Zeitweiser Ausnahmezustand: Fast 600 Feuerwehreinsätze in Berlin wegen Sturmtief „Nadia“
Stürmische Böen fegten seit Samstag auch über Berlin und Brandenburg. In Beelitz starb ein Mann. Am Sonntagnachmittag beruhigte sich die Lage.
250 Einsätze allein in der Nacht zu Sonntag, im Laufe des Sonntags nochmal 340 Einsätze, umgestürzte Bäume auf Gehwegen, Straßen, Gleisen – Sturmtief „Nadia“ hielt Berlins Feuerwehr in Atem. Und auch in Brandenburg gab es Hunderte Einsätze.
In Beelitz (Potsdam-Mittelmark) ist ein Fußgänger gestorben. Ein Wahlplakat kippte am Samstagabend auf den Mann. Der 58-Jährige war mit seiner Lebensgefährtin und einem Bekannten am Abend spazieren, als eine Böe die 2,50 mal 3,50 Meter große Plakatwand erfasste. Der Mann sei am Kopf getroffen worden und konnte nicht reanimiert werden. Laut Polizei war das Plakat mit Metallstangen im Boden verankert. Die beiden anderen Personen blieben unverletzt.
Das Plakat war anlässlich der Landratswahl am kommenden Sonntag in Potsdam-Mittelmark aufgestellt worden. Der Kandidat der Piraten, Meiko Rachimow, erklärte seinen Wahlkampf nach dem tödlichen Unfall für beendet. Seine Wahlbanner der Großplakate würden noch am Sonntag abgehängt, sagte Rachimow.
Nach seinen Angaben war das umgestürzte Wahlplakat zur Werbung für einen anderen Kandidaten aufgestellt worden. Das Groß-Wahlplakat des Mitbewerbers sei aus der Verankerung gerissen worden und habe eine Fußgängergruppe getroffen.
In Berlin erklärte die Feuerwehr am Sonntagmorgen den Ausnahmezustand und bat die Menschen etwa via Twitter, ihre Häuser nicht zu verlassen. Die Rettungskräfte konzentrierten sich zunächst auf größere Einsätze, auch Freiwillige Feuerwehren halfen. Um 16.40 Uhr wurde der Ausnahmezustand beendet.
Auf der Avus versperrte am Sonntagvormittag ein umgestürzter Baum alle drei Spuren Richtung Potsdam. Wie ein „Radio Eins“-Moderator berichtete, schalteten daraufhin zehn Betroffene ihre Warnblinker an, rissen Äste ab und warfen sie über die Leitplanken. So hätten sie die linke Spur freiräumen können. Danach sei die Autobahn für Aufräumarbeiten gesperrt worden.
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Auch bei der S-Bahn kam es wegen umgestürzter Bäume in der Nacht und am Vormittag zu Sperrungen und Einschränkungen, etwa bei den Linien S2, S3/S9, S25, S45 und auf der Ringbahn zwischen Tempelhof und Südkreuz. Zuletzt fuhr am Sonntagabend auch die S1 zwischen Frohnau und Waidmannslust wieder im regulären Takt. Bei Pichelsberg ist ein Zug gegen einen umgestürzten Baum gefahren, laut Bahn ist dabei niemand verletzt worden.
Die BVG meldete, dass 18 Buslinien zeitweilig von Sturmschäden betroffen waren. Bei der Straßenbahn wurden sieben Linien (M1, M6, M10, M17, 12, 62 und 63) zeitweilig unterbrochen werden. „Vorsorglich“ reduzierte die BVG auf den oberirdischen Abschnitten der U1, U2, U3, U5 und U6 das Tempo zeitweise auf 40 Stundenkilometer.
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Für Sonntagabend erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) ein deutliches Abflachen des Sturms.
In Norddeutschland verursachte das Sturmtief für teils orkanartige Böen und Sturmfluten. Der DWD hob erst am Sonntagmittag seine Unwetterwarnung auf, rechnete aber noch bis zum späten Nachmittag mit Sturmböen. Und das Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) warnt bereits vor der nächsten Sturmflut.
Wegen des schweren Sturms ist der Bahnverkehr im Norden und Nordosten Deutschlands auch am Sonntagmorgen noch beeinträchtigt gewesen. Die Probleme sollten voraussichtlich bis in die Mittagsstunden anhalten, teilte die Deutsche Bahn mit. (mit dpa)