zum Hauptinhalt
Nerdig. Youtube-Star Florian Mundt alias LeFloid in seinem Schlafzimmer, prima ausgestattet mit einem Stormtrooper aus den „Star Wars“-Filmen.
© Youtube
Update

Gentlenerd trifft Kanzlerin: Youtube-Star LeFloid interviewt Angela Merkel

Angela Merkel geht in die Social-Media-Offensive: Erst kürzlich hat sie ein Instagram-Profil angelegt, heute lässt sie sich von Youtube-Star LeFloid interviewen - und der gab sich vorab äußerst charmant.

Wer die Bundeskanzlerin zum Interview trifft, zieht sich in der Regel etwas Schickes an. Blazer oder Krawatte und Anzug gehören zum ungeschriebenen Dresscode beim Besuch im Kanzleramt. Auf solche Regeln aber wird Youtube-Star LeFloid wohl pfeifen, wenn er an diesem Freitag Angela Merkel trifft. Schließlich gehören T-Shirt und Kappe zu seinen Markenzeichen. Sein Outfit dürfte allerdings nicht der einzige Regelbruch bleiben – aber gerade das macht ihn für die Regierungschefin zum gern gesehenen Gast.

Internet als "Neuland"- nicht länger für Merkel

Denn im Interview mit dem Youtuber will Merkel die Zielgruppe der jungen Wähler ansprechen, die sich heute immer weniger über klassische Medien, sondern über die sozialen Kanäle informiert. Und hier ist LeFloid alias Florian Mundt ein Star. Mit mehr als 2,6 Millionen Abonnenten gehört sein Kanal zu den erfolgreichsten auf Youtube, seit sieben Jahren begrüßt der Berliner hier „Ladies und Gentlenerds“. „LeNews“ heißt seine Sendung, von der er zwei Folgen pro Woche veröffentlicht mit dem Untertitel „Action News. Aber hart!“. Zwischen fünf und zehn Minuten sind die Folgen lang, mal geht es darin um Griechenland oder US-Politik, mal um Sexismus in der Gamingszene oder die Frage, ob Dinosaurier bald geklont werden könnten – selbstverständlich nicht in seriöser „Tagesschau“-Manier. LeFloid spricht schnell und laut, mit vielen Grimassen und Gestik. Als Studio nutzt er sein Schlafzimmer, im Hintergrund steht eine Figur aus den „Star Wars“- Filmen, im Regal stapeln sich Videospiele – die Bezeichnung „Gentlenerd“ trifft LeFloid selbst sehr gut.

LeFloid, der an der Humboldt-Universität Psychologie studiert, grenzt sich damit bewusst von klassischen Journalisten ab. „Ich bin nicht Claus Kleber“, sagte er kürzlich im Interview mit dem „Spiegel“. Objektive Berichterstattung ist nicht sein Ding, er kommentiert und provoziert – und das mit Erfolg. Von seinen Werbeeinnahmen kann der 27-Jährige mittlerweile leben. Tritt er bei Veranstaltungen wie der Spielemesse GamesCom auf, wird er von einem Schwarm kreischender Mädchen wie ein Popstar gefeiert. 2013 wurde er mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet, auch der Preis des Radiosenders Eins Live, die Eins-Live-Krone, wurde ihm verliehen.

Von dieser Popularität will nun auch Angela Merkel profitieren. Noch bevor sie am Sonntag im ARD-„Sommerinterview“ zu sehen ist, lädt sie LeFloid am Freitag zum Gespräch.

Die Zusammenarbeit mit dem Youtuber ist Teil einer größeren Social-Media-Offensive, die das Bundespresseamt gestartet hat, um junge Menschen besser zu erreichen. Seit Anfang des Jahres ist die Bundesregierung mit einem Profil auf Facebook vertreten, seit wenigen Wochen werden Bilder aus Merkels politischem Alltag auf der Fotoplattform Instagram veröffentlicht – und nun kommt das große Youtube-Interview.

Von den Barack Obama abgeschaut

Vorbild für diese Offensive dürften die Strategien sein, die vor allem auch US-amerikanische Politiker wie Präsident Barack Obama mit seiner Frau Michelle Obama anwenden. Die Obamas traten beide vor der Wiederwahl 2012 verstärkt in diversen Talk- und Comedysendungen auf, die besonders von jungen Leuten im Internet geschaut werden. Sogar in Sketchen spielten sie mit. So durfte der Schauspieler Zach Galifianakis in seiner Internetshow „Betweetn to Ferns“ Obama regelrecht veralbern. Michelle Obama lief in der beliebten „Late Night Show with Jimmy Fallon“ mit dem Talkmaster um die Wette.

Der große Vorteil solcher Auftritte: Sie garantieren den Politikern eine hohe Einschaltquote, ohne dass kritische Fragen von Journalisten beantwortet werden müssten. Die Wahl von LeFloid sei jedoch „keine bewusste Entscheidung gegen einen Journalisten“, sagt ein Regierungssprecher, „sondern für den bekannten Youtuber Florian Mundt“. Er schaffe es „wie kaum ein anderer deutscher Youtuber, mit seinem jungen Publikum auch über politische Sachverhalte zu diskutieren“.

Dennoch wird Merkel im Gespräch mit LeFloid kaum ins Schwitzen kommen. Er wolle „ein bisschen mit Angela schnacken“, kündigte der Youtuber am Dienstag an. Die Fragen für das Interview denkt er sich nicht selbst aus, sondern unter dem Hashtag #NetzfragtMerkel sammelt er auf Twitter, Facebook und Youtube Fragen von Nutzern, aus denen er die besten auswählen will. Die Resonanz ist groß, mehr als 12 000 Kommentare gingen am Dienstag bereits ein. Eine Vorauswahl der Themen durch die Bundesregierung finde aber nicht statt, betonte ein Sprecher.

Veröffentlicht werden soll das Interview am Montag auf LeFloids Youtube-Kanal. Ein Honorar bekommt er für das Gespräch angeblich nicht, dennoch dürfte er für das Interview ebenso entlohnt werden wie Merkel: mit besonders viel Aufmerksamkeit.

Zur Startseite