Zu meinem ÄRGER: Wo Hierachie zerstört
Sabine Rollberg ärgert sich über Senderhierarchien, die ihre Macht missbrauchen. Und sie freut sich über Arte
Frau Rollberg, was hat Sie in den Medien in dieser Woche am meisten geärgert?
Die meisten Frauen in der Medienbranche werden erleichtert sein, denn es gehört nun nicht mehr dazu – zum Beispiel bei einer Drehbuchbesprechung – die Hand eines Machtvollen auf seinem Oberschenkel zu fühlen. Nahezu jede Woche wird ein neuer Name durch die Schlagzeilen gejagt. Was lange nicht ernst genommen und gerne übersehen wurde, wird plötzlich geahndet.
Eigentlich ein Grund zur Freude, warum ärgert es mich? Weil meist nur von den Verfehlungen einzelner die Rede ist und das System dahinter unberücksichtigt bleibt. Ein Geflecht von Macht, Kumpanei und Abhängigkeiten, von dem vor allem auch die freien Mitarbeiter*innen der Sender ein trauriges Lied singen können. „Freienstrich“ nennen sie daher ein Café im Dunstkreis des WDR, wo es um die Gunst der Festangestellten geht. Es geht also nicht nur um Männer, es geht um Hierarchien, die ihre Macht missbrauchen, und um Strukturen, die das zulassen. Metoo birgt die Chance zu einer grundlegenden Reform der zerstörerischen Hierarchisierung der Sender. Diese Machtfülle und die Ohnmacht der Kreativen sind für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefährlicher als jede AFD-Kritik.
Gab es auch etwas, worüber Sie sich freuen konnten?
Ein Artikel in der „FAS“ von Livia Gerster über den israelischen Politologen David Ranan, der in der radikalen Antisemitismusdebatte in Deutschland Worte als Brücken anbietet.
Welche Homepage können Sie denn empfehlen?
www.arte.tv – weil man immer was Sehenswertes findet.
Sabine Rollberg war Redakteurin im WDR, ARD-Auslandskorrespondentin in Paris und New York, Arte-Chefredakteurin. Seit 2008 unterrichtet sie an der Kölner Kunsthochschule für Medien.
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