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Land unter: Während die ersten Bäche im Schwarzwald bereits wieder abschwellen, werden die höchsten Pegelstände an Rhein, Main und Mosel erst am Wochenende erwartet.
© Martin Gerten / dpa

Wetter in Deutschland: Das Hochwasser rollt nach Norden

Dauerregen und Schneeschmelze führen im Süden zu Überschwemmungen. An Rhein, Neckar und Mosel steigen die Pegel weiter, der Schifffahrtsverkehr wurde eingestellt.

Erst sind es nur einige Keller, die mit Wasser volllaufen, doch am Donnerstagabend spitzt sich die Lage im baden-württembergischen St. Blasien zu. In der Innenstadt staut sich das Wasser immer höher, die Bewohner eines ganzen Straßenzuges werden in Sicherheit gebracht.

Die Feuerwehr löst Großalarm aus. Aus dem gesamten Landkreis Waldshut werden Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Deutschem Roten Kreuz, Bergwacht und von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) alarmiert. Strömungsretter in Tauchanzügen, die normalerweise am Rhein im Einsatz sind, rücken in das beschauliche Schwarzwaldstädtchen an.

Schifffahrt vielerorts gesperrt

Hochwasser hat die Einsatzkräfte entlang der Flüsse in Süd- und Westdeutschland weiter in Atem gehalten. Neckar, Mosel, Hoch- und Oberrhein wurden für die Schifffahrt gesperrt. In etlichen Gemeinden des Schwarzwalds gab es nach Behördenangaben Erdrutsche und Überschwemmungen.

Für den Meteorologen Andreas Wagner war dies eine „Verkettung unglücklicher Umstände“. Einerseits habe es im Hochschwarzwald Ende Dezember viel geschneit, andererseits sei von Westen über den Atlantik eine Tiefdruckkette nach Deutschland gezogen. „Diese Tiefs mussten sich an den Westhängen des Schwarzwalds abregnen“, sagt Wagner vom Berliner Wetterdienst MeteoGroup.

250 Liter in drei Tagen statt 100 in einem Monat

An der Wetterstation Krunkelbachhütte in der Nähe des Schluchsees habe es beispielsweise in den vergangenen drei Tagen 195 Liter pro Quadratmeter geregnet. Üblich sind dort eigentlich 80 bis 100 Liter – im Monat. „Wenn wir rechnen, dass pro Zentimeter Schneedecke sich noch mal ein Liter Wasser ergibt, können wir mit 250 Liter Wasser pro Quadratmeter rechnen – das können die ohnehin schon gesättigten Böden einfach nicht aufnehmen“, erklärt der Wetterexperte.

Die Folgen erlebte am drastischsten St. Blasien. Normalerweise hat das Flüsschen Alb im Ortskern eine Höhe von einem Meter, doch in der Nacht zum Freitag steigt der Pegel auf über drei Meter. „Das ging so rasant, und alle Menschen hatten das Jahrhunderthochwasser vom 15. Februar 1990 im Kopf“, sagt Bürgermeister Adrian Probst. Rund 150 Menschen müssen in einem Notquartier untergebracht werden. Erst am Morgen entspannt sich die Lage. Der Regen lässt nach, der Wasserstand der Alb sinkt. „Die Lage ist jetzt bei Tageslicht etwas weniger dramatisch, als in der Nacht noch anzunehmen war“, sagt der Bürgermeister.

Schlammlawinen gab es keine

Die Bewohner im Ortsteil Menzenschwand seien schon dabei, Schlamm und Geröll zu beseitigen, mit Radladern und Schaufeln. „Wir haben keine Schlammlawinen, die ganze Häuser zerstört hätten. Es entspannt sich deutlich.“ 1990 hatte es einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe gegeben. Wie es jetzt aussieht, kann noch keiner sagen. Ein Hubschrauberflug mit einem Geologen soll Gewissheit über die Lage bringen. „Wir müssen wissen, wie die Beschaffenheit der Berghänge aussieht“, sagt Probst.

Sonne in Sicht: Nach dem Regen erwarten Meteorologen in Süddeutschland für die nächsten Tage mildes und sonniges Wetter.
Sonne in Sicht: Nach dem Regen erwarten Meteorologen in Süddeutschland für die nächsten Tage mildes und sonniges Wetter.
© dpa Foto: Thomas Warnack / dpa

Immerhin: Ab Sonnabend, so der Meteorologe Wagner, soll es im Süden nicht mehr regnen. Von den Alpen her baut sich ein Föhn auf, der milde Temperaturen und Sonne bringt. „Dann trocken die Böden langsam wieder ab“, sagt Wagner. Etwas nördlich sei dagegen das Schlimmste noch nicht ausgestanden. „Am Rhein und am Main, aber auch an der Mosel werden die Höchststände erst am Wochenende erreicht“, sagt Wagner. Rekordhöhen erwarte er aber nicht. Doch schon jetzt steigen vielerorts die Pegel beunruhigend hoch. In einem Abschnitt des Oberrheins bei Karlsruhe wurde wegen des Hochwassers die Schifffahrt gestoppt. Nach Angaben des Hochwassermeldezentrums Rhein in Mainz wurde am Messpunkt Maxau ein kritischer Wert erreicht. Auf der ebenfalls von Hochwasser betroffenen Mosel war der Schiffsverkehr bereits am Donnerstag komplett gestoppt worden.

Feuerwehr warnt vor Katastrophentourismus

In Köln und Düsseldorf am nordrhein-westfälischen Niederrhein trieben die Behörden am Freitag ihre Hochwasservorbereitungen voran. Dort sollten erste Fluttore geschlossen und mobile Flutschutzwände errichtet werden. Dramatischere Überflutungen drohen bei den vorhergesagten Pegelständen allerdings nicht.

Der Rheinpegel bei Köln erreichte am Freitag 7,40 Meter und sollte nach Angaben der Stadt bis Anfang kommender Woche auf etwa neun Meter ansteigen. Demnach gilt ein Hochwasser bis zu einem Wasserstand von 9,50 Metern als „häufiges Ereignis“. Im Stadtgebiet sind Schutzbauten teils auf 11,90 Meter ausgelegt. Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) warnte vor „Katastrophentourismus“ und „Leichtsinn“ in den Flutgebieten. „Lassen Sie unsere Kräfte in Ruhe arbeiten und bringen Sie sich nicht selbst in Gefahr“, appellierte DFV-Präsident Hartmut Ziebs. Menschen sollten sich an Absperrungen und Evakuierungsanordnungen halten, Betroffene ihre Häuser sichern.

Wetterexperte Wagner rechnet für die nächsten Tage weiter mit milden Temperaturen. „Ein Wintereinbruch ist nicht in Sicht“, sagt Wagner. Neuschnee gebe es nur oberhalb von 1500 Meter. An manchen Orten habe das Wetter der vergangenen Tage aber ideale Bedingungen für Wintersportler geschaffen. „Auf der Zugspitze liegen momentan 3,10 Meter Schnee.“ (dpa/AFP)

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