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Gibt’s nur bei Joyn: Die dritte Staffel der Serie „Jerks“ mit Christian Ulmen (re.) und Fahri Yardim.
© Promo

Neuer Streamingdienst "Joyn": Supermarkt für Serien

Ulmen, Heufer-Umlauf, Bauerfeind: Pro7 bringt mit Joyn einen weiteren Streaminganbieter auf den Markt.

Netflix! Amazon Prime! Joyn! Zugegeben, der dritte Name klingt noch ein bisschen gewöhnungsbedürftig, doch wenn es nach den Machern des neuen Streamingdienstes geht, der am Dienstag startet, steht Deutschland das ganz große Streamingding bevor. Auf der Hauptversammlung von ProSiebensat1 vor ein paar Tagen kündigte Unternehmenschef Max Conze Joyn als Teil des Konzernumbaus an. Die kostenlose Streaming-Plattform Joyn startet mit 54 Sendern, dabei auch ARD und ZDF in HD-Qualität (die privaten Sender werden in SD ausgestrahlt). Zuschauer könnten „deutsches TV gebündelt in einer App schauen“, sagte Conze. In zwei Jahren wolle ProSiebenSat1 damit zehn Millionen Zuschauer erreichen.

ProSiebenSat1 leidet wie andere Fernsehsender unter dem Rückgang der Werbeerlöse. Statt fernzusehen, surfen viele Zuschauer lieber im Internet oder wandern zu Netflix & Co. ab. Rund 23 Millionen Deutsche nutzen dem Marktforscher GfK zufolge kostenpflichtige Streamingdienste. Streaming boomt in allen Altersgruppen. Bei den unter 35-jährigen Deutschen ist jeder zweite Netflix-Kunde, bei den über 35-Jährigen jeder fünfte. Ein Viertel aller Deutschen nutzt Amazon Prime Video, jeder dritte 50- bis 64-Jährige mindestens einen Streamingdienst regelmäßig. Da liegt ein Anbau für einen klassischen Fernsehsender nahe.

Allerdings werden Nutzer, die alles auf Joyn sehen wollen, zum Winter hin einen kostenpflichtigem Premium-Zugang benötigen, in den bisherige Maxdome-Inhalte sowie der Eurosport-Player integriert sein sollen, sagte Joyn-Geschäftsführern Katja Hofem bei einem Preview des neuen Streamingdienstes. Einen Preis dafür nannte sie nicht.

Das flüssige Suchen und Streamen auf der Joyn-Smartphone-App (iOS, Android) scheint, dem ersten Eindruck nach, kein Problem zu sein. Technik ist das eine, den Inhalten nach soll Joyn mehr sein als ein weiterer Streamingdienst, eine frische Verpackung für die in die Jahre gekommenen Mediatheken Maxdome und 7TV. Es gehe um „das größte kostenlose Free-TV-Angebot in Deutschland“, um „Unterhaltung, die begeistert, jederzeit und überall“, so Conze vollmundig.

Gut 60, 70 Euro TV-Kosten im Monat

Was gibt es zu sehen? Joyn soll – als Joint Venture mit dem US-Konzern Discovery – das Beste aus mehreren Welten bündeln: die Filme, Shows und Serien des Pro7-Konzerns mit Pro7, Dmax, Sport1, Welt, Kabel1 und Sat1 Außerdem sind ARD und ZDF, Arte und Bloomberg mit im Boot. Die RTL-Kanäle fehlen.

Wirklich interessant wird es natürlich mit Eigenproduktionen: die dritte Staffel „Jerks“ mit Christian Ulmen und Fahri Yardim, die Serien „Singles’ Diaries“ sowie „Check Check“ mit Klaas Heufer-Umlauf oder „Frau Jordan“ mit Katrin Bauerfeind. Hinzu kommen Themenkanäle wie „Motor Trend“ und „Food Network“, auch internationale Formate. Ein zentraler Supermarkt für Serien? Statt an Netflix und Amazon erinnert Joyn eher an ein anderes US-Vorbild. Networks wie NBC, Fox und ABC hatten 2008 gemeinsam Hulu an den Start gebracht.

Die Frage aller Fragen ist ja: Für wie viele Zusatzangebote ist der Kunde bereit zu zahlen? Drei? Fünf? Sechs? Was braucht es neben Netflix, Amazon oder Sky? Wer sich derzeit neben dem Rundfunkbeitrag (17,50 Euro) noch Netflix (HD ab 11,99), Amazon (5,75), Kabelfernsehen (rund 20 Euro), den Sportdienst Dazn (9,99) und zum Beispiel Sky Ticket (9,99) leistet, kommt auf gut 60, 70 Euro TV-Kosten im Monat.

Der Streamingmarkt wird immer unübersichtlicher. Damit schwinden die Chancen, sich gemeinsam über eine Serie auszutauschen. Die Frage ist nicht, ob du „Big Little Lies“ oder „Frau Jordan“ gut findest. Die Frage ist, ob du dir Sky oder Joyn leisten kannst.

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