Zwei Männer, eine Platte: Wallraff und Diekmann im Tischtennis-Duell
Früher wäre ein Duell zwischen einem "Bild"-Chef und einem Undercover-Rechercheur bei "Bild" mit Pistolen ausgetragen worden. Heute reichen zwei Schläger und eine Platte.
Es gab mal eine Zeit, da hätten sich ein „Bild“-Chef und Günter Wallraff eher auf einer Waldlichtung zum Pistolenduell getroffen. Als Wallraff undercover als Hans Esser 1977 vier Monate für die „Bild“ in Hannover gearbeitet hatte, um später in seinem Bestseller „Der Aufmacher“ unsaubere Recherchemethoden aufzudecken. Eine umfangreiche juristische Fehde folgte.
Kai Diekmann, 51, war damals noch Schüler. Er las Wallraffs Texte über die „Bild“-Zeitung, später, als er bei Springer bis in die Chefredaktion des Boulevardblattes kletterte, suchte er den „konstruktiven Dialog“ mit Wallraff. Man gehe, sagte der heutige „Bild“-Herausgeber der dpa, „sehr vernünftig und professionell“ miteinander um.
Wallraff kann über Prozesse nicht nonchalant hinweggehen
Der 73-jährige Wallraff erinnert an „jahrelange Prozesse, Bespitzelungen und Rufmordkampagnen“. Darüber könne er nicht nonchalant hinweggehen, zugleich betont der Journalist und Autor, Diekmann habe „sicher zwischenzeitlich versucht, das Blatt auf einen anderen Kurs zu bringen“. Die „Bild“ sei nicht mehr die pure Häme und Hetze wie früher. Das Boulevardblatt hat sich einer Metamorphose unterzogen – politischer, so sachlich, wie Boulevard sein will, der am Kiosk reüssieren muss, fragwürdige Schwarz-Weiß-Kampagnen nicht als durchgängiges Auflagensteigerungsmittel und populistisches Doping für den aufputschwilligen Leser. Umgekehrt hat sich Wallraff dem Boulevard angenähert. Er arbeitet mit seiner Hans-Esser-Methode heute erfolgreich für den Privatsender RTL.
Am Freitag treffen sich Diekmann und Wallraff zum Ping-Pong-Duell hinter Wallraffs Haus in Köln. Zwei Berliner hatten für die Aufbau ihres Webportals realsatire.de eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Teil davon war ein Tischtennis-Spiel gegen Günter Wallraff. Diekmann erkannte die Chance und kaufte das Spiel für 1111 Euro. Das Tischtennisturnier sei eine Möglichkeit, die Gegnerschaft friedlich und sportlich aufzulösen. Wallraff gibt sich defensiver: „Mir geht es um Sport und Spiel. Das Turnier soll aber auf gar keinen Fall als Werbung für ,Bild’ ausgenutzt werden.“
Beide sind trainierte Spieler
Der Ehrgeiz wird auf beiden Seiten der Platte groß sein. Wallraff spielt gelegentlich Tischtennis mit JVA-Insassen, Diekmann mit seinen Kindern im Haus in Potsdam. Diekmann wird die Schlagzeile „Wallraff demütigt ,Bild’-Chef“ vermeiden wollen, Wallraff umgekehrt die Grobheit „Diekmann haut Wallraff weg“. Es geht über vier Gewinnsätze. Ein sehr knappes 4:3, das von Einsatz, Spannung auch Pech zeugt, ist sicherlich gesichtswahrend für die beiden Männer an der Platte. Timo Boll gibt den Schiedsrichter. Realsatire.de und bild.de übertragen ab 12 Uhr via Livestream auf ihren Facebookseiten.
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