ARD-Spitze 2018: Von Wille zu Wilhelm
Wechsel an der ARD-Spitze: Zu vielen alten Herausforderungen kommen neue Probleme hinzu. Auch die Politik wird reagieren müssen.
Die Übernahme des ARD-Vorsitzes am Jahresanfang 2018 durch Ulrich Wilhelm, den Intendanten des Bayerischen Rundfunks (BR), fällt zusammen mit einem denkwürdigen Ereignis: Nach fast drei Jahrzehnten gibt der BR das ARD-„Mittagsmagazin“ an die Kollegen aus Berlin und Brandenburg ab, weil die öffentlich-rechtlichen Kassen in München klamm und die in der Hauptstadtregion des RBB inzwischen besser gefüllt sind. Für den stolzen Freistaat-Sender sicherlich kein einfacher Moment. Aber einfach waren auch die zurückliegenden zwei Jahre, in denen MDR-Intendantin Karola Wille den Vorsitz über die neun ARD-Regionalsender innehatte, nicht. Für Ulrich Wilhelm wird es eher noch komplizierter, die unvollendete Diskussion über den Auftrag und die Struktur, ja über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiterzuführen.
Für Karola Wille begann die Übernahme des ARD-Vorsitzes ebenfalls mit einer komplizierten Ausgangslage. Nach den Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 auf der Kölner Domplatte sahen sich die Medien insgesamt, aber besonders der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Kritik, die aus der Flüchtlingswelle resultierenden Probleme zu beschönigen. Fortan galt es, verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen, die Fake-News-Debatte setzte den Sendern ebenfalls zu, genauso wie der Staatsfunk-Vorwurf. Kritik kam nicht nur aus den Reihen von Populisten. Trotz einiger Zugeständnisse ist der Streit mit den Zeitungsverlegern – Stichwort Nordkorea-Vergleich von Mathias Döpfner – noch immer nicht beigelegt.
Karola Wille warb um Vertrauen, setzte auf öffentlich-rechtliche Verlässlichkeit und startete eine Transparenz- Offensive. Die Vorschläge für die von der Politik aufgestellte Forderung nach einem Zukunftskonzept für ARD, ZDF und Deutschlandradio wurden allerdings als zu leicht empfunden. Hier muss Ulrich Wilhelm nachliefern.
Ein stärkeres Gewicht wird zudem die inhaltliche Diskussion, die in den zurückliegenden zwei Jahren zu kurz gekommen war, mit dem Wechsel zu Wilhelm bekommen – im Politikbereich möglicherweise zu Lasten der Talkshows von Anne Will, Frank Plasberg und Sandra Maischberger. „Die Talkshows sind mir zu dominant geworden“, sagte Wilhelm der Deutschen Presse-Agentur. Dadurch würde vernachlässigt, was mit anderen Formaten wie Dokumentationen und Themenabenden möglich wäre.
Wie die Politik nach der Bundestagswahl will auch der ehemalige Regierungssprecher von Angela Merkel zeigen, dass die ARD den Wunsch der Bürger nach Berücksichtigung ihrer Lebenswelten verstanden hat. „Die Probleme vieler Menschen finden in den unmittelbaren Tageserlebnissen von Journalisten nicht in dem Maße statt, wie es für die Bevölkerung repräsentativ wäre“, stellte der BR-Intendant und neue ARD-Vorsitzende fest und will nun dafür sorgen, dass die ARD nicht nur bestimmte Milieus abdeckt.
Vor allem aber droht Wilhelm mit kräftigen Einschnitten ins Programm, sollte es bei der Anpassung der Rundfunkabgabe nicht mindestens einen Inflationsausgleich geben. „Es würden kurzfristig drei Milliarden Euro fehlen, die wir im Wesentlichen im Programm einsparen müssten“, sagte er. Bei Technik und Verwaltung weiterhin zu sparen, sei kaum noch möglich, „denn das tun wir seit Jahren“.
Der Vorsitz von Karola Wille hat gezeigt, dass die ARD-Sender neben bekannten Herausforderungen mit neuen Entwicklungen konfrontiert wurden. Darauf muss sich auch Ulrich Wilhelm einstellen. Der zunehmende Wettbewerb durch die vor allem aus den USA stammenden Streamingdienste wird zunehmen, noch mehr Kooperationen mit dem ZDF, aber auch mit Partnern aus dem privaten Lager erscheinen unausweichlich. Doch nicht nur die Sender müssen sich bewegen, auch die Politik wird reagieren müssen, beispielsweise mit einer Anpassung des Kartellrechts.
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