Olympia im Fernsehen: Wo fliegen sie denn?
Die Frage, was ARD und ZDF von Olympia senden dürfen, beschäftigt auch Medienrechtler. Kurzberichte in der "Tagesschau", wie man sie von der Bundesliga kennt, gestalten sich schwierig.
Diese Vierschanzentournee würde Skispringer Severin Freund wohl am liebsten schnell vergessen. Bei den ersten beiden Springen enttäuschte der deutsche Mitfavorit, das dritte Event machte Freund nicht mehr mit. Ein Grund mehr, sich auf die nächsten Olympischen Winterspiele zu freuen, im Februar 2018 in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang.
Sollte Freund dort aufs Siegertreppchen fliegen, dürften deutsche Zuschauer davon wenig mitbekommen. Die vier kommenden Olympischen Spiele werden bekanntlich nicht von ARD und ZDF übertragen, die Rechte waren zu teuer. Und wer sich diese Spiele nicht auf Eurosport angucken will, weil die Werbung nervt, wartet auf olympische Kurzberichte in „Tagesschau“ oder „heute“ wohl vergebens – so, wie es aussieht, wird es dort keine bewegten Bilder eines Triumphes von deutschen Olympioniken geben.
Stichwort Kurzberichterstattung. Das ist laut Rundfunkstaatsvertrag eine dem jeweiligen Anlass entsprechende nachrichtenmäßig knappe Berichterstattung „über Veranstaltungen und Ereignisse, die öffentlich zugänglich und von allgemeinem Informationsinteresse sind“, das gilt zum Beispiel für die Fußball-Bundesliga oder Champions League.
Der Medienrechtsanwalt Stephan Dittl hat in einem epd-Interview darauf hingewiesen, dass das bei Olympia nicht so einfach ist. „Das deutsche Recht auf Kurzberichterstattung sieht vor, dass die Sender mit eigenen Teams in die Stadien gehen und die Wettbewerbe selbst aufzeichnen.“ In Asien werde sich dieses Recht nicht durchsetzen lassen.
Wille sagt: „Das gehört ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.“
„Außerdem wäre es mit hohen Kosten für die Sender verbunden, die sich für die kurzen Berichte kaum lohnen.“ ARD und ZDF müssten sich also nach derzeitiger Rechtslage mit Discovery auf Zweitrechte für die Kurzberichterstattung einigen – wenn denn Discovery überhaupt zu einem Verkauf solcher Rechte bereit ist.
Das deutsche Recht auf Kurzberichterstattung regelt grundsätzlich den Ortszugang zu Ereignissen, die in Deutschland stattfinden, bestätigt auch ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz dem Tagesspiegel. „ARD und ZDF werden sich bemühen, in Gesprächen mit Discovery hier eine zufriedenstellende Lösung zu finden, die eine Berichterstattung in Bewegtbildern ermöglicht.“
Erstaunlicherweise sieht das Kurzberichterstattungsrecht der EU-Ebene anders aus. Da darf laut Dittl das Sendesignal des Exklusivpartners abgegriffen werden. „Da wäre es also egal, ob die Bilder in Asien gefilmt werden oder in Deutschland. Wenn Sky beispielsweise exklusiv die Bundesliga überträgt, könnte ein anderer Sender das Signal mitschneiden und kurze Ausschnitte in der nachrichtlichen Berichterstattung verwenden.“
Das sei in Deutschland derzeit nicht erlaubt - anders als etwa in Österreich. Nun seien politische Entscheidungen gefragt, sagt der Medienrechtsanwalt. „Die Öffentlich-Rechtlichen könnten ihre Drähte zu den Bundesländern nutzen: Sie haben es in der Hand, eine Änderung der Rechtslage in Deutschland politisch voranzutreiben – auch wenn es im Zweifelsfall nur dazu dient, in den Verhandlungen mit Discovery die Preise für Zweitrechte für die Kurzberichterstattung zu senken.“
Im Grunde wäre eine Verlagerung der Kurzberichterstattung von deutscher auf EU-Ebene die plausibelste Lösung, im Sinne der Free-TV-Sender. Wenn denn dann ARD, ZDF, RTL & Co. Sendesignale von Eurosport mitschneiden könnten, so Dittl, wären Olympia-Kurzberichte in den Nachrichtensendungen möglich.
Da wird bis zuletzt gepokert werden, ähnlich wie derzeit bei den Medienrechten zur Handball-WM, die in zwei Wochen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu starten droht. Die ARD-Vorsitzende Karola Wille bekräftigte indes, dass sich ARD/ZDF um die Übertragung der Paralympics 2018 bemühen werden. „Das gehört ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.“
Außerdem werde über Nachverwertungsrechte für Radio, Fernsehen und Internet geredet. „Wir schauen, welche Möglichkeiten uns angeboten, welche Preise aufgerufen werden.“ Wenn es denn bei Olympia Medaillen für deutsche Teilnehmer geben sollte, dürfte das Geld gut angelegt sein.
Markus Ehrenberg