Was Italiens Ex-Premier erwartet: Silvio Berlusconi - der Animateur
"Monströs! Lächerlich! Ein Bumerang! Ich – ein Fall für die Resozialisierung?" Silvio Berlusconi kann sich noch so sehr aufregen über das Gerichtsurteil, das ihn für seinen Steuerbetrug zu zwölf Monaten sozialer Tätigkeit verdammt hat. Es wird nichts nützen.
Italiens Ex-Regierungschef wird nichts übrig bleiben, die wöchentlich vier Stunden - mehr ist’s ja nicht – abzuleisten. So wird er demnächst antreten in der "Heiligen Familie", einem kirchlichen Zentrum für Alte und Behinderte vor den Toren Mailands. Welche Arbeit man ihm dort zuweist, das soll am Mittwoch bekanntgegeben werden.
Den Animateur könnte Berlusconi geben, hat es geheißen. Dann würde der 77jährige den Alten so beschwingt vorsingen wie in seiner Jugend den Kreuzfahrttouristen auf ihren blendend weißen Traumschiffen. Oder er würde Schwänke aus seinem Leben erzählen, zum Beispiel wie er mit einer gewissen Angela Merkel "Kuckuck" gespielt hat.
Er könnte auch Filme vorführen, die ihn eins ums andere Mal unter den Großen der Welt zeigen – genauso wie er es bei den berühmt-berüchtigen Festen in seinem römischen Palazzo gemacht hat, nur dass das Publikum dort aus jungen, langbeinigen, bezahlten Damen bestand, die gelegentlich eine ganze Nacht blieben: ein "Sozialdienst" also von mehr als vier Stunden Dauer.
Wie auch immer: Das Gericht war weit gnädiger, als Berlusconi es mit seiner fortdauernden Richterschelte unterstellt. In seinem politischen Leben nämlich ist der Verurteilte praktisch nicht eingeschränkt. Er, der kein öffentliches Amt bekleiden und nicht für ein Parlament kandidieren darf, als Parteichef darf er Wahlkampf treiben für die Europawahl. Und das tut er in vollen Zügen. Berlusconi hat eine Fernsehkampagne entfesselt wie in alten Zeiten: auf allen verfügbaren Kanälen, zu allen Tageszeiten.
Berlusconi dominiert. Wenn er zufällig mal nicht selbst im Fernsehen ist, dann diskutieren ganze Talkshow-Runden und alle Zeitungskommentatoren die schrägen Sätze, die der Meister der Provokation mit Absicht in die Welt setzt. So steht Berlusconi immer im Mittelpunkt – und natürlich werden ihn, wenn er seinen Sozialdienst antritt, die Kameras auch dort öffentlichkeitswirksam begleiten.
Berlusconi könnte, so hat es geheißen, in der "Heiligen Familie" zu den Demenz- und den Parkinsonkranken geschickt werden. Das wäre keine schlechte Idee. Vor solchen Menschen läuft jedes Imponiergehabe ins Leere. Und Berlusconi sähe, hinter aller Schminke, hinter allen Lügen der Schönheitschirurgie auch mal menschliches Leid von Angesicht zu Angesicht. Wenigstens vier Stunden pro Woche.
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