonferenz vor dem Tatort mitteilte, mussten die Kriminellen im Museum zwischen 100 bis 150 Meter zurücklegen, um zu ihrer Beute zu gelangen.

„Mit brachialer Gewalt“, so Wenzel, zerschlugen die Räuber die Vitrine aus Panzerglas und luden die Münze auf eine Schubkarre. Wieder auf der Bahntrasse, seilten sie sich in den Monbijoupark ab. Dort wartete vermutlich das Fluchtauto, wie Wenzel erklärte.

In dem Prozess müssen sich vier Männer verantworten. Drei der 20- bis 24-Jährigen gehören zur Großfamilie R.

KaDeWe-Einbruch mit Millionenschaden

In der Nacht zum 25. Januar 2009 waren Diebe in das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe eingebrochen, sie stahlen teure Uhren und wertvollen Schmuck im Millionenwert.

An Alarmanlagen und Videokameras vorbei waren drei dunkle Gestalten durch ein Fenster im ersten Stock in das Kaufhaus eingestiegen. Drinnen hangelten sie sich mit einer Strickleiter in die Schmuck- und Uhrenabteilung im Erdgeschoss hinab. Sie brachen Vitrinen und Schränke einer Juwelier-Kette auf und räumten ab.

Da die Alarmanlagen stumm blieben, kamen die dreisten Diebe ein zweites Mal. Auf Überwachungsfilmen war zu sehen, wie sie erneut auftauchten, um im Kaufhaus fette Beute zu machen. Erst nach dem Wochenende wurde der Einbruch bemerkt. Es gab kaum Spuren in dem Haus, dessen Eigentümer es als „bestens gesichert“ bezeichnet hatten.

Der millionenschwere Einbruch in das KaDeWe vor zehn Jahren bleibt ohne Folgen für die Täter. Die festgenommenen Zwillinge wurden freigelassen, weil eine DNA-Spur in einem sichergestellten Handschuh am Tatort keinem der beiden Brüder eindeutig zugeordnet werden konnte. Die Ermittlungen wurden im September 2010 eingestellt. (dpa, AFP, epd, Tsp)

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