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Ist jetzt in Hausarrest. Venedigs Bürgermeister Giorgio Orsoni.
© AFP

Korruption, Geldwäsche, Erpressung: Bürgermeister von Venedig festgenommen

Skandal um eine Großbaustelle in Venedig: Bürgermeister Giorgio Orsoni und 35 weitere Würdenträger müssen sich wegen schwerer Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dem millionenschweren Schleusensystems „Mose“ verantworten.

Vor wenigen Wochen war es die Expo in Mailand. Nun wird ein zweites gigantisches Bauprojekt in Italien mit Korruptionsvorwürfen in Verbindung gebracht: „Mose“, das 5,5 Milliarden Euro teure System an beweglichen Deichen, das die Stadt Venedig vor Hochwasser und weiterem Niedergang schützen soll. Am Mittwochmorgen nahm ein Großaufgebot an Polizisten 35 Politiker, Firmenvertreter und Steuerberater fest. Der Prominenteste von ihnen ist der Bürgermeister von Venedig, Giorgio Orsoni; er sitzt jetzt in Hausarrest. Beim Parlament hat die Staatsanwaltschaft zudem beantragt, die Immunität des früheren Regionalgouverneurs Giancarlo Galan aufzuheben – er hatte 2003 den Grundstein für „Mose“ gelegt und gehörte dann als Agrar- sowie Kulturminister der Regierung von Silvio Berlusconi an.

Den Festgenommenen sowie hundert weiteren Verdächtigen werden Korruption, Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. Erste Verhaftungen im weiteren Umfeld von „Mose“ hatte es bereits im Juli vergangenen Jahres gegeben, seither haben die Ermittler das Finanzgebaren des Baukonsortiums Venezia Nuova genauer untersucht. Dabei fielen ihnen, wie sie am Mittwoch mitteilten, falsche und überhöhte Rechnungen im Wert von 15 Millionen Euro in die Hände. Den auf diese Weise illegal aus Steuergeldern einkassierten Betrag hätten drei beteiligte Firmen auf schwarzen Konten in San Marino und der Schweiz versteckt. Ein Großteil dieser Gelder, sagte der leitende Staatsanwalt Luigi Delpino, sei dazu verwendet worden, sich bei Politikern diverse Gefälligkeiten zu erkaufen – die Bevorzugung bei weiteren öffentlichen Aufträgen beispielsweise.

Dem 2010 gewählten Bürgermeister Orsoni werfen die Ermittler vor, sich seinen Wahlkampf auf diese Weise finanziert zu haben; für Regionalgouverneur Galan soll unter anderem die Renovierung seines Privathauses herausgesprungen sein. „Das System der Illegalität ist tief verwurzelt“, sagte Delpino. Zur Wiedergutmachung hätten die beteiligten Firmen bereits vor dem Verfahren neun Millionen Euro an den Staat zurückgezahlt. An der Großbaustelle Mose, die sich über eine Länge von 20 Kilometern erstreckt, sind 50 Unternehmen beteiligt.

Die 78 beweglichen, stählernden Schleusentore sollen das historische Zentrum Venedigs vor Hochwasser von bis zu drei Metern Höhe verschonen. Das Projekt war von Anfang an umstritten. Gegner sprechen von einem Sieg der Baulobby über die Natur: Die Dämme, sagen sie, zerstörten das ökologische Gleichgewicht in der Lagune. Die Befürworter hingegen weisen auf die mit dem Klimawandel verbundene Zunahme von Hochwassertagen hin: Gab es zwischen 1900 und 1909 zwei Fälle dieser Art, so waren es zwischen 2000 und 2009 mehr als fünfzig. Mose ist zu 80 Prozent fertig, einsatzbereit soll es ab 2016 sein.

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