Spaniens Monarchie: Das große Staatsgeheimnis
König Juan Carlos und sein Sohn Felipe müssen ihre Einkünfte nicht offenlegen – das Volk ist empört. Erstmals gibt es große Demonstrationen gegen die Monarchie.
Es ist das bestgehütete Staatsgeheimnis Spaniens. Und dem Königshaus liegt viel daran, dass dies so bleibt. Über dem beträchtlichen Privatvermögen der Königsfamilie, an dessen Spitze demnächst Thronfolger Felipe rücken wird, liegt der Mantel des Schweigens. Der abtretende König Juan Carlos und sein Sohn Felipe, sind die einzigen hohen Staatsrepräsentanten des Landes, die ihren privaten Reichtum nicht offenlegen müssen – obwohl dies das spanische Anti-Korruptionsgesetz eigentlich so vorsieht.
Das befeuert nicht nur Spekulationen über angeblich große Besitztümer der Royals, sondern auch den Zorn der Bürger. Deren Vertrauen in das Königshaus nach dem Korruptionsskandal um den königlichen Schwiegersohn Iñaki Urdangarin und die ihm angetraute Königstocher Cristina ohnehin im Keller ist.
Die Popularität des Königshauses ist im Keller
Undurchsichtige Finanzen, mangelnde Transparenz, Vetternwirtschaft: Auch deswegen werden die Rufe nach einem Ende der Monarchie in Spanien immer lauter. „Wir wollen nicht länger für das Königshaus bezahlen“, skandieren Demonstranten, die in diesen Tagen in vielen Städten auf die Straße gehen.
Zwar rühmen sich die spanischen Royals, dass sie 2014 mit einer offiziellen Geldzuweisung von 7,8 Millionen Euro aus dem Steuersäckel eine vergleichsweise kostengünstige Königsfamilie sind. Davon gehen etwa 700 000 Euro für die hoheitlichen Gehälter und Repräsentationsausgaben drauf, der Rest für Personal- und Verwaltungsausgaben im Palast. Spitzenverdiener ist natürlich der König, der allein 293 000 Euro im Jahr erhält. Auch Königin Sofía, Felipe und Prinzessin Letizia werden entlohnt.
Juan Carlos soll Multimillionär sein
Doch die wahren Kosten für das Königshaus betragen gut das Zehnfache, rechneten spanische Medien vor. Denn die meisten königlichen Ausgaben werden von der Regierung in anderen Posten des Staatshaushaltes versteckt: Viele Millionen fließen in den Unterhalt der Paläste, in Fahrzeugflotten, Sicherheit, Reisen, königliche Garde und in ein Heer dienstbarer Geister. Demzufolge bezahlt der König zwar Steuern, aber keine Sozialversicherung, keine Miete für seine Paläste, keine Wasser-, Strom- oder Telefonkosten.
Noch mehr Geheimniskrämerei gibt es in Sachen privater Reichtum: Niemand zweifelt daran, dass Juan Carlos nach 39 Jahren auf dem Thron Multimillionär ist. Aber es schwirren auch Schätzungen durch die Medienwelt, wonach Spaniens König sogar Milliardär sein könnte. Die „New York Times“ brachte ohne Quellenangabe eine Summe von 2,3 Milliarden Dollar ins Spiel, verwies aber auf die Standardantwort des Palastes, dass derartige Zahlen durch die Einrechnung königlichen Staatsbesitzes aufgebläht seien – etwa durch die im Land verstaubenden zehn Königspaläste.
Gratisflüge, kostenlose Luxusreisen, Jagdsafaris
Zudem muss sich die Königsfamilie nachsagen lassen, dass sie fragwürdige Privilegien ausnutzt, von denen Normalbürger nur träumen können: private Gratisflüge, kostenlose Luxusreisen sowie Jagdsafaris – wie auch die berühmte königliche Elefantenhatz in Botswana im Jahr 2012. Ebenfalls teure Geschenke wie noble Autos, Luxusjachten oder sogar edle Immobilien, mit denen sich arabische Scheichs und spanische Unternehmer bei Juan Carlos für seine Dienste bedankten. Etliche Luxusgaben gingen in Staatsbesitz über, andere nicht.
Solche Praktiken fördern die Empörung auf der Straße. Am Samstag demonstrierten erneut Tausende Spanier gegen die Monarchie.
In etwa 40 Städten in ganz Spanien hatten linke Gruppierungen am Samstag zu Kundgebungen aufgerufen. In Madrid bezifferten die Veranstalter die Zahl der Teilnehmer auf 15 000, die Polizei sprach von 4000 Demonstranten. In Barcelona, Valencia, Bilbao, Oviedo und anderen spanischen Städten fanden ähnliche Demonstrationen statt. Die Demonstranten forderten eine Volksabstimmung darüber, ob Spanien weiterhin ein monarchistisches Staatssystem behalten oder eine Republik werden soll.
Die Vereinte Linke (IU) forderte als dritte Kraft im spanischen Parlament ein Referendum über die künftige Staatsform. Man werde im Abgeordnetenhaus einen Antrag stellen, damit eine Volksabstimmung in den nächsten drei Monaten einberufen werden könne, kündigte IU-Chef Cayo Lara am Samstag in Madrid an. Die regierende konservative Volkspartei (PP) sowie die meisten Politiker der oppositionellen Sozialisten (PSOE) treten für den Fortbestand der Monarchie ein. Damit hat der Antrag der IU wenig Chancen.
Die Wut der Bürger über ihr undurchsichtiges Königshaus spiegelt sich auch in einer inzwischen berühmten Twitter-Botschaft wider, die schon länger durchs Netz geistert: „Die Spanier in Hausschuhen und der König mit 70 Autos.“