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17 gemeinsame Jahre mit einer Lüge. Tomas (Fritz Karl) und Nike Frese (Christiane Paul) sind verzweifelt, Sohn Milan ist verschwunden.
© ZDF und Erika Hauri

ZDF-Drama über Kuckuckskinder mit Christiane Paul: Väter und Söhne

Wenn der Papa nicht mehr mitmacht: Ein ZDF-Drama wirft einen ungewöhnlich archaischen Blick auf das Thema Kuckuckskinder.

Warum Zusammenbleiben, wenn der Kern faul ist? Wieso weiter um eine Beziehung kämpfen, der eine einmalige, wenn auch schwerwiegende Kränkung vor 17 Jahren zugrunde liegt? Kann und will ich ein guter Vater sein, wenn das Kind, wie sich später herausstellt, gar nicht von mir stammt? Und wie gehe ich dann mit der Frau, der Mutter um, die ich doch bis dahin geliebt habe? Das Thema Kuckuckskinder hat schon manche Autorenfantasie angeregt. Die Antworten, die das Buch von Britta Stöckle im ZDF-Drama „Nie mehr wie es war“ bietet, dürfte für heftige Diskussionen sorgen.

17 erfüllte Ehejahre, eine schöne, kluge Frau (Christiane Paul), ein musisch-kreativer Sohn (Matti Schmidt-Schaller) – der Münchner Szenebar-Besitzer Tomas Frese (Fritz Karl) scheint ein glücklicher Mann zu sein. Eines Tages findet er ein altes Ultraschallbild seiner damals schwangeren Frau, mit einem seltsamen, unpassenden Datum.

Der heimliche Vaterschaftstest verschafft Frese Gewissheit: Sein geliebter Milan ist nicht sein leiblicher Sohn. Seine Frau Nike gesteht ihm, dass sie damals ein Liebesverhältnis mit ihrem Professor hatte, der von einem Kind nichts wissen wollte. Das Gefühl, dass sein ganzes Familienglück auf einen anfänglichen Verrat beruht, lässt Frese ins Bodenlose fallen. Er verstößt – was vielleicht noch nachvollziehbar ist – seine Frau, das fast archaisch-brutale Verhalten seinem Sohn gegenüber geht an die Grenze dessen, was erträglich ist. Es droht der Familie ein Scherbenhaufen.

„Frauen finden die Reaktion meiner Figur völlig überzogen"

Ist es das wert? „Ich habe selten einen Film erlebt, der so gegensätzliche Reaktionen bei Frauen und Männern hervorruft“, sagt Fritz Karl zu dieser Arbeit. „Die Frauen finden die Reaktion meiner Figur völlig überzogen und unangemessen; die Männer sagen ,recht so‘. Er müsse mit dieser Härte und Konsequenz auf den Verrat seiner Frau reagieren.“

Wenn Fritz Karl sich in seinem Umfeld umschaut oder von Scheidungen hört, bekomme er häufig mit, dass es eher die Frauen sind, die gnadenlos reagieren, wenn sie sich verletzt fühlen, weil ihr Mann fremdgegangen ist. Sie seien es meistens, die ihre Männer regelrecht „ausziehen“, wenn ihnen so etwas oder Ähnliches widerfahren ist. Dieser ZDF-Film, ergreifend-routiniert in Szene gesetzt von Johannes Fabrick („Zweimal lebenslänglich“), dreht den Spieß um. Stellt Väter die Gewissensfragen.

Das bürgerliche Einfamilienhaus – plötzlich ein Gefängnis. Frese ist in seinem Stolz getroffen. Er hat das Gefühl, sein gesamtes Leben ist auf einer Lüge aufgebaut. Er zieht zu einem Freund, einem leitenden Mediziner in einem Münchner Krankenhaus, reicht die Scheidung ein und schlägt auch die Warnungen seiner Anwältin in den Wind, dass der heimliche Vaterschaftstest niemals vor Gericht anerkannt werde.

Vor allem aber: Tomas verstößt seinen Sohn und meidet vollends den Kontakt. Der Teenager, der die Schule seit Wochen schwänzt und mit seiner Band probt, verliert mit dem Vater eine wichtige Orientierungs- und Bezugsperson. „Was zählt mehr – eine gute, liebevolle Beziehung oder das eigene Ego, das eigen Fleisch und Blut? Das ist der Konflikt, der Tomas förmlich zerreißt,“ sagt Regisseur Fabrick. „Für mich ist das ein äußerst wichtiges Thema, weil es im Kern die Frage stellt, ob der Mensch seine egozentrische Sippenhaftung überwinden kann, was die einzige Chance für ein friedliches Zusammenleben auf Erden ist.“

Ein guter, sehr sehenswerter Film, nicht nur für Väter und Söhne. Bis vor Kurzem galt der Satz, jedes zehnte Kind sei ein Kuckuckskind, stamme nicht von dem Mann, den es für seinen Vater hält. Neuere Studien besagen, dass der Anteil „nur“ bei etwa zwei Prozent liege. Wie auch immer, das Thema Kuckuckskinder berührt ein Tabu, vor dem die Gesellschaft gerne die Augen verschließt.

Und so hat man das noch nicht gesehen: Freses Konflikt zwischen verletztem Vaterstolz und menschlicher Verbundenheit. Trotz eines etwas übersteigerten Finales – der Film, das Buch, das famose Spiel von Christiane Paul, Fritz Karl und Matti Schmidt-Schaller dürfte manchen Familien die Augen öffnen über das, was wirklich wichtig ist in einer Beziehung.

„Nie mehr wie es war“, Montag, ZDF, 20 Uhr 15

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