Sturmtief „Nadia“: Bundesamt hebt Sturmflutwarnung für die Nordsee auf
Das Sturmtief „Nadia“ hat am Samstag und Sonntag für zahlreiche Einsätze gesorgt. Eine Unwetterwarnung besteht für den Norden mittlerweile nicht mehr.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat die Sturmflutwarnung für die deutsche Nordseeküste am Sonntagmittag aufgehoben. Das Mittagshochwasser war zu diesem Zeitpunkt vorbei.
In Hamburg ist der Fischmarkt zuvor zum zweiten Mal binnen Stunden vollgelaufen. Tausende Schaulustige zog es an die Elbe und den Fischmarkt, um das Spektakel zu beobachten, wie ein dpa-Reporter berichtete. Der Wasserstand am Pegel St. Pauli stieg am Mittag auf 2,60 Meter über dem mittleren Hochwasser. Damit war auch die zweite Sturmflut des Wochenendes in Hamburg eine schwere. Bei dem Hochwasser in der Nacht wurde ein Wert von 2,84 Meter erreicht.
An der Nordseeküste spricht man von einer Sturmflut, wenn das Hochwasser mindestens 1,5 Meter höher als normal aufläuft. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird erst ab Werten von 2,5 beziehungsweise 3,5 Meter gesprochen.
Auch an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste hat es am Mittag erneut eine Sturmflut gegeben. Am Eidersperrwerk wurde ein Wert von 2,07 Meter über dem Mittleren Hochwasser gemeldet, in Büsum lag der Wert bei 1,83 und in Dagebüll bei 1,41. Auch hier sind die Pegel nicht ganz so hoch gestiegen wie in der Nacht. Am Eidersperrwerk wurde am frühen Sonntagmorgen ein Wert von 2,46 Metern über dem mittleren Hochwasser gemessen, in Büsum 1,98 Meter und in Dagebüll 1,80 Meter.
Die Sturmflutwarnung für die Ostseeküste bestand am Sonntagmittag weiterhin. Hier werden ab dem Abend Wasserstände bis 1,35 Meter über dem mittleren Wasserstand erwartet.
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An der Ostseeküste spricht man von einer Sturmflut, wenn das Wasser 1,00 bis 1,25 Meter über mittlerem Wasserstand aufläuft. Bei einer mittleren Sturmflut steigt der Pegel auf 1,25 bis 1,50 Meter über mittlerem Wasserstand. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird ab Werten von mehr als 1,50 beziehungsweise 2,00 Metern über mittlerem Wasserstand gesprochen.
Bereits am Sonntagvormittag hatte der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Unwetterwarnung für Norddeutschland aufgehoben. Die Unwetterwarnung galt seit Samstagmittag. Das Sturmtief „Nadia“ hatte am Samstag und in der Nacht zum Sonntag zum Teil orkanartige Böen und eine Sturmflut nach Norddeutschland gebracht. Feuerwehren und die Polizei mussten Hunderte Male ausrücken.
Die höchste Windgeschwindigkeit wurde in der Nacht auf Hallig Hooge (Kreis Nordfriesland) mit 127 km/h gemessen, sagte eine Meteorologin des DWD am Sonntagmorgen. Spitzenreiter in Ostfriesland waren die Inseln Spiekeroog und Norderney mit 112 km/h. Der Höhepunkt des Sturms sei zwischen 1 Uhr und 3 Uhr am frühen Sonntagmorgen gewesen, sagte die Meteorologin weiter.
Wegen des schweren Sturms ist der Bahnverkehr im Norden und Nordosten Deutschlands auch am Sonntagmorgen noch beeinträchtigt gewesen. Die Probleme sollten voraussichtlich bis in die Mittagsstunden anhalten, teilte die Deutsche Bahn mit.
Auf dem Abschnitt zwischen Stralsund und Ostseebad Binz fielen die ICE- und IC-Züge aus. Zwischen Bremen und Hamburg kam es zu Verspätungen, da der Streckenabschnitt nur eingleisig befahrbar war. Zwischen Rostock und Hamburg sowie Berlin sollten Fahrgäste mit kurzfristigen Zugausfällen und Verspätungen rechnen.
Auch im Regionalverkehr kam es wegen der Unwetterschäden noch zu Verspätungen und Ausfällen. Als Gründe nannte die Bahn vielerorts Bäume, die auf die Gleise gestürzt waren - oder Störungen der Oberleitung.
In Beelitz (Brandenburg) wurde ein Fußgänger von einem umstürzenden Wahlplakat schwer verletzt und starb wenig später. Das Plakat kippte am Samstagabend kurz nach 22 Uhr aus unbekannten Gründen auf den Mann, erklärte ein Sprecher des Polizeilichen Lagedienstes am Sonntagmorgen. Die „B.Z.“ berichtete zuerst.
