Spitzkopfnatter im Zoo: Mensch ärgere mich nicht
Am liebsten hängt sie in Bäumen rum und sonnt sich. Aber Vorsicht: Bei Gefahr gibt die Schlange ein Analsekret ab. Der üble Geruch hält sich tagelang.
Namen sind manchmal nicht nett, gelegentlich können die Namensgebenden regelrecht grausam werden. Das gilt für Menschen, die ihre Kinder Brooklyn-Cayenne oder Jeremy-Appletree taufen, ebenso wie für Hundehalter, deren Königspudel auf „Fiffi“ hört. Arme Individuen. Wir sind es gar gewohnt, ganze Gattungen und Arten oberflächlich zu charakterisieren. Das Breitmaulnashorn, die Kurzhalsgiraffe und eben die Spitzkopfnatter wissen das nur zu gut. Gemein, unsere Artgenossen nennen wir doch auch nicht Mondgesicht, Kugelbauch oder Klapperbein. Jedenfalls nicht laut.
Die Spitzkopfnatter, deren tiefblaue Zunge und runden Pupillen im Übrigen viel markanter sind als ihre Kopfform, versteht natürlich nicht, was wir über sie sagen, sonst wäre sie wohl erbost. Ihr wird ohnehin ein feuriges Temperament nachgesagt, einige werfen ihr vor, sie sei aggressiv. Das Glück derer, die mit ihr zu tun haben, ist also, dass die Spitzkopfnatter ungefährlich für Menschen ist. Uns zu erwürgen ist sie mit ihren anderthalb bis zwei Metern zu klein und zu schwach, ihr Biss ist kräftig und schmerzhaft, aber nicht giftig.
Tut weniger weh, ist aber auch nicht schön: Bei Gefahr sondert die Schlange ein übel riechendes Analsekret ab, um Feinde zu vertreiben. „Den Geruch bekommt man tagelang nicht weg“, sagt Tierpfleger Thomas Warkentin. Im Zoo seien die Tiere jedoch in aller Regel sehr umgänglich. Und wenn man mal gebissen werde, sei das immer die eigene Schuld.
Die Natter haben einige ziemlich coole, aber auch fiese Tricks drauf
Die Spitzkopfnatter lebt vor allem in südostasiatischen Regenwäldern, und dort hängt sie am liebsten in Bäumen rum und sonnt sich. Ihre meist grellgrüne Färbung ist eine ideale Tarnung. „Eigentlich verlassen die Tiere die Bäume niemals, höchstens zum Häuten ziehen sie sich in Höhlen zurück, weil sie die Feuchtigkeit dann brauchen“, erklärt Warkentin.
In freier Wildbahn hat die Natter einige ziemlich coole, aber auch fiese Tricks drauf. Vögel zählen zu ihrer Beute, und wenn ein Federvieh den Fehler macht, zu nah an einem schlangenbehangenen Baumwipfel vorbeizufliegen, dann kann sie ihn im Flug schnappen. Ihr Schwanzende ist oft grau, mitunter rötlich gefärbt, das hilft am Boden bei der Nahrungssuche: Besonders Jungtiere imitieren damit leicht einen Wurm. Der lockt Frösche und Geckos an, die dann mirnichtsdirnichts vom Futternden zum Gefutterten werden.
Im Zoo kann man das nicht beobachten, ob leider oder zum Glück, mag jeder selbst entscheiden. Hier bekommen die Nattern alle paar Tage tote Mäuse vorgesetzt, etwa fünf pro Spitzkopf. Dann muss sich auch niemand drum streiten, denn eigentlich sind Schlangen Einzelgänger. Bei manchen Arten könnte man noch nicht einmal zwei Männchen in einen Käfig stecken, ohne dass die sich gegenseitig auffräßen. Dagegen sind Spitzkopfnattern fast schon gesellig. Im Berliner Aquarium leben gleich fünf Tiere auf etwa sechs Quadratmetern. Oft hängen die Nattern knäuelweise im Gestrüpp, dann ahnt der Besucher nicht, dass es mehrere Schlangen sind.
Namen haben die Tiere übrigens keine. „Die sind ja taub. Wozu also?“, sagt Warkentin.
SPITZKOPFNATTER IM ZOO
Lebenserwartung im Zoo: cirka 15 Jahre
Fütterungszeiten: Alle sieben bis zehn Tage morgens, bevor die Besucher kommen
Interessanter Nachbar: Boa Constrictor, Honduras-Königsnatter