Jubiläum bei "Inspector Barnaby": Teatime mit Leiche
Auch die Queen sieht zu: Die 100. Folge verschlägt „Inspector Barnaby“ erstmals außer Landes, nach Kopenhagen. Dabei steht daheim in Midsomer fast etwas Wichtigeres an.
Nirgendwo ist es gefährlicher als in Midsomer. Hier, mit saftig grünen Wiesen, weiten Tälern und plätschernden Bächen, ab und an von kleinen beschaulichen Ortschaften durchbrochen, in denen hübsche alte Miss Marple-Häuschen im postviktorianischen Stil umherstehen, hier hat das Böse sein Zuhause.
Seit „Inspector Barnaby“ am 23. März 1997 im englischen Fernsehsender ITV auf Sendung ging, sind in den vergangenen 19 Jahren etwa 300 Menschen zu Tode gekommen. Selbst Queen Elizabeth, begeisterte „Inspector Barnaby“-Zuschauerin, soll humorig angemerkt haben, ob es bei einem solch bemerkenswert hohen Aufkommen an dezimierten Bewohnern in der Grafschaft dort nicht irgendwann zu einem Bevölkerungsschwund komme.
In Midsomer das Zeitliche zu segnen, das hat seinen ganz besonderen brutal-blutrünstigen Reiz: Wahlweise trifft es die armen, stets hübsch drapierten Opfer, indem sie mit Pfeil und Bogen ins Jenseits befördert werden, in einer Zwergen-Modell-Stadt auf dem Fußboden festgezurrt und vorher malträtiert werden, oder auch, indem ihnen das cineastische Nachahmen alter britischer Grusel- und Horrorfilme zum Verhängnis wird.
In Deutschland ging „Inspector Barnaby“ am 26. Juni 2005 auf Sendung, auch wenn es hierzulande nicht die in England üblichen sechs Millionen Zuschauer sind, so gehört die Reihe längst auch zu des Deutschen liebstem Fernsehzeitvertreib. Dem paradiesischen Morden im von der Moderne unberührten Good Old England beizuwohnen, das verspricht einen wohlig warmen Schauer. Bei Butter Biscuits und Darjeeling Tee ließ es sich gut zusehen, wie der englische Schauspieler John Nettles den Detective Chief Inspector aus der fiktiven Ortschaft Causton gab.
Nettles vermochte es, Understatement, Selbstironie und Humor in die Figur des etwas spröden Tom Barnaby einzubringen, für den die Auflösung des Falles immer das Wichtigste darstellte, sehr zum Leidwesen von Tochter Cully (Laura Howard) und Ehefrau Joyce (Jane Wymark). Die beiden Frauen trugen’s mit Fassung. Ebenso die drei Assistenten. Der dritte, Detective Sergeant Ben Jones (Jason Hughes), war mit Abstand der beste. Es mag „Barnaby“-Fans geben, die nicht zuletzt wegen der sympathischen Figur des Ben Jones einschalteten.
Inzwischen ist Staffel neunzehn in Produktion
Dann kam der Bruch. John Nettles wollte nach dreizehn Staffeln nicht länger Tom Barnaby sein. Nettles hört 2011 auf. Tom Barnaby und Familie folgt sein jüngerer Cousin John Barnaby, schneidig-charmant dargestellt von Neil Dudgeon.
Der Cousin zieht von Brighton nach Causton, mit attraktiver Ehefrau Sarah Barnaby (Fiona Dolman) und dem kecken Terrier Sykes. John Barnaby nimmt umgehend die Ermittlungen in Midsomer auf, und eine der weltweit erfolgreichsten britischen Fernsehreihen wird mit Staffel vierzehn fortgesetzt. Inzwischen ist Staffel neunzehn in Produktion.
Nun hat „Inspector Barnaby“ die 100. Folge erreicht. Es ist das erste Mal, dass Barnaby sich außer Landes begibt. Kopenhagen ist sein Ziel, begleitet wird er vom neuen Assistenten Charlie Nelson (Gwilym Lee). In die dänische Metropole verschlägt es das Duo, da dort im noblen Palace Hotel der aus Midsomer stammende Keksfabrikant Eric Calder tot zusammenbricht. Barnaby und Nelson zur Seite steht ein patentes dänisches Damen-Duo.
Inspector Barnaby mag nicht so recht nach Kopenhagen passen, und es ist gut, dass er bald schon ins heimische Midsomer zurückkehrt, gerade noch rechtzeitig, um Ehefrau Sarah bei der Geburt des gemeinsamen Töchterchens Betty beizustehen. Wer weiß, wenn Neil Dudgeon eines Tages nicht mehr will, vielleicht übernimmt dann ja Betty Barnaby die Aufklärung der herrlich schrulligen „Midsomer Murders“?
„Barnaby muss reisen“, ZDF, Sonntag, 22 Uhr