Videoplattform Youtube: Youtube-Star ist ein Kindheitstraum
Gronkh, LeFloid, Melissa Lee haben Millionen Fans. Viele Youtube-Stars spielen und kommentieren Computerspiele. Andere geben Beautytipps oder machen Comedy. Eine Zauberformel für Ruhm gibt es wie so häufig nicht.
Sie heißen Gronkh, Ytitty und LeFloid, sie spielen Computerspiele, machen Comedy und reden über Themen wie Aprilscherze, „Nazi-Hipster“ und „harte Tattoo-Fails“ und erreichen damit ein Millionenpublikum. Auf Youtube.
Seit die Videoplattform vor zehn Jahren in Kalifornien gegründet wurde, ist auch in Deutschland eine rapide wachsende Szene entstanden, die immer wieder neue Erfolge verzeichnet. Abseits der etablierten Medien sind Gesichter ins Rampenlicht gerückt, die unter Teenagern oft bekannter sind als mancher Fernsehmoderator oder Schauspieler. Die drei größten deutschen Youtube-Kanäle – Gronkh, Ytitty, Kontor – erreichen gemeinsam mit ihren knapp zehn Millionen Abonnenten mehr Menschen als alle überregionalen Tageszeitungen zusammen. Youtube-Star ist inzwischen ein Kindheitstraum wie Rockstar oder Schauspieler geworden.
Oft sind es ähnliche Konzepte, mit denen Youtuber erfolgreich werden. So machen zum Beispiel sowohl der erfolgreichste Youtuber Gronkh, 38, in Deutschland als auch der in den USA führende PewDiePie sogenannte Lets-Play-Videos-Filme, in denen sie Computerspiele spielen und diese kommentieren. Auch Beauty- wie Comedy-Channels verzeichnen viele Abonnenten.
Das heißt jedoch nicht, dass andere Videos keinen Erfolg haben könnten, sagt Mounira Latrache: „In den letzten Jahren sind immer wieder Konzepte erfolgreich geworden, auf die so niemand gekommen wäre. Die hätte nie entstehen können, wenn man das von langer Hand vorher geplant hätte. Es gibt Ideen, die funktionieren entgegen jeglicher Erwartung.“ Latrache leitet den Youtube Space Berlin, ein Studio für Onlinevideos, das Youtube Anfang Mai gemeinsam mit der Met Film School Berlin eröffnet hat.
In der Youtube-Space wird die Karriere geprobt
Südlich des Tempelhofer Felds, ganz hinten im Hof der Met Film School, hinter dem Studio, in dem Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf jede Woche zum „Circus Halligalli“ laden, liegt das Berliner Youtube-Land. Drei Filmstudios, zwei kleine und ein turnhallengroßes, dazu mehrere Schnittplätze und Konferenzräume. Youtuber mit mehr als tausend Abonnenten können die Studios, die Schnittplätze und das Equipment umsonst nutzen. In Workshops lernen Anfänger die Grundlagen, was zu beachten ist, wenn man wie Gronkh und LeFloid, 27, mit seinen Videos ein Millionenpublikum erreichen will. In London, Los Angeles, Tokio, New York und São Paolo gibt es solche Einrichtungen schon länger, der Berliner Space ist der erste auf dem europäischen Kontinent. Latrache sieht es als Chance für die deutsche Youtube-Szene: „Der Space soll als kreativer Raum dienen, um sich inspirieren zu lassen und Ideen zu entwickeln.“ Youtubern soll die Möglichkeit gegeben werden, ihre eigenen Ideen zu realisieren, zu lernen, sich mit anderen Youtubern zu vernetzen und tolle Videos in den Sets zu produzieren.
Eine, die sich mit einem weniger weit verbreiteten Konzept auf Youtube bereits einen Namen gemacht hat, ist Melissa Lee. Auf ihrem Kanal „breedingunicorns“ hat sie fast 27 000 Abonnenten. In ihren Videos, sogenannten DIYs, bastelt die 24-Jährige Modedesignerin Accessoires: Blumenkronen, Star-Trek-Ohrringe, Kissen in Sushiform. Schritt für Schritt erklärt sie ihre Projekte, sodass ihre Abonnenten mitbasteln können.
Das Konzept funktioniert, mehrere tausend Aufrufe haben ihre wöchentlichen Videos, die sie nur mit einer Spiegelreflexkamera, einem Mikrofon und ein paar Lichtern in ihrer Boutique in Wedding aufnimmt. Eine genaue Anleitung, wie man auf Youtube erfolgreich werden kann, hat sie nicht: „Alle fragen immer nach einer Zauberformel. Die gibt es aber nicht.“ Man müsse Geduld haben. „Man darf nicht glauben, dass man drei Videos hochlädt und dann geht’s ab. Man braucht schon einen langen Atem.“ Authentisch müsse man auch sein, sagt sie. „Das Publikum merkt das sonst.“ Davon leben kann sie noch nicht, sie betreibt nebenbei ihr Label und ihren Laden im Wedding.
Christoph Krachten organisiert Videodays
Trotz des Erfolgs mancher Youtuber gibt es bei der Themenwahl keine Einschränkungen. Das sagt auch Christoph Krachten: „Ich würde nie sagen: ,Das funktioniert nicht.‘ Dazu verändert sich das Internet viel zu schnell. Man kann immer nur sagen: ,Das funktioniert gerade.‘“ Krachten muss es wissen. Er organisiert die Videodays, das größte Youtuber-Treffen Europas, und ist selbst auch ein bisschen so etwas wie ein Youtube-Star. Sein Kanal Clixoom, auf dem er in kurzen Videos wissenschaftliche Phänomene erklärt, hat mehr als 320 000 Abonnenten. Die Erfolge der Lets-Plays zum Beispiel, sagt Krachten, hätte er nie so vorausgesagt.
Immer wichtig sei aber ein klares Konzept, sagt Krachten: „Man braucht für seinen Kanal ein klares Profil. Ich möchte wissen, was ich sehe. Das Schlimmste ist, wenn Leute ein Video hochladen und fragen: Was soll ich machen? Man muss vorher wissen, wofür man Leidenschaft hat. Die Community kann einem das nicht sagen, die sagen, ob sie es mögen oder nicht.“ Bis Januar dieses Jahres war er Geschäftsführer bei Mediakraft, einer der größten Vermarktungsplattformen für Youtuber.
Auch für ihn ist die Authentizität eine der wichtigsten Voraussetzungen für gute Onlinevideos. „Man muss so sein, wie man ist. Die Person muss echt sein“, sagt er. Wer authentisch ist, könne auf Youtube Erfolg haben. „Viele von denen, die online wahnsinnig erfolgreich sind, wären nie ins Fernsehen gekommen. Die wären in der ersten Castingrunde rausgeflogen.“ Melissa Lee drückt es anders aus: „Jeder hat Sachen, die ihn ausmachen“, sagte sie. „Wenn man es schafft, das aus sich rauszuholen, dann kann es laufen.“
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