Medienberichte über weitere Verletzte im Zusammenhang mit dem Plakat konnte der Lagedienst zunächst nicht bestätigen. „Die Ermittlungen zur Ursache laufen noch“, sagte ein Sprecher. Das Plakat war anlässlich der kommenden Landratswahlen in Potsdam-Mittelmark aufgestellt worden. In der Nacht von Samstagabend auf Sonntagmorgen zog das Sturmtief „Nadia“ über Brandenburg und Berlin. Die Berliner Feuerwehr rief am Sonntagmorgen den Ausnahmezustand aus.
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Allein in Hamburg habe es bislang rund 300 Unwetter-Einsätze gegeben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Sonntagmorgen. Das BSH hatte in Hamburg mit Wasserständen von bis zu 3 Metern über dem mittleren Hochwasser gerechnet.
In der Nacht zum Sonntag gab es nach Angaben des BSH auch an anderen Küstenabschnitten eine Sturmflut. „Zwar nicht überall eine schwere Sturmflut wie in Hamburg“, sagte die Sprecherin. Es sei aber die gesamte deutsche Nordseeküste betroffen gewesen. In Bremerhaven habe der Scheitelwert beispielsweise bei 2,14 Metern über dem mittleren Hochwasser gelegen.
Binnenschiff kollidiert mit Brücke in Hamburg
In Hamburg und auf der Nordsee kam es außerdem zu zwei Vorfällen mit Schiffen: Im Hamburger Hafen fuhr sich ein Binnenschiff unter einer Brücke fest. Das Schiff sei beim Durchfahren mit dem Steuerhaus an der Freihafenelbbrücke hängengeblieben und habe sich verklemmt, sagte ein Polizeisprecher. Das Führerhaus des Binnenschiffes wurde dabei erheblich beschädigt.
Der 44 Jahre alte Schiffsführer sowie ein 45-jähriger Baggerfahrer, die an Bord waren, blieben unverletzt. Beide Männer hatten einen Atemalkoholwert von rund 1,4 Promille. Blutprobenentnahmen wurden angeordnet. Es sei möglich, dass sich der Kapitän wegen des steigenden Wasserstandes der Elbe verschätzt habe.
Nach der Kollision blieb die Brücke zunächst für den Fahrzeugverkehr gesperrt. Der Schaden sei als so bedeutend angesehen worden, dass eine Sperrung der Brücke über einen noch nicht absehbaren Zeitraum notwendig ist, teilte die Polizei Hamburg am Sonntag mit. Die unmittelbar danebenliegende Bahnbrücke ist von der Sperrung nicht betroffen.
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Der zweite Vorfall ereignete sich 16 Seemeilen (ca. 30 Kilometer) vor der ostfriesischen Küste. Dort trieb ein unbeladener Frachter mehrere Stunden im Meer. Die 190 Meter lange „Vienna“ hatte wegen des Sturms erkennbar Probleme zu manövrieren, wie ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven am Sonntagmorgen mitteilte. Die Maschine sei zu schwach gewesen, um das Schiff gegen Wind und Wellen zu halten.
Mit einem Hubschrauber der Bundespolizei wurden deshalb Spezialisten auf den Frachter abgeseilt, um die Verbindung zu einem Notschlepper herzustellen. Diese konnte laut Havariekommando inzwischen wieder gelöst werden. Zwei Notschlepper befänden sich aber noch in der Nähe des Schiffes, falls sich die Situation wieder verschlechtere. Das Havariekommando hofft jedoch auf eine Wetterbesserung.
Die Lage ist inzwischen wieder unter Kontrolle. Das Frachtschiff „Vienna“ könne sich nun wieder aus eigener Kraft gegen die Wellen halten, teilte das Havariekommando am Sonntagvormittag mit. Ein Team aus speziell ausgebildeten Seeleuten befinde sich aber weiterhin an Bord.
„Hätten wir nicht eingegriffen, wäre das Schiff zu einem Risiko für die Küste geworden, sagte der Sprecher. Die 24 Crewmitglieder blieben nach ersten Erkenntnissen unverletzt. Der Frachter, der unter der Flagge der Marshallinseln fährt, wurde nicht beschädigt.
Um die Schleppverbindung herzustellen, wurden demnach mehrere speziell ausgebildete Seeleute von einem Bundespolizei-Hubschrauber auf den Frachter abgeseilt. Das Sturmtief über der Nordsee habe den Einsatz aber erheblich erschwert. Bei Windstärke 10 seien die Wellen auf der Nordsee sechs bis sieben Meter hoch gewesen.
