Thailand: Auch nach der Rettung von acht Jungen bleibt die Lage riskant
Erneut haben Spezialtaucher vier Jungen unter extremer Gefahr aus der überfluteten Höhle in Nordthailand befreit. Vier weitere Kinder und ihr Betreuer müssen noch ausharren. Fragen und Antworten zur Rettungsaktion.
Es grenzt an ein Wunder: Nunmehr acht der zwölf wochenlang eingeschlossenen Jugendlichen konnten erfolgreich aus der überschwemmten Tham-Luang-Höhle in Thailand geborgen werden. Sie leben und werden im Krankenhaus stabilisiert. Nach einer zwölfstündigen Pause hatte das Einsatzteam am Montagmorgen mit dem zweiten Teil der Befreiungsaktion begonnen. Menschen überall auf der Welt bangen weiter mit – denn die Rettung bleibt höchst riskant.
Weshalb wurde die Rettungsaktion so lange unterbrochen?
Die Sauerstoffvorräte waren aufgebraucht. Taucher hatten entlang der vier Kilometer langen Tunnelstrecke Pressluftflaschen deponiert, diese Vorräte mussten erst wieder aufgefüllt werden. Jede Aktion ist aufwendig und wird sorgsam vorbereitet. Am Montag waren zudem die gleichen Spezialtaucher im Einsatz wie am Sonntag. Auch für sie ist der Tauchgang kräftezehrend, bis zur Kammer der Gefangenen und zurück sind sie elf Stunden unterwegs. Sie müssen sich nach jeder Mission erholen. Die übrigen vier Jungen und ihr Trainer werden darum wohl erst am Dienstag aus der Höhle geholt.
Die Tauchrettung hat funktioniert. Warum bleibt die Lage angespannt?
Die Bedingungen für den ersten Versuch waren vergleichsweise günstig: Helferteams haben bereits mehr als 150 Millionen Liter Wasser aus der Höhle gepumpt und damit die Zahl der besonders gefährlichen Stellen reduziert. Allerdings hat es in der Nacht zu Montag erneut geregnet, Wasser sickert stetig von oben durch das poröse Gestein in das unterirdische Höhlensystem. Am Montag schien die Sonne, doch weitere Unwetter sind angekündigt. Damit droht eine erneute Überflutung. Die Jungen in der Höhle sind angeschlagen – einige haben offenbar Infektionen.
Wieso wurden die stärksten Jungen zuerst gerettet?
Nie zuvor hat es einen vergleichbaren Rettungsversuch gegeben. Selbst für erfahrene Taucher ist der Einsatz heikel – der Mann, der am Freitag in der Höhle starb, war ein ehemaliger Marinetaucher mit besten Voraussetzungen. Die Retter sind zunächst mit den fitteren Jungen gestartet, um selber Routine zu gewinnen und nachjustieren zu können, falls etwas nicht optimal läuft. In der Höhle bekommen die nach Tagen ohne Nahrung geschwächten Verbliebenen derweil weiter Spezialnahrung, damit sie vor dem strapaziösen Rückweg zu Kräften kommen. Expertenteams arbeiten weiter daran, den Wasserpegel in der Höhle zu regulieren.
Aus welchem Grund wurden die Kinder betäubt?
Aussagen eines dänischen Tauchers nach wurden die Jungen nicht völlig narkotisiert, haben aber Beruhigungsmittel bekommen. Der Weg in die Freiheit dauert fünf Stunden, die Sicht ist trüb, der Felstunnel zum Teil nur 37 Zentimeter hoch. Eine beklemmende Situation, zumal viele der Jugendlichen Nichtschwimmer sind. Sie befinden sich seit mehr als zwei Wochen in einem körperlichen und psychischen Ausnahmezustand. Unter Wasser könnte eine Panikattacke tödlich sein.
Wie genau läuft die Befreiung in der überschwemmten Höhle ab?
Weil die Jungen zu unsicher sind im Umgang mit dem Mundstück üblicher Taucherausrüstungen, tragen sie Atemmasken, in denen sie normal Luft holen können. Jeder von ihnen ist mit Seilen an einen Profitaucher gebunden. Ein weiterer schwimmt hinterher. Die Taucher orientieren sich an einem acht Millimeter dicken Stahlseil, das durch die gesamte Höhle gespannt wurde. Sobald die Kleingruppen das Basislager der Taucher erreicht haben, werden sie medizinisch versorgt. Den Rest des Weges können sie zu Fuß bestreiten oder werden getragen.
Stimmt es, dass keiner weiß, welche Kinder gerettet sind?
Einige Medien berichten, die Eltern würden im Unklaren gelassen, bis alle Kinder in Sicherheit sind, damit keiner sich benachteiligt fühlt. Andere nennen aber bereits Namen der Geretteten. Am Montag sollen erste Angehörige zu den Jugendlichen gelassen worden sein, die in einem 57 Kilometer entfernten Krankenhaus betreut werden.
Was ist über den Gesundheitszustand der Befreiten bekannt?
Zwei von ihnen wurden nach Angaben des Einsatzleiters zunächst in die Notaufnahme gebracht. Akute Lebensgefahr besteht offenbar bei keinem. Allerdings haben die Nachwuchsfußballer mehr als zwei Wochen unter prekären Bedingungen hinter sich. Sie haben Tropfwasser von der Decke getrunken, inmitten der eigenen Fäkalien ausgeharrt. Der Sauerstoffgehalt in der Höhle ist niedrig, Viren und Bakterien breiten sich schnell aus (siehe Kasten). Zunächst gilt daher für alle eine Quarantäne. Am Montag nahmen die Kinder die erste richtige Mahlzeit zu sich: Pad Kra Pao, Thai-Hühnchen mit Reis und Basilikum.
Was erwartet den Trainer?
Der nach wie vor eingeschlossene Trainer hat den Einsatzkräften eine Botschaft an die Eltern mitgegeben, in der er sie um Verzeihung bittet dafür, dass er trotz Unwetterwarnungen in die Höhle gegangen ist. Er hat damit fahrlässig gehandelt, seine Aufsichtspflicht verletzt. Einige sollen geantwortet haben, dass er sich keine Vorwürfe machen soll. „Wir sind nicht wütend.“ Der 25-Jährige ist angeblich besonders ausgezehrt, weil er zugunsten der Schutzbefohlenen auf seinen Anteil des Proviants, den sie anfangs noch bei sich trugen, verzichtet hatte. (mit dpa)
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