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Noch-Degeto-Geschäftsführerin Christine Strobl.
© dpa

Wechsel in der ARD: Was auf die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl zukommt

Christine Strobl wird neue ARD-Programmdirektorin. Ein Karriereschritt, damit wachsen der Tochter von Wolfgang Schäuble aber auch schwere Aufgaben zu.

Es war Anfang März diesen Jahres, Berlinale-Zeiten, als Corona hierzulande noch kein so großes Thema war. Dichtes Gedränge in einem Penthouse-Studio oben am Berliner Gendarmenmarkt. Dutzende von Autorinnen stellen der ARD im Speeddating-Verfahren neue Filmstoffe vor. Mittendrin in aller Ruhe, Freundlichkeit und Entspanntheit die Frau, die demnächst nicht nur, wie bisher, über neue Filme sondern übers gesamte ARD-Programm entscheidet.

Christine Strobl wird als neue ARD-Programmdirektorin zum 1. Mai 2021 die Nachfolge von Volker Herres antreten, der vorzeitig Ende April 2021 aufhören wird. Das haben die Intendantinnen und Intendanten auf ihrer Sitzung in dieser Woche in Berlin beschlossen. Christine Strobl verantwortet in ihrer neuen Funktion das Erste Deutsche Fernsehen, die ARD-Mediathek und sitzt der neu beauftragten Videoprogrammkonferenz vor, die für die linearen und nonlinearen Videoangebote zuständig ist, teilte die Anstalt mit.

Die ganz große Überraschung war diese Nachricht am Donnerstag vormittag nicht mehr. Der Branchendienst DWDL hatte am Dienstagabend schon Quasi-Vollzug dieser wichtigen Medien-Personalie gemeldet, und wer den Weg von Christine Strobl schon länger verfolgt hat und ihr persönlich begegnet ist, hat geahnt, wohin das mit der jetzt 49-Jährigen führt. Man kann der ARD zu dieser Entscheidung nur gratulieren.

Die Juristin Christine Strobl kam 1999 als Trainee zum Südwestrundfunk (SWR). Nach verschiedenen Stationen innerhalb des SWR übernahm sie 2007 die Leitung der Fernsehabteilung Kinder- und Familienprogramm und ab 2011 die Leitung der Hauptabteilung Film- und Familienprogramm in Baden-Baden.

2012 wechselte Christine Strobl als Geschäftsführerin zur Degeto Film nach Frankfurt am Main und brachte die ARD-Filmtochter auf Trab, unter anderem mit einer spürbar veränderten Programmfarbe der Primetime-Filme am Freitagabend wie "Praxis mit Meerblick". Das Credo: Quote und Qualität, weniger Kitsch, durchaus mehr Tiefsinn und gesellschaftliche Relevanz, ohne an Publikum zu verlieren.

Im Ersten verantwortet die Degeto nach eigenen Angaben rund 80 Prozent aller fiktionalen Filme. Strobl baute das Unternehmen organisatorisch und strukturell um, zum "DonnerstagsKrimi" und "Endlich Freitag im Ersten" etablierte sie das "SommerKino im Ersten".

Erfolg mit „Babylon Berlin“

Strobl verantwortete TV-Events wie "Terror - Ihr Urteil" und den preisgekrönten Zweiteiler "Gladbeck" sowie Kinokoproduktionen wie den Oscar-nominierten Kinofilm "Werk ohne Autor" oder die "Eberhofer"-Kinoreihe. Durch die Einführung eines am Anfang durchaus gewöhnungsbedürftigen und nicht unstrittigen Kooperationsmodells mit dem Pay-TV-Sender Sky ermöglichte sie maßgeblich Entstehung und Erfolg der preisgekrönten ARD-Serie "Babylon Berlin", deren dritte Staffel nach der Premiere bei Sky demnächst im Ersten läuft.

Die ARD Programmdirektion wird somit ab Frühjahr 2021 erstmals seit Gründung der ARD von einer Frau geführt. Das ist ein konsequenter Karriereschritt, doch die Aufgaben werden in der föderalen Anstalt nicht einfacher.

Netzwerken kann Strobl, aber der Job der Programmdirektorin des Ersten verlangt viel Diplomatie. Die Chefin des Gemeinschaftsprogramms ist abhängig von Zulieferungen der ARD-Anstalten, ebenso wie bei Volker Herres, 63, der sein Amt zum 1. Mai 2021 an Strobl übergibt. Strobls Nachfolger bei der Degeto soll dann Thomas Schreiber werden, derzeit ARD-Unterhaltungskoordinator und Leiter des Programmbereich Fiktion und Unterhaltung des NDR Fernsehens. Darüberhinaus wird der Journalist Oliver Köhr zum 1. Mai 2021 Chefredakteur der ARD. Er folgt auf Rainald Becker, der das Amt 2016 übernommen hatte

Viel Dynamik in diesen Tagen also bei der ARD - die Personalie Strobl allen voran. Christine Strobl ist die Tochter von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und mit dem baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU) verheiratet. "Ich freue mich wirklich sehr, dass wir mit Christine Strobl eine so erfolgreiche und engagierte Macherin und Managerin gewinnen konnten", so der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow. "Wir sind gespannt auf ihre Impulse, die sie in ihrer neuen Funktion der ARD geben wird. Sie ist eine in der Film- und Fernsehbranche sehr anerkannte Persönlichkeit, die ihre extrem hohe fachliche Kompetenz zuletzt in der Funktion als Geschäftsführerin der Degeto Film GmbH bewiesen hat."

Was sind ihre Aufgaben und Erwartungen? In Buhrows Zitat schwingt das mit. Christine Strobl habe auch gezeigt, dass sie als Programmmacherin in Zeiten sich verändernder Sehgewohnheiten ein relevantes und attraktives Programm für Jung und Alt, für viele Menschen machen kann.

Das kann dann auch schon mal im Speeddating-Verfahren geschehen.

Markus Ehrenberg

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