Zu weiteren Einsätzen kam es etwa auch in Schleswig-Holstein. Allein im Norden des Landes mussten die Feuerwehren etwa 120 Mal ausrücken. Das sagte ein Sprecher der Regionalleitstelle, die unter anderem für Flensburg, Schleswig und Husum zuständig ist.
Die Feuerwehr in Bremen war nach Angaben eines Sprechers in der Nacht mehr als 40 Mal im Einsatz. Im Kreis Aurich in Ostfriesland wurde die Feuerwehr rund 25 Mal zu Hilfe gerufen. Ein Fußgänger wurde im Bremer Bürgerpark von einem umstürzenden Baum getroffen und schwer verletzt worden. Nachdem er von einem Notarzt versorgt wurde, kam er in ein Krankenhaus, wie die Feuerwehr am Sonntag mitteilte.
Der Sturm bescherte auch Feuerwehr und Polizei in Mecklenburg-Vorpommern viele Einsätze. In Schwerin und Umgebung sei man knapp 200 Mal ausgerückt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auch in Stralsund berichtete das Lagezentrum, dass man alle Hände voll zu tun habe.
Wegen Sturmschäden kam es in Norddeutschland außerdem zu massiven Problemen im Bahnverkehr. Am frühen Samstagabend stellte die Deutsche Bahn den Fernverkehr in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen für etwa 50 Minuten ein. Betroffen waren insbesondere die ICE-Strecken zwischen Hamburg und Bremen sowie zwischen Hamburg und Berlin. Dort komme es auch weiterhin zu großen Beeinträchtigungen, wie ein Sprecher sagte
Im Regionalverkehr gibt es laut Bahn ebenfalls Zugausfälle und Verspätungen. Reisende und Pendler sollten sich vor Fahrtantritt über die Webseite, die App oder telefonisch informieren, ob ihr Zug wie geplant fährt. Wann die Züge wieder wie geplant fahren, hänge vom weiteren Verlauf des Sturms ab, sagte der Bahnsprecher.
Wegen der Unwetterwarnungen wurden auch zahlreiche Fährverbindungen am Wochenende gestrichen. An der Nordsee fielen alle Verbindungen der Hallig-Linie am Wochenende aus, wie die Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) mitteilte. Auch Verbindungen ab Föhr, Amrum und Dagebüll waren betroffen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde der Fährverkehr auf der Ostsee zwischen Rostock und Gedser auf der dänischen Insel Falster eingeschränkt. Nach Angaben der Reederei Scandlines fielen mehrere Verbindungen von Samstagnachmittag bis Sonntagmorgen aus. Der reguläre Fahrplan solle am Sonntag wieder aufgenommen werden.
Heftige Stürme auch in Polen und Tschechien
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hatte am Samstag vor Sturm bis hin zu Orkanböen gewarnt. Am Kieler Leuchtturm seien Windgeschwindigkeiten von bis zu 122,8, in Greifswald von bis zu 118,1 Stundenkilometern gemessen worden, sagte eine DWD-Sprecherin in der Nacht zum Sonntag. Die Warnlage im Norden soll noch bis Sonntagvormittag andauern. Es seien auch weiterhin einzelne Orkanböen möglich.
Auch in Polen und Tschechien haben heftige Stürme schwere Schäden angerichtet. Ein 27-Jähriger starb in Polen, als ein Baum am Sonntag auf sein Auto stürzte. Bei dem Unfall in der nördlichen Woiwodschaft Pommern wurde ein weiterer Mensch verletzt. Landesweit rückte die Feuerwehr zu Tausenden Einsätzen aus. Die Einsatzkräfte räumten umgefallene Bäume von den Straßen und sicherten Dächer. Nach Behördenangaben waren in Polen rund 680.000 Haushalte wegen beschädigter Leitungen ohne Strom.
In Tschechien sorgten umgestürzte Bäume für viele Einsätze der Feuerwehr. Mehr als 30.000 Haushalte waren von Stromausfällen betroffen. Im Bahnverkehr kam es zu Verspätungen und Zugausfällen. In den Mittelgebirgen erreichten die Windböen Orkanstärke. Die Bergwacht riet von Skitouren ab. Der starke Wind erschwerte die Löscharbeiten beim Brand einer Lagerhalle in Mlada Boleslav, knapp 50 Kilometer nordöstlich von Prag. Mehr als hundert Feuerwehrleute kämpften stundenlang gegen die Flammen. Der Sachschaden wurde auf umgerechnet mehr als 40 Millionen geschätzt. (Tsp, dpa)