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Unter Wasser. Elbe-Überschwemmung in der Nähe von Wittenberge (Brandenburg).
© Jens Büttner/picture alliance / dpa

Überschwemmungen: Der Klimawandel verändert Hochwasser europaweit

Eine umfassende Auswertung ergab: Frühjahrshochwasser tritt in Teilen Europas eher auf – rund um die Nordsee verzögert es sich dagegen.

„Der Klimawandel beeinflusst die Hochwasser in Europa bereits heute deutlich“, sagt Günter Blöschl von der Technischen Universität Wien. Viele mutmaßen Ähnliches, wenn sie die Bilder der Fluten der jüngeren Vergangenheit betrachten oder sie eine solche Katastrophe direkt getroffen hat. Günter Blöschl und 45 Kollegen aus allen Teilen Europas konnten dem Ganzen mit der Akribie von Naturwissenschaftlern auf den Grund gehen. Die Daten von 4262 Messstationen in 38 Ländern Europas haben die Forscher für die Zeit von 1960 bis 2010 ausgewertet, berichten sie in der Zeitschrift „Science“ (Band 357, Seite 588).

Dabei konzentrierten sie sich nicht auf Pegelstände oder Wassermengen, die in einer Sekunde an einer Messstation vorbeischießen. Solche Daten zeigen zwar, wie stark ein Hochwasser war, werden aber nicht nur vom Klima, sondern auch von anderen Zusammenhängen stark beeinflusst. Um eine klare Aussage zu bekommen, gingen Blöschl und seine Kollegen daher einen anderen Weg. Sie schauten sich nicht die Ausmaße der Fluten an, sondern untersuchten, in welchen Zeiten sie zwischen 1960 und 2010 auftraten. Dabei kristallisierte sich ein klares Ergebnis heraus: „Der Klimawandel beeinflusst die Zeiten deutlich, in denen Hochwasser auftreten, trifft die verschiedenen Regionen Europas aber unterschiedlich“, fasst Blöschl zusammen.

Das Hochwasser fließt zum Meer ab

So speichern im Nordosten Europas von den baltischen Staaten und Russland bis nach Skandinavien die langen und kalten Winter die Niederschläge in Form einer Schneedecke bis zum Frühjahr. Dann steigen die Temperaturen, der Schnee schmilzt rasch und die gesammelten Niederschläge der kalten Jahreszeit schießen als Frühjahrshochwasser in den Flüssen zum Meer. „In anderen Jahreszeiten verursachen Niederschläge nur schwächere Hochwasser", sagt Berit Arheimer vom Schwedischen Meteorologischen und Hydrologischen Institut in Norrköping.

Seit der Klimawandel im Nordosten Europas die Temperaturen steigen lässt, schmilzt der Schnee früher und die Hochwasser rauschen eher als sonst die Flüsse hinunter, zeigen die Daten von 81 Prozent der untersuchten Stationen. Im Durchschnitt kommen die Fluten dort an der Hälfte der Stationen seit 1960 mehr als eine Woche früher. Frühere Hochwasser bedeuten auch, dass der Schnee im Winter kürzer liegen bleibt und die darin gespeicherte Wassermenge sinkt. Die Hochwasser nach der Schneeschmelze sollten also schwächer werden.

Das klingt zwar zunächst nach einer guten, ist aber tatsächlich eine schlechte Nachricht. Sind doch die Ökosysteme an den Flüssen auf die großen Wassermengen der Frühjahrshochwasser angewiesen. Bei schwächeren Fluten könnten sie sich deutlich verändern. Davon sind auch die Wasserkraftwerke an den Flüssen betroffen. Für sie bedeutet weniger Hochwasser weniger Energie. Auch die relativ nachhaltige Wasserkraft muss sich an die Folgen des Klimawandels anpassen.

Erheblich komplizierter als im Nordosten sind die Verhältnisse im Westen Europas, zwischen dem Süden Englands und Portugal. Dort trocknet die Sommersonne die Böden häufig aus und der Grundwasserspiegel sinkt. Die Herbstniederschläge füllen die Böden dann langsam wieder auf. Da die Speicherkapazität groß ist, können sie starke Niederschläge lange puffern.

Die Böden füllen sich schneller, das Hochwasser kommt deutlich eher

Normalerweise erreicht der Grundwasserspiegel erst im Winter wieder die Oberfläche, die Zeit der Hochwasser beginnt. Allerdings haben sich die Niederschläge seit 1960 in diesem Gebiet verstärkt, die Böden füllen sich schneller mit Feuchtigkeit und die Hochwasser kommen inzwischen an vielen Stationen im Westen des Kontinents mehr als zwei Wochen früher als bisher.

Noch einmal anders sind die Verhältnisse rund um die Nordsee, dort spürt man eine weitere Auswirkung des Klimawandels. Weil die Luftmassen über der Arktis sich schnell aufwärmen, sinken die Gegensätze zu den wärmeren Strömungen weiter im Süden und die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete verschieben sich. Dadurch erreichen die starken Regenfälle die Nordsee-Anrainer später als bisher und die Hochwasser verzögern sich um rund eine Woche.

In Mitteleuropa sind vor allem feuchtwarme Luftmassen aus dem östlichen Mittelmeerraum gefürchtet, die in Vb-Wetterlagen im Sommer extrem ergiebige Niederschläge und verheerende Hochwasser nach sich ziehen können. Die Oderflut 1997, die beiden Elbefluten 2002 und 2013 sowie die Extremniederschläge im Juni und Juli 2017 entstanden durch solche Wetterlagen. In einem weiteren Projekt hat Günter Blöschl auch diese Vb-Wetterlagen unter die Lupe genommen. „Häufiger sind sie in den letzten 20 Jahren nicht geworden, aber rund fünf Prozent ergiebiger“, fasst der Wiener Forscher die Ergebnisse zusammen.

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