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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (l.) mit Rami Hamdallah.
© Prime Minister Office/APA Images via ZUMA/dpa

Nahost-Konflikt: Abbas entschuldigt sich - Irritationen um Woidke

Erst machte er Juden für den Holocaust verantwortlich, nun rudert Palästinenserpräsident Abbas zurück. Mittendrin ein Patzer von Brandenburgs Regierungschef Woidke während seiner Nahostreise.

Potsdam/Jerusalem - Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat sich für seine Äußerungen zum Holocaust entschuldigt. „Wenn Menschen durch meine Aussagen vor dem Palästinensischen Nationalrat beleidigt wurden, insbesondere Menschen jüdischen Glaubens, entschuldige ich mich bei ihnen“, sagte Abbas in einer am Freitag verbreiteten Stellungnahme. Gleichzeitig betonte er seinen „vollen Respekt für den jüdischen Glauben ebenso wie für die anderen monotheistischen Glauben“.

Er verurteile „Antisemitismus in all seinen Formen“ und den Holocaust als „das abscheulichste Verbrechen der Geschichte“, erklärte Abbas. Sein Engagement gelte einer Zweistaatenlösung und einem Leben „Seite an Seite in Frieden und Sicherheit“. Zuvor war der 82-Jährige als Vorsitzender des Exekutivkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) einstimmig wiedergewählt worden.

Woidke war mehrere Tage in Israel - auch in Yad Vashem

Am Montagabend hatte er in einer Rede vor dem Palästinensischen Nationalrat erklärt, dass die Juden aufgrund ihres „soziales Verhaltens“, ihrer Beziehungen zum Bankwesen und des Verleihens von Geld, der jahrhundertelangen Judenfeindlichkeit und somit auch der Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten ausgesetzt gewesen seien.

Ausgerechnet ein Ministerpräsident aus Deutschland bekam offenbar von alldem nichts mit und leistete sich einen Patzer. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) war auf mehrtägiger Israel-Reise unterwegs – auch als Abbas seine Rede hielt. Doch bei einem Treffen am Mittwochmittag mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah spielte die Abbas-Rede keine Rolle.

Von der Abbas-Rede nichts gewusst

Zuvor hatte Woidke in Israel eine Vereinbarung mit der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, weil dort Brandenburger Lehrer fortgebildet werden sollen. Brandenburg ist damit das 14. Bundesland. Am Dienstag dann überreichte er drei Überlebenden der Schoah Landesverdienstorden, weil sie in Brandenburg Kindern, Studenten und Polizeischülern in Brandenburg ihre Geschichte erzählen.

Die Nachrichtenagentur dpa kabelte Dienstagmittag, einen Tag vor Woidkes Treffen mit dem Palästinenserpremier: „Abbas gibt Juden Schuld an Holocaust“. International war Abbas deshalb scharf kritisiert worden. Vertreter der USA und Israels verurteilten die Äußerungen, ebenso Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Woidkes Parteigenosse twitterte Mittwochmittag: „Wir treten gegen jegliche Relativierung des Holocausts ein.“ Zur selben Zeit begann Woidkes Gespräch mit dem Palästinenserpremier. Doch Woidkes Stab hatte die Nachrichtenlage offenbar nicht im Blick, verbreitete stattdessen Fotos, auf denen Woidke dem Palästinenserpremier eine Imagebroschüre des Landes Brandenburg überreicht.

Einem „Bild“-Reporter erklärte ein Sprecher des Ministerpräsidenten am Donnerstag vor Ort, die Abbas-Rede sei ihm nicht bekannt gewesen. Anderen Journalisten erklärte er, Woidke habe erst kurz vor dem Treffen mit Hamdallah von der Rede erfahren – aber keine Details.

Erst am Donnerstagvormittag dann ließ Woidke eine Erklärung verbreiten, in der er die Äußerungen von Abbas als unerträglich bezeichnete. „Er hat eine Grenze überschritten. Mir ist völlig egal, ob er glaubte, sich dazu aus innerparteilichen Gründen genötigt zu sehen“, sagte Woidke. Die Äußerungen schmerzten gerade jetzt, während seines Besuchs in Israel und in den palästinensischen Gebieten. Solche Statements seien Wasser auf die Mühlen jener, die keine Einigung in Nahost wollen – und zwar auf beiden Seiten.

Der Brandenburger CDU-Chef Ingo Senftleben, der 2019 die Landtagswahl im seit 1990 SPD-regierten Brandenburg gewinnen will, warf Woidke angesichts das Patzers „mangelndes Gespürs für das Notwendige“ vor, wenn er als deutscher Ministerpräsident zu einem solchen Zeitpunkt in Israel sei. Der Umgang mit der Abbas-Rede offenbare ein „hohes Maß an Unbedarftheit“. (mitAFP/KNA)

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