Stipendienprogramm von Reporter ohne Grenzen: Wer liest auf dem Handy mit?
Weiterbildung in digitaler Sicherheit: Reporter ohne Grenzen und der Senat legen Stipendienprogramm auf. Wie können Journalisten sicher kommunizieren? Wie können sie sich vor Hackerangriffen schützen?
Der Mord an der Reporterin Daphne Caruana Galizia auf Malta, das Attentat an dem Investigativreporter Jan Kuciak in der Slowakei - nur zwei drastische Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zum Thema Sicherheit und Gefährdung von Journalisten bei ihrer Arbeit. Zwei Beispiele, die auch die Arbeit von Reporter ohne Grenzen betreffen. Ziel der Vereinigung ist es, Journalisten so zu helfen, dass sie vor Verfolgung geschützt sind und langfristig ihre journalistische Tätigkeit in ihren Heimatländern weiterführen können. Reporter ohne Grenzen unterstützt seit Längerem Journalisten durch Stipendien. Nun kommt in Zusammenarbeit mit der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe ein Stipendienprogramm für „in Not geratene Medienschaffende“ hinzu. Besonderer Fokus: digitale Risiken, digitale Verhaltensstrategien.
„Weltweit werden Medienschaffende von Regierungen und Geheimdiensten zunehmend überwacht“, sagt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, dem Tagesspiegel. „Mindestens die Hälfte der Journalisten, die sich an das Nothilfereferat von Reporter ohne Grenzen in Berlin wenden, wurden Opfer digitaler Überwachung. Wir möchten mit dem Stipendienprogramm dieser Entwicklung Rechnung tragen und Medienschaffende weltweit in digitaler Sicherheit weiterbilden.“ Es geht um die Fragen: Wie können Journalisten sicher kommunizieren? Wie können sie sich vor Hackerangriffen schützen? Gleichzeitig soll die digitale Nothilfe verstetigt werden, zum Beispiel, was das Säubern verseuchter Handys betrifft.
Ein wichtiger Standort für Exilmedien aus aller Welt
Die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe stellt für das Programm rund 470 000 Euro zur Verfügung. „In zahlreichen Ländern wird die Arbeitssituation für Journalisten und Blogger immer dramatischer, viele werden eingeschüchtert, bedroht und verfolgt. Berlin hat sich in den letzten Jahren als ,netzpolitische Hauptstadt Europas’ etabliert, hier ist eine bedeutende Szene mit digitalen Aktivisten gewachsen“, sagt Senatorin Ramona Pop. Berlin als Stadt der Freiheit sei ein Anziehungspunkt, „wir nehmen unsere Verantwortung zur Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit wahr.“
Das Programm ist auf anderthalb Jahre ausgelegt. In der Zeit sollen in vier Durchgängen insgesamt 16 Medienschaffende aus der ganzen Welt und drei im Berliner Exil lebende Journalisten teilnehmen. Das Programm richte sich, so Mihr, an professionelle Journalisten, aber auch an Blogger, die gerade in Ländern mit autoritären Regimen und in Kriegsländern eine wichtige Rolle bei der Verbreitung politisch relevanter Nachrichten spielen. Es richte sich auch an Exiljournalisten, die in Berlin arbeiten. „Die Stadt ist ein wichtiger Standort für Exilmedien aus aller Welt geworden, darunter Meydan TV und taz-gazete.“ Die Medien erscheinen fast ausschließlich online, gleichzeitig arbeiten Mitarbeiter anonym weiter in den jeweiligen Heimatländern. Diese Exilmedien seien daher besonders anfällig für digitale Bedrohungen.